Richter befürchten längere Verfahren durch Reform
Grund für die Neuregelung ist ein Erkenntnis der Verfassungsgerichtshofs (VfGH), wonach die aktuelle Rechtslage zur Datenträger-Sicherstellung gegen das Recht auf Privatleben und das Datenschutzgesetz verstößt. Die entsprechenden Passagen werden deshalb Anfang 2025 aufgehoben. Laut Vorgaben des Höchstgerichts muss es für eine Sicherstellung von Smartphones, Laptops und Co. eine richterliche Genehmigung geben, in der Datenkategorie und -inhalte, Zeitraum und Ermittlungszweck der auszuwertenden Daten definiert werden. Außerdem müssten öffentliches Interesse an der Strafverfolgung und die Grundrechte der Betroffenen gegeneinander abgewogen werden. Nach Kritik am mit der ÖVP akkordierten Gesetzesentwurf verlängerte Justizministerin Alma Zadić (Grüne) die ursprünglich nur auf zwei Wochen angesetzte Begutachtungsfrist und versprach Änderungen.
Einer der Hauptkritikpunkte in den mehr als 40 Stellungnahmen war, dass nach einer Sicherstellung die Datensicherung bzw. Aufbereitung sowie die Verwahrung der Datenträger künftig nur durch eigene (forensische) Organisationseinheiten der Kriminalpolizei erfolgen soll. Davon ausgeschlossen sind dagegen die ermittelnden Einheiten der Kriminalpolizei bzw. die Staatsanwaltschaft - vor allem letzterer Punkt sorgte für Unmut, da diese eigentlich "Herrin" des Verfahrens ist. Vielfach gefordert wurde daher, dass auch die IT-Forensik der Staatsanwaltschaften in die Aufbereitung eingebunden werden soll.
Auch die Richter forderten in ihrer Stellungnahme, dass die verfassungsrechtliche Funktion der Staatsanwaltschaft als "Herrin" des Verfahrens gewahrt bleiben müsse. Die Staatsanwaltschaft und die unter ihrer Leitung ermittelnden Kriminalbeamten würden durch die geplante Reform von der Datenaufbereitung bei sämtlichen Verfahren ausgeschlossen und die Aufbereitung an die Haft- und Rechtsschutzrichter abgewälzt. In Kombination mit den geplanten Bestimmungen, wonach es keine Mindestfristen mehr bei Anträgen auf Einstellung des Ermittlungsverfahrens geben und Beschuldigte ein subjektives Recht auf Trennung ihrer Verfahren bekommen sollen, würde die geplante Reform zu deutlich längeren Verfahren führen, so die Richter. Ein zu starker Fokus auf die Grundrechte Beschuldigter würde zudem Ermittlungen vor allem bei Cyberkriminalität, Kinderpornografie oder Suchtgifthandel erschweren, weil Staatsanwaltschaft und Ermittlungsbehörden die Möglichkeit genommen werde, "wenigstens bei Sicherstellung, Aufbereitung und Auswertung dieser brisanten Daten so rasch und effizient wie nötig zu reagieren". Wie schon seit vielen Jahren werde außerdem der Bedarf an zusätzlichem Personal durch die geplanten Änderungen viel zu gering eingeschätzt.
Von Epicenter works kam unterdessen Kritik daran, dass auch der Entwurf zur Novelle beim Datenschutz nicht weit genug gehe. Zwar sind eine gerichtliche Bewilligung und Einschränkung auf die für das Verfahren notwendigen Datensätze vorgesehen. Der Gesetzgeber verkenne aber immer noch, wie immens diese Ermittlungsmaßnahme in das Grundrecht auf Datenschutz eingreife - immerhin könne man durch die bei einer Handysicherstellung erhaltenen Inhalts- und Metadaten meist ein umfassendes Gesamtbild des Privatlebens der Betroffenen erstellen. Besonders problematisch ist für die Datenschützer, dass für diese Ermittlungsmaßnahme laut Entwurf weder ein dringender Tatverdacht noch eine bestimmte Strafdrohung erforderlich sind. Die Überwachung von Nachrichten sei indes nur etwa bei dringendem Tatverdacht im Falle einer Entführung oder zur Aufklärung einer mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Vorsatztat möglich.
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