APA - Austria Presse Agentur

Regierungskrise in Slowakei: Gesundheitsminister geht

Der slowakische Gesundheitsminister Marek Krajci, nominiert von der größten Regierungspartei Gewöhnliche Menschen und unabhängige Persönlichkeiten (OLaNO), hat seinen Rücktritt erklärt. Er wolle mitten in der seit Tagen schwelenden Regierungskrise im Land "keine Obstruktionen" machen, sagte der 46-jährige am Donnerstag vor Journalisten in Bratislava. Zwei liberale Juniorpartner der Vier-Parteien-Koalition hatten dies gefordert.

Die beiden Parteien hatten im Vorfeld ihren Verbleib in der Regierung als Bedingung mit dem Abgang von Krajci verknüpft. Der Wirtschaftsminister und Vorsitzende der neoliberalen Partei Freiheit und Solidarität (SaS), Richard Sulik, plädierte seit Tagen sogar für einen Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten. Der konservativ-populistische Premier und OLaNO-Parteichef Igor Matovic hat seiner Meinung nach wegen seinem chaotischen Regierungsstil eine wirkungslose Strategie im Kampf gegen die Corona-Pandemie zu verantworten.

Ein konkreter Termin für den Rücktritt von Krajci stand vorerst nicht fest. Matovic erklärte bei der gleichen Pressekonferenz, er wolle, dass der scheidende und der neue Gesundheitsminister "das Ressort einige Wochen lang parallel leiten", um dieses mitten in der Pandemie nicht zu destabilisieren. Den Rücktritt von Krajci bezeichnete Matovic als "absurdesten in der Geschichte", da in Folge der Regierungskrise ausgerechnet jener Minister gehen müsse, der in der Covid-19-Pandemie "am härtesten für Leben und Gesundheit der Menschen gekämpft hatte".

Auslöser der Regierungskrise knapp ein Jahr nach dem Amtsantritt der Regierung war Matovics Alleingang bei der Einfuhr des russischen Impfstoffes Sputnik V. Die ersten 200.000 Dosen des Vakzins, das von der EU-Arzneimittelbehörde nicht genehmigt ist, hatte der Premier Anfang März feierlich vor laufenden Kameras auf dem Flughafen im ostslowakischen Kosice in Empfang genommen. Matovic hatte die Lieferung von insgesamt zwei Millionen Dosen Sputnik hinter dem Rücken seiner eigenen Koalitionspartner mit der russischen Seite ausgehandelt.

Alleingänge von Matovic, der letzten Herbst seine Partner auch bei der Umsetzung der landesweiten Massen-Testaktionen mit den umstrittenen Antigen-Tests umgangen hatte, sorgen seit Monaten für Unmut seiner Partner in der Regierungskoalition. Zusätzliches Öl ins Feuer gießen auch der chaotische und aggressive Kommunikationsstil des Premiers. Wichtige Entscheidungen verkündet er oft über Facebook, wobei diese dann nicht einmal umgesetzt werden. Seinen Koalitionspartnern, Experten oder gar der "nicht disziplinierten Öffentlichkeit" schiebt er auch die Schuld für die schlechte Pandemie-Lage im Land zu.

Durch die erste Corona-Welle im Vorjahr ist die Slowakei noch relativ glimpflich gekommen. Aktuell ist die Situation aber dramatisch. Krankenhäuser platzen aus allen Nähten. Täglich werden in dem 5,5 Millionen Einwohner zählenden Land über 4.000 Neuinfektionen bestätigt und die Opferzahlen erreichen umgerechnet auf die Einwohnerzahl mit rund 100 Toten pro Tag weltweite Rekordwerte.

Unterdessen ist Anfang der Woche auch der staatliche Impfplan nahezu zusammengebrochen. Es gibt zu wenig Impfstoff und das elektronische Anmeldesystem zu Impfterminen ist wegen technischer Schwierigkeiten wiederholt kollabiert. Derzeit sind lediglich rund 200.000 Slowaken auch schon mit der zweiten Dosis geimpft.