APA - Austria Presse Agentur

Preise steigen stark - SPÖ: Niemand darf frieren

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat heute zu einem "Teuerungsgipfel" geladen, um Maßnahmen zur Entlastung für Arbeitnehmer, Pensionisten, Studierende und Familien zu erörtern. Die Inflation sei so hoch wie seit 10 Jahren nicht mehr, die Menschen kämen besonders durch die hohen Energiepreise unter Druck. "Niemand darf in Österreich frieren", wandte sich die Oppositionspolitikerin gegen die "soziale Kälte". Nächste Woche will die SPÖ ein Maßnahmenpaket vorlegen.

Die Corona-Pandemie bringe psychische, gesundheitliche und wirtschaftliche Belastungen, die soziale Kälte habe schon unter Türkis-Blau zugenommen und sei auch jetzt unter Türkis-Grün nicht abgeschafft worden, kritisierte die SPÖ-Vorsitzende. Es werde für viele durch die steigenden Energiepreise noch kälter werden. Die soziale Schere werde immer breiter und habe sich durch die Pandemie noch vergrößert - immer noch seien rund 70.000 in Kurzarbeit mit weniger Lohn und viele seien arbeitslos. Aus den gesammelten Vorschlägen werde sie ein Maßnahmenpaket schnüren, das sie nächste Woche in der Budgetdebatte im Parlament einbringen werde. Gerade die aktuellen Corona-Entwicklungen, für die die Bundesregierung mitverantwortlich sei, würden wieder wirtschaftliche Probleme bringen. Daher müsse man rasch gegensteuern und dürfe nicht wegschauen. Angesprochen auf die Finanzierung einer Teuerungsbremse sagte Rendi-Wagner, der Finanzminister verdiene ja an der Inflation. Auch für die geplante Körperschaftssteuersenkung für die fünf Prozent größten Konzerne des Landes habe sie kein Verständnis.

Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl warnte vor einer "Armutskrise", die durch steigende Preise sowie Arbeitslosigkeit und lange Kurzarbeit drohe. Tausende Haushalte könnten es sich nicht mehr leisten, ihre Wohnungen ausreichend warm zu halten. Energiearmut sei auch mit Einkommensarmut verbunden, Frauen daher überproportional betroffen. Die öffentliche Hand als Eigentümer der wichtigsten Energieversorger sollte ihre Verantwortung wahrnehmen und Vorkehrungen zur leistbaren Energieversorgung der Haushalte treffen. "Wir brauchen einen Energie- und Klimahilfsfonds, der die Leute unterstützt und kurzfristig beim Bezahlen von Energierechnungen hilft." Ombudsstellen für soziale Härtefälle sollten nach dem Modell der Wien Energie eingerichtet werden. "Wir leben in einem der reichsten Länder der EU, es kann nicht sein dass Menschen frieren und sie kein warmes Essen kochen können", appellierte Anderl.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian sprach seinen Unmut über jene Kommentare aus, die angesichts der jüngsten guten Lohnabschlüsse der Sozialpartner vor einem Ingang-Setzen einer Lohn-Preis-Spirale warnten. Diese Personen würden ihre Stimme nicht erheben, wenn etwa die Wohnkosten um 10 Prozent ansteigen, sondern nur bei Lohnerhöhungen eine Inflationsgefahr sehen, empörte er sich: "Das geht mir ein bissl auf den Hammer". Im Hinblick auf die hohen Energiepreise und den bevorstehenden Winter fordert der oberste Gewerkschafter ein "Winterpaket" mit 120 Millionen Euro für Heizkostenzuschüsse für die ärmsten 10 Prozent der Haushalte. Das Geld sollte aus dem Bundesbudget kommen, die Hilfen über die Bundesländer abgewickelt werden. Weiters sollte gemäß einem Vorschlag der EU-Kommission die Umsatzsteuer für Gas und Strom für Haushalte temporär gesenkt werden. Für die Energieanbieter sollte ein Abschaltestopp gelten, ausstehende Zahlungen mit den Heizkostenzuschüssen und in Raten leistbar sein.

Pensionistenverbands-Präsident Peter Kostelka verwies auf den "inakzeptablen" Zustand, dass die Teuerung im Pensionsrecht erst viel später abgegolten werde. Für die Pensionserhöhung mit 1. Jänner 2022 werde die Inflation vom August 2020 bis zum Juli 2021 herangezogen, also 1,8 Prozent. In der Zwischenzeit sei der Verlust der Kaufkraft aber nahezu explodiert. "Das bedeutet, dass ein Pensionist am 1. Jänner 2022 1,8 Prozent dazu bekommt, obwohl die Inflationsrate zu diesem Zeitpunkt das Doppelte oder noch mehr betragen wird." Sogar bei den niedrigsten Pensionen, die um 3 Prozent erhöht werden, werde nicht einmal die Inflationsrate von zuletzt 3,6 Prozent abgegolten. Dazu kämen die hohen Preissteigerungen für Heizöl (34 Prozent), Gas und Strom. "In Pensionistenhaushalten wird es ziemlich kalt werden in diesem Winter", warnte Kostelka. Daher fordere man einen Heizkostenzuschlag und einen "Teuerungshunderter" für Pensionistinnen und Pensionisten.

Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger betonte, dass die Teuerungswelle nicht alle gleich treffe, sondern die Ärmeren stärker: 1,5 Millionen Menschen in Österreich mit geringen Einkommen müssten für den Mini-Warenkorb um 6,8 Prozent mehr bezahlen. Darin seien keine Luxusausgaben, sondern die Ausgaben zur Deckung der primären Bedürfnisse enthalten. Jedes fünfte Kind in Österreich sei armutsbetroffen, in den Städten jedes dritte Kind. Die Kürzung der Mindestsicherung wirke sich angesichts der Teuerungswelle noch stärker aus. Die Regierung habe klare Corona-Regelungen nach den Vorschlägen aus der Wissenschaft verabsäumt, rügte er, nun gebe es eine neue Krise. Er forderte eine Wohnungs- und Energiesicherung und eine "Mindestsicherung, die den Namen verdient". Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, sollte man 300 Euro für den Winter dazu geben.

Für die Studierenden appellierte VSStÖ-Vorsitzende Dora Jandl, dass die Beihilfen zu niedrig seien angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten. Der größte Ausgabeposten, die Wohnkosten, seien von 2009 bis 2019 um ein Drittel gestiegen, in Wohnheimen sogar um 50 Prozent. Diese Zahlen seien schon zwei Jahre alt, weil die Regierung aktuelle Erhebungen verabsäumt habe. "Die Hochschulpolitik beschränkt sich eher auf Imagekampagnen für die Universitäten und vergisst, die Studierenden zu unterstützen", kritisierte sie. Im Zuge der Corona-Pandemie hätten viele Studierende ihre Jobs in Gastronomie oder der Veranstaltungsbranche verloren, aber keine Entschädigungen erhalten. Auch die Studiengebühren seien nicht erlassen worden. Dafür würden durch die geforderte Mindeststudienleistung gerade jene betroffen, die neben ihrem Studium arbeiten müssten. Jandl forderte höhere und längere Studienbeihilfen, damit der Studienabschluss möglich sei.