Regierung in Bangladesch schickt Armee auf die Straßen
Bei den Protesten wurden nach einer AFP-Zählung bisher mindestens 115 Menschen getötet. Offiziell bestätigt wurden die Opferzahlen nicht. Die US-Botschaft in Bangladesch sprach von Hunderten bis zu Tausenden Verletzten. Mehrere Krankenhäuser meldeten, seit Donnerstag seien dort deutlich mehr Menschen an Schusswaffenverletzungen gestorben.
Angesichts der Lage im Land sagte Regierungschefin Sheikh Hasina nach Angaben eines Sprechers ihre geplanten Auslandsreisen nach Spanien und Brasilien ab.
In Narsingdi im Zentrum des Landes hatten Studenten nach Polizeiangaben am Freitag ein Gefängnis gestürmt und dabei vermutlich hunderte Häftlinge befreit. Anschließend hätten die Demonstranten das Gefängnis in Brand gesetzt.
Die Regierung hatte bereits am Donnerstag eine Internetsperre erlassen, was die Kommunikation im Land erschwert. Die größten Verlage des Landes können ihre Nachrichtenportale nicht mehr aktualisieren. Der staatliche Rundfunk kann nicht mehr auf Sendung gehen, seit Demonstranten am Donnerstag seinen Hauptsitz in Dhaka in Brand gesteckt hatten. Die Regierung hatte Internet-, Telefon- und SMS-Verbindungen weitgehend gekappt.
Die Studenten in Bangladesch demonstrieren seit Wochen fast täglich gegen ein Quotensystem der Regierung, das vorsieht, dass mehr als die Hälfte der gut bezahlten Stellen im öffentlichen Dienst bestimmten Bevölkerungsgruppen vorbehalten sind. Die Studenten fordern bei der Vergabe der attraktiven Jobs ein leistungsorientiertes System anstelle der Quoten. In dem Land mit mehr als 170 Millionen Einwohnern ist die Arbeitslosigkeit sowie die Inflation hoch. Am Donnerstag signalisierte die Regierung Bereitschaft für eine Reform der Regelung und für Gespräche.
Nach Angaben der Kritiker begünstigen die Quoten die Unterstützer der Regierung der 76-jährigen Hasina, die im Jänner bei einer praktisch ohne Opposition erfolgten Wahl für eine vierte Amtszeit bestätigt worden war. Ihr wird vorgeworfen, staatliche Institutionen zu missbrauchen, um ihre Macht zu festigen. Die Regierung wiederum beschuldigt einen Teil der oppositionellen Bangladesh Nationalist Party, die Gewalt bei den Protesten anzuheizen. Am Freitagmittag nahm die Polizei den wichtigen Oppositionspolitiker Ruhul Kabir Rizvi fest.
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