APA - Austria Presse Agentur

Regelung zu Uni-Kettenverträgen potenziell rechtswidrig

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hält die unterschiedlichen Regelungen für Voll- und Teilzeitkräfte bei Kettenarbeitsverträgen an Österreichs Universitäten für potenziell EU-rechtswidrig. Nun muss geprüft werden, ob diese objektiv gerechtfertigt ist, urteilten die EU-Richter am Donnerstag. Eine grundsätzliche Entscheidung über die Zulässigkeit von Kettenverträgen an Unis traf er aber nicht.

Anlass der EuGH-Entscheidung ist die Klage einer zwölf Jahre lang immer wieder befristet an der Medizinuniversität Wien beschäftigten Forscherin. In ihrer von der Arbeiterkammer unterstützten Klage sah diese eine Ungleichbehandlung von Frauen und Männern, weil an den Unis bei der Vergabe von befristeten Dienstverträgen im Rahmen von Forschungs- und Drittmittelprojekten unterschiedliche Zeitgrenzen für Teil- und Vollzeitkräfte gelten.

Grundsätzlich ist die mehrmalige Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverträgen nicht zulässig. Im Universitätsgesetz (UG) sind aber Ausnahmen vorgesehen, neben Projektmitarbeitern gilt das auch für ausschließlich in der Lehre tätiges Personal und Ersatzkräfte wie Karenzvertretungen. Auch hier gibt es aber eine zeitliche Höchstgrenze von sechs (Vollzeitkräfte) bzw. acht Jahren (Teilzeitkräfte). Diese verlängert sich auf zehn bzw. zwölf Jahre, wenn etwa Forschungsprojekte fertiggestellt oder Publikationen abgeschlossen werden sollen.

Genau hier setzte die Klage an: Die Arbeitnehmerin sah in der unterschiedlichen Zeitgrenze für Teil- und Vollzeitkräfte eine mittelbare Diskriminierung von Frauen, weil überwiegend Frauen in Teilzeit arbeiten.

Der EuGH hält nun in seinem Urteil fest, dass eine Ungleichbehandlung von Voll- und Teilzeitkräften nur dann gerechtfertigt ist, wenn es dafür objektive Gründe gibt. Ob dem so ist, muss nun das Arbeits- und Sozialgericht in Wien prüfen. Dieses muss zusätzlich auf Basis von Daten klären, ob tatsächlich mehr Frauen als Männer von den unterschiedlichen Regelungen betroffen sind und die Regelung also Frauen diskriminiert. Als Erleichterung für die Klägerin hält der EuGH fest, dass es nicht ihre Aufgabe sei, diese Daten zu beschaffen, da sie zu diesen keine Zugang habe.

Keine Aussage trifft der EuGH zu der Frage, ob Kettendienstverträge generell dem EU-Recht widersprechen. Das vorlegende Gericht habe nämlich nicht um die Klärung dieses Punktes ersucht. Die EU-Kommission und der EU-Generalanwalt hatten hier zuletzt weniger Zurückhaltung gezeigt: Die Kommission hatte in ihrer Stellungnahme die gesetzliche Regelung der Kettenarbeitsverträge an Unis in Österreich als generell EU-rechtswidrig, weil sachlich nicht gerechtfertigt bezeichnet. Die Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverträgen bis zu zwölf Jahren diene dazu, "den ständigen und dauerhaften" Personalbedarf zu decken und nicht nur einen zeitweiligen Arbeitskräftebedarf. Dieser Meinung schloss sich im Sommer auch der EU-Generalanwalt an und forderte, dass der EuGH die Kettenverträge auch unabhängig von einer möglichen Diskriminierung von Frauen prüfen solle.

Universitätenkonferenz und Wissenschaftsministerium sehen die Kettenvertragsregelung an den Universitäten durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht infrage gestellt. Unabhängig davon wollen sie den entsprechenden Paragrafen des Universitätsgesetzes (UG) grundsätzlich überarbeiten. Ob weiter unterschiedliche Regeln für Voll- und Teilzeitkräfte gelten sollen, müsse das Gericht klären.

Die Arbeiterkammer (AK) forderte als Reaktion auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, dass es Befristungen "nur in Ausnahmefällen" geben dürfe. Die Unis würden Kettenverträge derzeit zur Abdeckung eines dauerhaften Personalbedarfs nutzen. "Das ist nicht der Sinn und Zweck eines befristeten Arbeitsvertrags", so AK-Präsidentin Renate Anderl.