APA - Austria Presse Agentur

Richard Wagners "Walküre" in Klagenfurt frenetisch bejubelt

Zupackend, dann wieder zurückhaltend führte Dirigent Nicholas Milton seine Musiker am Donnerstag durch die Premiere im Stadttheater Klagenfurt. Das kam den hervorragenden Sängern und Sängerinnen zugute, die Richard Wagners "Walküre" zum gefeierten Saisonauftakt machten. Hausherr Aron Stiehl inszenierte und choreografierte konventionell, mit leisen Anspielungen auf die zeitgenössische Menschenwelt.

Wenn die Walküren, die acht uniformierten Schwestern von Brünnhilde, zu Beginn des dritten Aktes Leichensäcke mit toten Helden in einer Materialseilbahn verstauen, fühlt man sich an Bilder aus KZs erinnert. Und eine stählerne Seilbahnstütze, gleich einem mahnenden Rufzeichen im Zentrum des Bühnenbildes von Okarina Peter und Timo Dentler, ersetzt in der Menschenwelt die Esche, in der Göttervater Wotan laut Richard Wagner für seinen Menschensohn Siegmund einst ein Schwert hinterlassen hat.

Hier trifft der vor Verfolgern flüchtende Siegmund auf seine Zwillingsschwester Sieglinde. Die Geschwister erkennen einander nicht sofort, verlieben sich aber leidenschaftlich. Vor der Flucht vor Sieglindes ungeliebtem Ehemann Hunding kann Siegmund das unbesiegbare Schwert aus seiner Verankerung ziehen. Der Inzest der Geschwister erzürnt aber Wotans gestrenge Gemahlin Fricka, die auf die Heiligkeit der Ehe pocht. Mit ihrer Forderung, Siegmund sterben zu lassen, stürzt sie Wotan in einen Zwiespalt zwischen Gesetzestreue und Liebe zu seinem Sohn. Als er schließlich seiner Lieblingstochter Brünnhilde den Tod Siegmunds befiehlt, widersetzt diese sich. Doch sie kann nicht verhindern, dass Hunding Siegmund mit Hilfe von Wotan tötet. Zumindest der schwangeren Sieglinde kann Brünnhilde zur Flucht verhelfen, verliert aber wegen ihres Ungehorsams den Status als Walküre und wird menschlich. In einer bewegenden Abschiedsszene erhält sie schließlich Wotans Zusage, dass nur ein furchtloser Held sie aus dem Schlaf erwecken könne, in den ihr Göttervater sie zur Strafe versetzt.

Tiefe Emotionen kennzeichnen dieses populärste Werk der Tetralogie "Der Ring des Nibelungen" (bis zur Saison 2023/24 sollen noch "Siegfried", "Götterdämmerung" und "Rheingold" in Klagenfurt folgen). Lust und Resignation, Vaterliebe und Verbitterung machten den fast fünfstündigen Klagenfurter Opernabend zu einem aufwühlenden Gesamtkunstwerk. Der Australier Nicholas Milton, neuer Chefdirigent des Kärntner Sinfonieorchesters, webte mit einer reduzierten Besetzung des Orchesters einen intensiven Klangteppich, ließ nuancenreich spielen und eröffnete den Sängern Möglichkeiten zur differenzierten Rollengestaltung. Die verstanden auch, sie zu nutzen, allen voran Markus Marquardt, der mit seinem warmen Bariton den einäugigen Wotan sensibel und streng verkörperte. Mit Magdalena Anna Hofmann als Brünnhilde und Martina Welschenbach als Sieglinde standen ihm zwei starke Frauen zur Seite, die ihre Rollen stimmschön und stimmig verkörperten. So wie auch der liebenswürdig-leidenschaftliche Julian Hubbard als Siegmund und der düstere Bass Rafal Pawnuk als Hunding beeindruckten sie nicht nur musikalisch, sondern auch durch große Textverständlichkeit, die durch das Dirigat noch unterstützt wurde.

Nur die kraftvolle Russin Ksenia Vyaznikova war durch ihren starken slawischen Akzent phasenweise schwer zu verstehen. Ihr galten wohl auch die vereinzelten Buhrufe beim minutenlangen, euphorischen Schlussapplaus, mit dem das Klagenfurter Publikum den gelungenen und vieldeutigen Saisonbeginn feierte.

(S E R V I C E - "Die Walküre", Erster Tag des Bühnenfestspiels "Der Ring des Nibelungen", Text und Musik von Richard Wagner, in deutscher Sprache mit Übertiteln. Musikalische Leitung: Nicholas Milton, Regie: Aron Stiehl, Bühne und Kostüme: Okarina Peter und Timo Dentler, Dramaturgie: Markus Hänsel. Mit: Julian Hubbard (Siegmund), Rafal Pawnuk (Hunding), Markus Marquardt (Wotan), Martina Welschenbach (Sieglinde), Magdalena Anna Hofmann (Brünnhilde), Ksenia Vyaznikova (Fricka/Waltraute), Meredith Bloomfield (Gerhilde), Sarah Gilford (Ortlinde), Veronia Dünser (Schwertleite), Franziska Giesemann (Helmwige), Ivana Djokovic (Siegrune), Larissa Gabshiy (Grimgerde), Olena Pruscha (Rossweisse), Kärntner Sinfonieorchester, Statisterie des Stadttheaters Klagenfurt; weitere Vorstellungen: 19., 21., 24., 29. September, 2., 8., 13., 16., 21. Oktober 2021, 18 Uhr, www.stadttheater-klagenfurt.at)