Raab nutzt "Leitkultur"-Studie für Wahlkampftöne
Neben dem künftig längeren Wertekurs sind auch Deutschkurse und die Unterzeichnung einer "Integrationserklärung" Pflicht, wer diese Anforderungen nicht erfülle, soll ebenfalls mit weniger Sozialhilfe auskommen müssen, so Raab. "Ich erwarte mir von den Bundesländern, dass sie das Integrationsgesetz hier umsetzen", betonte die Ministerin. Den für die Auszahlung verantwortlichen Bundesländern werde das Ministerium "jeden Verstoß melden". Der Ausbau der Wertekurse werde im Rahmen der bestehenden Ressourcen machbar sein, sagte Raab auf Nachfrage.
Geht es nach der Ministerin, sollte am Ende dieser Wertekurse eine Prüfung stehen. Verschärfungen hätte Raab auch gerne im Staatsbürgerschaftsrecht, da nutzte sie die Forderung nach einem verpflichtenden Staatsbürgerschaftskurs für Wahlkampftöne: "Verschärfungen sehe ich mit dem aktuellen Koalitionspartner nicht". Auch einen bereits von der ÖVP bekannten Slogan in der Migrationsdebatte nutzte Raab mehrmals: "Integration durch Anpassung".
Überarbeitet und neu aufgelegt wurde das Regelwerk "Zusammen Leben in Österreich", das "weit über die Integration hinaus" Regeln im gemeinsamen Umgang heruntergebrochen erkläre. Der Fokus liege einerseits auf der Gleichberechtigung der Geschlechter, andererseits auf dem Kampf gegen Antisemitismus, der "vermehrt bei jungen Flüchtlingen" vorkomme, so Raab. Neben den Wertekursen nach Erhalt eines positiven Asylbescheids seien auch die Grundkurse in Asylzentren sowie die Anfang des Jahres präsentierte "Werteklausel" bei Vereinsförderungen wichtige Maßnahmen.
Die Definition einer österreichischen "Leitkultur" hat sich die Volkspartei in ihrem "Österreichplan" zum Ziel gesetzt. Erste Zwischenergebnisse der Ende März angekündigten Studie präsentierte OGM-Prokurist Johannes Klotz: Durch qualitative Interviews, etwa mit der Polizei oder der Jugendarbeit, sei man zu der Erkenntnis gekommen, dass je nach Herkunft der Asylwerber - einerseits das Herkunftsland, aber auch Stadt oder Land - ein Unterschied bestehe. Kein großer Unterschied in der "Wertehaltung" bestehe hingegen zwischen Zuwanderern erster und zweiter Generation "weil eben die Familie der stärkste Wertevermittler ist". Im außerfamiliären Bereich spiele vor allem der Arbeitsmarkt eine wesentliche Rolle: 48 Prozent aller Klein- und mittleren Unternehmen im urbanen Raum würden bereits von Personen mit Migrationshintergrund geleitet.
Schwierigkeiten sahen sowohl Klotz als auch Raab bei der Religion, konkret dem Islam. So hätten etwa Polizistinnen berichtet, dass bei einem Einsatz in einer Moschee nicht mit ihnen gesprochen, sondern auf männliche Kollegen gewartet wurde. Auch würden Mädchen aus religiösen Gründen häufig nicht am Schwimmunterricht teilnehmen. "Religionsfreiheit ist natürlich ein Grundrecht, aber das ist nicht grenzenlos", so Klotz.
Unterschiede seien auch in der Mediennutzung bemerkbar, etwa würde die migrantische Community häufig Fernsehsender aus dem Heimatland konsumieren und sich stärker über Social Media informieren. "Dadurch fehlt eine gemeinsame Öffentlichkeit". Die gesamte Studie soll Anfang 2025 präsentiert werden.
Bei dem "Leitkultur"-Prozess gehe es um die "Achtung vor staatlichen Normen und Organen", betonte auch der Leiter des österreichischen Instituts für Familienforschung Wolfgang Mazal. Beispielsweise beinhalte diese eine "Absage an das Dominanzverhalten von Sittenwächtern", aber natürlich auch "die Akzeptanz von Brauchtümern wie dem Martinsfest". Letztlich sei es "ein Reflexionsprozess, an dem wir uns alle beteiligen müssen".
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