RH rügt Beschaffung in den Wiener Spitälern
Wie viele Vergaben es gegeben hat, war laut Rechnungshof überhaupt erst nach genauerer Sichtung der Zahlen zu eruieren. Der WIGEV (bis 2020 Krankenanstaltenverbund, KAV, Anm.) hatte laut den Prüfern keinen vollständigen Überblick über die Vergaben im betreffenden Zeitraum. Die Datenlage habe keine Nachvollziehbarkeit gewährleistet, wurde bekrittelt. Daten seien zum Teil lückenhaft gewesen. Der Rechnungshof musste die Zahlen vor einer intensiveren Befassung zunächst selbst bereinigen.
Letztendlich konnte festgestellt werden, dass im Bereich Medizintechnik insgesamt 1.456 Beschaffungen mit einer Vergabesumme von jeweils über 50.000 Euro durchgeführt wurden - der Kostenpunkt wurde mit 484,70 Mio. Euro beziffert. Auch 44 Beratungsleistungen mit Kosten von jeweils über 190.000 Euro wurden eingekauft. Einheitliche Vorgabe für die Abwicklung der Verfahren gab es aber nicht, hielt der RH fest. Auch wurden im Bereich Medizintechnik rund zwei Drittel aller Aufträge über 50.000 Euro vom WIGEV vergeben, ohne die Beschaffung zuvor allgemein bekannt zu machen.
"Er nahm dadurch mögliche wirtschaftliche sowie auch technologische Nachteile in Kauf, da er potenzielle Mitbewerber durch mangelnde Öffentlichkeit von Vergabeverfahren ausschloss", heißt es im Bericht. Der größte Auftragnehmer, eine namentlich nicht genannte "Unternehmensgruppe", nahm demnach eine Sonderstellung ein. 19 Prozent betrug ihr Anteil am Auftragsvolumen. Keine andere Firma soll auch nur annähernd diesen Wert erreicht haben.
Gemutmaßt wird weiter, dass Aufträge vorsätzlich in verschiedene Lose aufgeteilt wurden, um die Schwelle für eine Direktvergabe zu unterschreiten. Diese liegt bei 100.000 Euro. Eine erkleckliche Anzahl von Vergaben soll knapp darunter gelegen sein, wodurch eine Ausschreibung nicht nötig war.
Der Rechnungshof wies darauf hin, dass eine derartige Stückelung bzw. eine Aufteilung des Volumens nicht erlaubt ist. Es bestehe "dringend Handlungsbedarf", teilte man mit. Eine mögliche Umgehung des Bundesvergabegesetzes müsse jedenfalls verhindert werden. Festgestellt wurde eine hohe Konzentration auf wenige Auftragnehmer. So vergab der Gesundheitsverbund laut Rechnungshof an die jeweils zehn größten Betriebe rund 52 Prozent des Volumens oder rund 37 Prozent der Aufträge.
In der Medizintechnik sahen sich die Prüfer 55 Geschäfte genauer an. Ergebnis: Mängel gab es bei 38 Vergaben. Die Dokumentation, das Vergabeverfahren oder die Angebotsprüfung wurden hier als unzureichend erachtet. Auch missverständlich formulierte Unterlagen gab es laut Bericht. Festgehalten wurde auch, dass sich Bieter wiederholt darüber beschwert haben, dass Ausschreibungen oft so spezifisch waren, dass die Punkte - wie vermutet wurde - nur von einem Anbieter zu erfüllen waren.
Auch Beauftragungen von Beratungsleistungen wurde vom Rechnungshof geprüft. Auch hier wurden zum Teil Verstöße gegen vergaberechtliche Bestimmungen geortet. In keinem der vom Rechnungshof analysierten Vergabeverfahren wurde etwa überprüft, ob die Leistung durch eigene Bedienstete hätte erbracht werden können.
Der Rechnungshof empfahl unter anderem, die zentrale Beschaffung von medizinischen Leistungen zu forcieren. Damit könne man auch die Marktposition besser nutzen, befand man. Bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen wäre auf produktneutrale Ausschreibungen zu achten, hielt man fest. Urgiert wurde weiters, Markterkundungen durchzuführen, die auch dokumentiert werden sollten. Nötig wäre laut RH auch ein Chief Compliance Officer, der weisungsfrei gestellt werden solle.
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