APA - Austria Presse Agentur

Riechstörung: ForscherInnen untersuchen Einfluss von Mikroben und Training

Ein gestörter Geruchssinn bis hin zum vollständigen Verlust gehört zu den häufigsten Symptomen einer Coronavirus-Infektion, aber auch zahlreicher weiterer Erkrankungen.

Welchen Einfluss Mikroorganismen in der Nase auf den Geruchssinn haben und wie sich Veränderungen der Riechfähigkeit in der Gehirnaktivität abbilden, erforschen Experten vom Institut für Psychologie der Uni Graz gemeinsam mit der Med-Uni Graz. Gegen die Einschränkung dürfte ein Riechtraining helfen. Laut Mitteilung des Forschungsfonds FWF deuten aktuelle Studien darauf hin, dass im Zuge der Infektion mit SARS-CoV-2 Zellen des sogenannten olfaktorischen Epithels in der Nase geschädigt werden. Nachdem sich das im oberen Bereich der Nasenhöhle befindliche Gewebe, das auf die Erfassung von Gerüchen spezialisiert ist, erholt hat, lernt man üblicherweise auch neu zu riechen. Doch auch jenseits des Coronavirus gibt es viele Erkrankungen, die die Veränderung des Geruchssinns zur Folge haben, sowie Faktoren, die dies beeinflussen können - die Billionen von Mitbewohnern, die unseren Körper besiedeln: Bakterien und Pilze etwa. Dieses Mikrobiom ist in der Lage, mit Zellen des Körpers zu interagieren und somit auf Funktionen von Geweben und sogar des Gehirns einzuwirken.

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"Wir wollen unter anderem herausfinden, ob und wie sich das nasale Mikrobiom eines Menschen, der an Anosmie - also der Unfähigkeit zu riechen - erkrankt ist, von einem gesunden unterscheidet", erklärte der Grazer Projektleiter Florian Fischmeister von der Universität Graz. Der Neurowissenschafter arbeitet in dem FWF-Projekt "Von der Nase ins Gehirn" mit der Grazer Mikrobiomforscherin Christine Moissl-Eichinger (Med-Uni Graz ) zusammen, denn während es zum regen mikrobiellen Leben im menschlichen Darm oder der Haut bereits vielfältige Studien gibt, ist über die mikrobielle Zusammensetzung in der Nasenhöhle noch relativ wenig bekannt.

Veränderte Diversität an Mikroorganismen

Die Grazer Forscher haben in einer ersten Studie bereits gezeigt, dass bei Patienten, deren Geruchssinn beeinträchtigt ist, eine veränderte Diversität an Mikroorganismen am olfaktorischen Epithel zu finden ist. Die Forscher brachten die beeinträchtigte olfaktorische Funktion vor allem mit buttersäureproduzierenden Mikroorganismen in Zusammenhang.

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Fest steht auch, dass der Verlust des Geruchssinns, der bei der Entdeckung von Gefahren, aber auch bei sozialen Interaktionen mit anderen einen wichtigen Wahrnehmungssinn darstellt, für die Betroffenen eine starke Minderung der Lebensqualität bedeutet. Zuletzt haben die Grazer Forscher eine Langzeitstudie initiiert, die Riechtraining- und Mikrobiomforschung kombiniert. "Wir haben Probanden dazu eingeladen, ein sechsmonatiges Training zu absolvieren. Es bestand daraus, dass sie zwei Mal täglich an bestimmten Gerüchen wie Zitrone oder Rose riechen. Gleichzeitig sollten sie sich diesen Geruch intensiv vorstellen und ihn visualisieren", skizzierte Fischmeister.

Zu Beginn, nach drei Monaten und am Ende der Studie wurde die Geruchsfähigkeit der insgesamt 20 Patientinnen und Patienten überprüft sowie Nasen- und Darmmikrobiom analysiert. Zudem wurde eine MRT-Untersuchung durchgeführt, während den Patientinnen und Patienten Gerüche präsentiert wurden, um das Training und Veränderungen im Mikrobiom in Zusammenhang mit Entwicklungen im Gehirn zu setzen. Die Datenerhebung sei zwar bereits abgeschlossen, jedoch noch nicht die gesamte Auswertung. Man könne aber bereits sagen, dass das Geruchstraining in der Studie grundsätzlich funktioniert habe. "Bei einem Teil der Patientinnen und Patienten wurde die Riechfähigkeit signifikant besser", gab der Wissenschafter einen ersten Einblick. Die Bildgebung des MRT habe zudem gezeigt, dass die mit dem Riechen assoziierten Netzwerke im Gehirn zum Teil wiederhergestellt werden.

Fernziel sei es, eventuell vorhandene Schlüsselmikroorganismen ausfindig zu machen, die die Nasenfunktion positiv beeinflussen oder zumindest als Biomarker für bestimmte Therapieformen verwendet werden können. Von der Entwicklung einer solchen Therapie sei man allerdings noch weit entfernt, wie der Wissenschafter einschränkte.