APA - Austria Presse Agentur

Rockband Bipolar Feminin wühlt mit Debütalbum auf

Geradlinig und authentisch sind zwei gute Begriffe, um Bipolar Feminin zu beschreiben: Das aus Oberösterreich stammende Quartett hat im Vorjahr mit der EP "Piccolo Family" erstmals von sich reden gemacht, nun erscheint am Freitag das Debütalbum "Ein fragiles System". Darauf zu hören: Zehn mitreißende Stücke, die zwischen melancholischen Momenten und schepperndem Rock changieren. "Wir wollten unseren Sound und die Texte nochmals verfeinern", so Sängerin Leni Ulrich.

Sie hat gemeinsam mit ihrem Bruder Max (Bass) sowie Gitarrist Jakob Brejcha und Drummer Samuel Reisenbichler vor fünf Jahren die Gruppe gegründet. Nach ersten Auftritten 2019 gab es im Jahr darauf coronabedingt eine unfreiwillige Pause für die junge Band. "Da war dann auch ein bisserl die Luft draußen", meinte Leni im APA-Interview. Beirren ließ man sich davon aber nicht, stattdessen wurde alles auf professionelle Beine gestellt inklusive Booking und Management. Stolpert man hinein in so eine Karriere? "Uns ist es so passiert", lachte die Sängerin, woraufhin ihr Bruder ergänzte: "Die Frage ist eher, inwieweit wir jetzt eine professionelle Band sind."

Das Album macht allerdings schnell klar: Hier haben vier Kreativköpfe eine ziemlich klare Vorstellung davon, was sie machen möchten. Songs wie "Mami" oder "Am Boden" warten mit noisigen Gitarren auf, während die Rhythmusfraktion stoisch ihrer Arbeit nachgeht. Über dieses Grundgerüst setzt Leni Ulrich gleichermaßen persönliche wie gesellschaftskritische Texte, die nicht selten mit Überraschungen aufwarten. Einfließen lässt sie darin ganz grundsätzlich "die Dinge, die um mich passieren, die ich beobachte und vor allem Sachen, die ich fühle".

Im Opener "Wie es ist", aus dem auch der Albumtitel stammt, verhandelt sie eben jene Fragilität, die im Zwischenmenschlichen ebenso zu finden ist wie in der Gesellschaft. "Freundschaften und Zusammenschlüsse, die lange bestehen, haben gewisse Regeln. Und teilweise gibt es da etwas fast Zerbrechliches." Sei dies in Beziehungen durchaus mal schwierig, sieht Leni die Angelegenheit in der Gesellschaft bedeutend befruchtender: "Regeln können auch umgeworfen werden. Es ist ja gut, wenn sich durch ein verändertes Verhalten tatsächlich auch etwas verändert. Wenn jemand also in eine ungute Situation kommt, in der er sich selber reflektieren muss. Aufzuwühlen ist grundsätzlich etwas Gutes."

"Tüchtig" wiederum handelt von Leistungserwartungen. "Vor allem natürlich von außen, aber manchmal sind das auch Dinge, die im Dialog mit mir selber passieren. Dass ich eben nie zufrieden bin mit dem, was ich mache. Aber das ist natürlich auch wieder ein gesellschaftliches Problem", sinnierte Leni. "Dieser übertriebene Leistungsdruck, es aber dann doch nie zu erreichen. Wo führt das hin?" Man könne dabei durchaus den Bezug zu sich selbst verlieren. Wobei die Band insgesamt versucht, allfällige Zuschreibungen und Erwartungen auszublenden. "Am allerwichtigsten ist, dass wir es gerne machen. Sonst wird es Scheiße, wenn wir die Freude und den Sinn darin verlieren. Und das passiert, wenn die Motivation nur von außen kommt."

Dafür scheinen Bipolar Feminin aber viel zu genaue Beobachter dessen zu sein, was rund um sie abgeht. Immerhin stellt die Band schon mal "Attraktive Produkte" an den Pranger oder weiß sturköpfigen Missverstehern klar entgegenzutreten ("Sie reden so laut"). Besonders gelungen ist die Balance aus Zerbrechlichkeit und Kraft im zentralen Song "Kreis", bei dem sich die Vier über fünf Minuten lang Zeit nehmen, um eine spannungsgeladene Atmosphäre zu erzeugen. Nicht nur hier zeigt sich, dass Komposition und Songstrukturen auf ein neues Level gehoben wurden. "Es gibt da einfach Elemente, die wir vorher nicht so am Schirm hatten", nickte Max. "Früher sind wir viel unbedachter hineingegangen, und das hat dementsprechend zu einem simpleren Ergebnis geführt."

Eine wesentliche Voraussetzung dafür sei auch Kommunikation. "Wir versuchen noch mehr, uns alle einzubringen", betonte Leni. "Wenn mehr da ist, kann auch mehr daran gearbeitet werden. Und was nicht ausgesprochen wird, ist für die anderen einfach nicht existent. Ich habe aber das Gefühl, dass sich dieser Prozess weiter verändern wird. Es gibt keine fertige oder gar richtige Herangehensweise." Jedenfalls wird viel gelacht bei Bipolar Feminin, trotz der ernsten Themen in den Songs. "An sich sind wir pflichtbewusst", meinte Max schmunzelnd auf die Frage nach Verantwortung und Druck. "Aber in erster Linie sind wir mit uns selbst beschäftigt, das ist schon Herausforderung genug."

Wer sich ebenfalls mit der Band beschäftigen möchte, hat nicht nur dank des Albums Gelegenheit dazu. Am 6. Juni wird im Wiener Fluc große Releaseparty gefeiert, davor sind Bipolar Feminin etwa am Stream Festival in Linz (20.5.), dem Klagenfurt Festival (24.5.) sowie im OKH Vöcklabruck (3.6.) zu erleben. Im Herbst steht dann die große Tour an, mit mehr als 20 Gigs in Österreich, Deutschland und der Schweiz.

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)