APA - Austria Presse Agentur

Räumung von Migrantencamp in Paris: Kritik an Polizei

Das aggressive Vorgehen der Pariser Polizei bei der Räumung eines Migrantencamps hat in Frankreich für Empörung gesorgt.

Innenminister Gérald Darmanin sprach von "schockierenden" Bildern und schaltete am Dienstag die Polizei-Aufsichtsbehörde ein, die als mächtige "Polizei der Polizei" gilt. Auf zahlreichen Fotos und Videos war zu sehen, wie die Beamten mit Tränengas gegen Migranten und Demonstrierende vorgingen. Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die Migrationspolitik Frankreichs und ein neues Gesetz, dass die Veröffentlichung von Bildern von Polizeieinsätzen einschränken soll. Mit der Unterstützung von Hilfsorganisationen hatten einige hundert Migranten am Montagabend Zelte auf dem Platz de la République im Pariser Osten aufgebaut. Die Aktion war ein Protest gegen die Räumung eines riesigen Lagers mit mehreren Tausend Bewohnern vergangene Woche. Hilfsorganisationen werfen den Behörden vor, den Migranten damals nicht genug Unterbringungsplätze zur Verfügung gestellt zu haben - viele seien nach der Räumung obdachlos geworden.

Videos von der aktuellen Räumung und der Demonstration im Anschluss zeigen nun, dass die Polizei teils sehr aggressiv gegen die Migranten und Demonstrierenden vorgegangen ist. Eine Aufnahme zeigt, wie ein Migrant einfach aus seinem Zelt gekippt wird, auf anderen Videos ist der Einsatz von Schlagstöcken zu sehen. Ein Journalist des Online-Mediums "Brut" wirft einem Beamten vor, ihn drei Mal angegriffen zu haben. "Wir werden die Polizeipräfektur und das Innenministerium um Erklärungen bitten", erklärte "Brut".

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Der Linkspolitiker Éric Coquerel, der selbst vor Ort war, bezeichnete das Verhalten der Polizei als "unverhältnismäßig". Er sei von der Polizei herumgeschubst worden, sagte er dem Sender Franceinfo. Es sind nun vor allem Videos im Netz, die das Vorgehen der Polizei dokumentieren. Gleichzeitig wird im Parlament über das sogenannte globale Sicherheitsgesetz debattiert, das der Regierung zufolge die Polizei besser schützen soll.

Ein umstrittener Paragraf sieht vor, dass die Veröffentlichung von Bildern von Sicherheitsbeamten im Einsatz bestraft werden kann, wenn sie das Ziel verfolgt, die körperliche oder seelische Unversehrtheit der Polizistinnen oder Polizisten zu verletzen. Medienschaffende sehen darin einen Angriff auf die Pressefreiheit und fürchten Repressionen bei Demonstrationen.

"Für mich liegt auf der Hand, dass, wenn sich die Polizei auf den Straßen von Paris so etwas erlaubt, es offensichtlich mit dem globalen Sicherheitsgesetz zusammenhängt", sagt Linkspolitiker Coquerel. Die Konservative Rachida Dati, die erfolglos für das Pariser Bürgermeisteramt kandidiert hatte, verteidigte die Polizei und sieht die Fehler im Umgang mit Migranten bei der Stadt. "Paris ist zur Saugpumpe für alle Migranten in einer irregulären Situation geworden", sagte sie im französischen Fernsehen.

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Immer wieder kommt es in und um Paris zu Räumungen solcher Migrantencamps, kurze Zeit später entstehen dann an anderer Stelle wieder neue Zeltstädte - meist nordöstlich von Paris. Das Problem sind auch fehlende dauerhafte Unterkünfte und Erstaufnahmeeinrichtungen für die Menschen. Hilfsorganisationen sehen darin eine Abschreckungsstrategie der Regierung. In den Camps leben die Migranten unter menschenunwürdigen Bedingungen - es gibt keine Sanitäranlagen und so gut wie kein fließend Wasser.

Unter den Migranten sind - wie auch bei den aktuellen Räumungen - häufig zahlreiche Afghanen. In Frankreich ist die Anerkennungsquote für sie höher als in anderen europäischen Ländern wie Deutschland. Einige von ihnen, deren Asylantrag in einem anderen Land bereits abgelehnt wurde, tauchen in Frankreich erst einmal unter - unter anderem in den Zeltcamps. Sie versuchen, in Frankreich einen neuen Antrag zu stellen, wenn eine gewisse Frist abgelaufen ist und das Land, in dem der Erstantrag gestellt wurde, nicht mehr zuständig ist.