RH fordert bessere Sicherung von Eisenbahnkreuzungen

44 Prozent der Bahnübergänge sind nicht technisch gesichert
Das Risiko, bei einem Unfall auf Eisenbahnkreuzungen getötet zu werden, ist im Schnitt 14-mal höher als bei einem Unfall im Straßenverkehr. Von 2017 bis 2021 ereigneten sich 376 Unfälle auf Bahnübergängen der Unternehmen Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb GmbH (GKB), ÖBB-Infrastruktur AG und Salzburger Lokalbahn. Dabei wurden 45 Menschen getötet und 81 schwer verletzt. Der Rechnungshof (RH) fordert nun in einem Bericht mehr Tempo bei der Sicherheit von Eisenbahnkreuzungen.

Diese müssen besser gesichert werden. Besonders Eisenbahnkreuzungen mit erhöhtem Risikopotenzial sollten mit Schranken und Lichtzeichen abgesichert werden. Der RH prüfte die Jahre 2017 bis 2021 bei den drei Unternehmen. Ob ein erhöhtes Risikopotenzial bei den Kreuzungen besteht, müsste zunächst untersucht werden. Die Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 sieht vor, dass öffentliche Eisenbahnkreuzungen bis Ende August 2024 auf ihre Sicherheit überprüft werden. Bis Ende 2021 waren jedoch weniger als die Hälfte der Eisenbahnkreuzungen der GKB, der ÖBB und der Salzburger Lokalbahn kontrolliert worden. Der Rechnungshof geht somit davon aus, dass diese zwölfjährige Frist nicht eingehalten werden kann. Die Regelungen, wer die Kosten für Eisenbahnkreuzungen trägt, sorgen mitunter für lange Verfahrensdauern.

Insgesamt ging die jährliche Anzahl der Unfälle seit dem Jahr 2012 um 26 Prozent zurück, die Anzahl der Todesfälle um 40 Prozent. 5.017 Eisenbahnkreuzungen gab es im Jahr 2021 in Österreich. Davon waren 3.658 öffentlich, 1.359 nicht. Von den öffentlichen waren 2.061 Übergänge technisch gesichert, nicht gesichert waren 1.597 Eisenbahnkreuzungen, das sind immerhin 44 Prozent. Sie verfügten nur über Andreaskreuz und weitere Gefahrenzeichen wie etwa einer Stopptafel. Die Überprüfung, die bis August 2024 stattfinden sollten, sollen laut RH forciert werden, um für nicht technisch gesicherte Eisenbahnkreuzungen mit erhöhtem Risikopotenzial schneller eine technische Sicherungsart vorzuschreiben. In einer geplanten Novelle der Verordnung ist eine Verlängerung der Frist vorgesehen. Laut dem Bericht hatte eineinhalb Jahre vor Auslaufen der zwölfjährigen Überprüfungsfrist das Land Niederösterreich noch 27 Prozent, das Land Salzburg noch 26 Prozent und das Land Steiermark noch 44 Prozent der Eisenbahnkreuzungen zu überprüfen. In der Zuständigkeit des Verkehrsministeriums waren noch 20 Prozent der Kreuzungen zu überprüfen. Es teilte dem RH mit, dass die Frist - aufgrund fehlender Personalressourcen und gestiegenem Arbeitsanfall der Behörde in anderen Verfahrensbereichen - nicht eingehalten werden könne. Das Ministerium erarbeitete im Jahr 2022 eine Novelle der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012, die u.a. vorsah, die Überprüfungs- und Ausführungsfristen von Eisenbahnkreuzungen um fünf Jahre zu verlängern.

Der RH wies auch kritisch darauf hin, dass sich die meisten Unfälle mit tödlichem Ausgang im Bahnverkehr (61 Prozent) auf Eisenbahnkreuzungen ereigneten. Die meisten Unfälle passierten im Prüfzeitraum auf Eisenbahnkreuzungen mit Lichtzeichenanlagen, gefolgt von Eisenbahnkreuzungen ohne technische Sicherungseinrichtungen. Lichtzeichenanlagen mit Schranken sind am sichersten. Vermehrt ist daher diese Sicherungsart bei Eisenbahnkreuzungen mit erhöhtem Unfallrisiko vorzuschreiben. Der Rechnungshof weist außerdem auf die hohen Folgekosten für die österreichische Volkswirtschaft hin, die durch Unfälle auf Eisenbahnkreuzungen entstehen. Diese betrugen im überprüften Zeitraum, also den Jahren 2017 bis 2021, 188,03 Millionen Euro und damit deutlich mehr als für die Sicherung der Übergänge. Die Kosten für Eisenbahnkreuzungen, die neu errichtet oder angepasst wurden, lagen in den Jahren 2017 bis 2021 laut dem Prüfbericht bei 107,55 Millionen Euro.

Strittig ist oft, wer die Kosten für die Übergänge trägt. 98,79 Millionen Euro der Gesamtkosten trugen die Eisenbahnunternehmen GKB, ÖBB und Salzburger Lokalbahn im Voraus. Die Eisenbahnunternehmen und die Länder, beziehungsweise Gemeinden als Straßenerhalter, können laut Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 einvernehmlich regeln, wer die Kosten übernimmt. Kommt es zu keiner Einigung, tragen sie die Kosten je zur Hälfte. Unabhängig von Zahlungen der Länder und Gemeinden sind die Eisenbahnunternehmen verpflichtet, die Anlagen im Voraus zu errichten. Für 66,76 Millionen Euro, beziehungsweise rund zwei Drittel der Kosten, die bei GKB und ÖBB für die technische Sicherung von Eisenbahnkreuzungen angefallen waren, waren zur Zeit der Rechnungshof-Prüfung noch Verfahren und Verhandlungen offen, wer die Kosten trägt. Damit besteht keine Rechtssicherheit. Zudem dauern die behördlichen Verfahren mitunter mehrere Jahre und belasten Behörden und Gerichte. Der Rechnungshof empfiehlt daher, einen gesetzlich normierten Verteilungsschlüssel anzuwenden, sofern sich Eisenbahnunternehmen und Straßenerhalter nicht einigen können.

Die Eisenbahnunternehmen müssen für die Verwaltung und den Betrieb ihres Schienennetzes alle fünf Jahre eine Sicherheitsgenehmigung durch die oberste Eisenbahnbehörde beantragen. Bei der ÖBB stellte die Behörde Mängel fest und verlängerte eine bis April 2022 gültige Sicherheitsgenehmigung per Bescheid nur um ein Jahr. Hätte die Eisenbahnbehörde die Sicherheitsgenehmigung nicht erteilt, wäre am Netz der ÖBB kein Zugbetrieb mehr zulässig gewesen, konstatierte der RH in seinem Bericht.

Das Verkehrsarbeitsinspektorat hatte nämlich festgestellt, dass die österreichweit bei der Planung und Errichtung von Eisenbahnkreuzungen tätigen Expertinnen und Experten der ÖBB-Infrastruktur AG nicht einheitlich geschult waren und unterschiedliche Vorgehensweisen bei der Projektbearbeitung anwandten. Dies führte aus Sicht des Verkehrsarbeitsinspektorats zu Sicherheitsdefiziten, beispielsweise die Nichteinhaltung der Rechtsvorschriften. Das Verkehrsarbeitsinspektorat bemängelte überdies, dass die ÖBB-Infrastruktur AG die Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 intern nicht ausreichend im Sinne eines "innerbetrieblichen Durchführungserlasses" aufbereitet hatte. Der RH empfahl der ÖBB-Infrastruktur AG, die bestehenden Sicherheitsdefizite und Mängel zu beheben.

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