APA - Austria Presse Agentur

Prozess um Einbruch bei Ex-Verkehrsminister Rudolf Streicher

Ein 66 Jahre alter Berufskrimineller, der mehr als ein Dutzend einschlägiger Vorstrafen in Österreich, Deutschland und in seiner polnischen Heimat aufweist, ist am Donnerstag am Wiener Landesgericht wegen einer Fülle von Einbruchsdiebstählen in der Bundeshauptstadt und in Niederösterreich zur Verantwortung gezogen worden. Bis zu seiner Festnahme Ende April 2022 soll der Mann, der im Regelfall mit einem Brecheisen Wohnungstüren aufbrach, insgesamt 220.000 Euro erbeutet haben.

Zu den Betroffenen zählte der ehemalige Wirtschafts- und Verkehrsminister Rudolf Streicher. Als dieser sich am 4. Juni 2021 von seinem Sommerhäuschen an der Alten Donau kurz in seine Wohnung in der Stadt begab, um nach dem Rechten zu sehen, war die Türe aus den Angeln gehoben. "Und dann habe ich schon das Chaos gesehen", schilderte der mittlerweile 84-Jährige einem Schöffensenat. Bargeld, Schmuck und Uhren kamen dem Ex-Politiker abhanden. "Schreiben'S bitte nicht, wie viel weggekommen ist, sonst haben die Leut' nur einen Neid", ersuchte Streicher den anwesenden Medienvertreter. Auf die Frage des vorsitzenden Richters, ob er sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter anschließen wolle, meinte der frühere SPÖ-Politiker und Manager: "Das möchte ich nicht tun. Das bringt nix." Ein guter Teil des Schadens sei versicherungsrechtlich gedeckt.

Der Angeklagte gab unumwunden zu, ausschließlich zwecks Begehung von Einbruchsdiebstählen nach Österreich gekommen zu sein. Früher sei er Arzt und Psychiater gewesen und habe unter anderem in der Schweiz gearbeitet. Ein Berufsverbot - die Gründe dafür blieben in der Verhandlung im Dunklen - habe ihn zunächst dazu gebracht, in Polen als Paketzusteller zu arbeiten: "Aber das Paketschleppen war für mich zu schwer." Deshalb sei er auf die schiefe Bahn geraten, betonte der 66-Jährige.

Bei den meisten inkriminierten Einbrüchen befand sich im Tatzeitpunkt niemand in der Wohnung - der Profi dürfte die Örtlichkeiten im Vorfeld ausgekundschaftet haben. War dem aber nicht so, setzte der 66-Jährige gegen die Opfer Pfefferspray ein. Drei derartige Fälle erwähnte der Staatsanwalt, wobei der Angeklagte bei einem Einbruch in Krems nicht einmal davor zurückschreckte, ein vierjähriges Kind mit Reizgas zu besprühen, als er von dem Kind und der Mutter erwischt wurde.

Geständig war der 66-Jährige zu den Fakten, die ihm eindeutig nachgewiesen werden konnten, weil es Bilder aus Überwachungskameras oder ihm zuordenbare DNA-Spuren an den Tatorten gab. Als der Richter mit ihm die einzelnen Anklagepunkte durchgehen wollte, gab der Angeklagte zu bedenken: "Ich kann das alles überhaupt nicht einordnen. Man erinnert sich nicht an die Namen, an die Adressen." Explizit in Abrede stellte er den Einbruch bei Ex-Minister Streicher. Er habe sich damals in Polen aufgehalten, was sein Rechtsvertreter zu untermauern trachtete, indem er Unterlagen vorlegte, aus denen sich ergeben sollte, dass sein Mandant damals infolge einer Haftentlassung einer Meldeverpflichtung gegenüber den polnischen Behörden unterlag.

Allerdings wird der 66-Jährige im Faktum Streicher insofern belastet, als nach seiner Festnahme bei ihm Beutestücke gefunden wurden, die für eine Täterschaft sprechen. Neben einer Armbanduhr, die Streicher für seine 50-jährige Mitgliedschaft beim ÖGB verliehen bekommen hatte, war darunter eine markante Kognak-Flasche. Es handelte sich dabei um ein Geschenk von Bekannten bzw. Freunden Streichers mit einem speziellen, eigens für den Beschenkten angefertigten Etikett.

Die Verhandlung wurde zur Einvernahme weiterer Zeugen vertagt. Nächster Verhandlungstermin ist Mitte März.