APA - Austria Presse Agentur

Riskante Leichenbergung nach Vulkanausbruch in Neuseeland

Neuseelands Militär will vier Tage nach dem Vulkanausbruch auf der Insel White Island einen riskanten Einsatz zur Bergung der Toten starten. Trotz der Warnungen von Vulkanforschern vor einer möglichen neuen Eruption sollen Teams nach Polizeiangaben Freitagfrüh (Ortszeit) auf die Vulkaninsel gehen und nach den Leichnamen suchen, obwohl die Gefahr eines neuen Ausbruchs zuletzt sogar gestiegen war.

Der Bergungseinsatz soll am Freitag "kurz nach Tagesanbruch" beginnen, wie Vize-Polizeichef Mike Clement am Donnerstag ankündigte."Sie werden auf die Insel gehen und alles dafür tun, um alle Leichen zu bergen", versicherte er. Die geborgenen Leichen sollen dann auf die Marinefregatte "HMNZS Wellington" gebracht werden, die vor der Küste vor Anker liegt.

Die Behörden gehen davon aus, dass sie aufgrund der von Drohnen und Hubschrauberpiloten kurz nach dem Ausbruch gesammelten Informationen den Ort von sechs der acht Leichname auf der Insel kennen. Die Bergung dieser sechs Leichen habe Priorität, sagte Clement.

Die neuseeländischen Behörden waren zuvor massiv unter Druck geraten, endlich mit der Bergung zu beginnen. Ein Geologe soll die riskante Mission unterstützen und in Echtzeit Daten auswerten, um den Einsatz im Falle einer unmittelbar bevorstehenden Eruption abbrechen zu können. Die Gefahr eines neuen Ausbruchs liegt nach Angaben von Seismologen mittlerweile bei 50 bis 60 Prozent.

"Die Gefahr ist nicht vorbei", stellte auch Clement klar. "Natürlich" werde er sich Sorgen um die Bergungsteams machen. "Die Leute begeben sich selbst an die vorderste Front, um das Richtige zu tun", fügte der Vize-Polizeichef hinzu. "Wir werden mit unseren Gedanken, unseren Gebeten und unserer Liebe bei ihnen sein."

Noch am Mittwoch hatte Polizeiminister Stuart Nash in einem Radiointerview gesagt: "Es wäre Wahnsinn, Männer und Frauen nach White Island zu schicken, wenn es dort nicht sicher für sie ist." Die Angehörigen forderten dagegen, endlich mit der Suche auf der Insel zu beginnen. Vor allem der Bruder des neuseeländischen Reiseleiters Hayden Marshall-Inman hatte die Behörden scharf kritisiert. Mark Inman machte "Bürokratie" und Führungsversagen für die Verzögerung verantwortlich und bot an, selbst auf die Insel zu fahren. Premierministerin Jacinda Ardern zeigte Verständnis für die Familien, stellte zugleich aber klar, dass sich alle Beteiligten "verzweifelt darum bemühen, die Opfer zurückzuholen".

Nach Angaben des neuseeländischen Vulkanologen Nico Fournier müssen sich die Bergungsteams im Falle einer Eruption auf Magma, extrem heißen Dampf, Asche und kanonenkugelgroße Gesteinsbrocken gefasst machen. Aus dem Vulkankrater treten zudem weiterhin giftige Gase aus, die ganze Insel ist mit säurehaltiger Asche bedeckt.

Zusammen mit den acht Toten, die noch auf White Island vermutet werden, ging die Polizei mittlerweile von 16 Toten aus. Zwei Menschen erlagen nach Polizeiangaben in der Nacht auf Donnerstag im Krankenhaus ihren schweren Verletzungen. Nach Angaben ihrer Schule in Sydney handelt es sich um zwei australische Brüder - die Eltern der beiden Buben gelten offiziell noch als vermisst.

Insgesamt hatten sich zum Zeitpunkt der Eruption 47 Menschen auf der Insel in der Bay of Plenty etwa 50 Kilometer vor der Küste der neuseeländischen Nordinsel aufgehalten. 22 Verletzte lagen nach Behördenangaben noch im Krankenhaus. Viele von ihnen schwebten wegen schwerster Verbrennungen weiterhin in Lebensgefahr.