APA - Austria Presse Agentur

Rohstoffknappheit und Fachkräftemangel bremsen Industrie

Der starke Wirtschaftsaufschwung nach der Coronakrise bringt neue und altbekannte Probleme für die heimische Industrie. Bei Industrierohstoffen und Elektronikbauteilen gebe es stark steigende Preise und Engpässe, sagte der Industriellenvereinigung-Präsident Georg Knill am Donnerstag bei einem Pressegespräch in Wien. Die Rohstoffpreissteigerungen könne man nur teilweise an die Kunden weitergeben. Ein erneutes Problem sei der Fachkräftemangel.

Viele Industriebetriebe weltweit haben sich laut dem Chef der Industriellenvereinigung (IV) mit Rohstoffen - unter anderem Industriemetalle und Kunststoffe - sowie Mikrochips und Halbleitern eingedeckt. Die Hamsterkäufe der Unternehmen und zu wenig Angebot hätten die Preise "exorbitant" in die Höhe schießen lassen. In der Autoindustrie kam es aufgrund des Chipmangels auch zu Produktionsstopps.

Trotz coronabedingt hoher Arbeitslosenzahlen findet die heimische Industrie derzeit nicht genug Fachkräfte. Der Fachkräftemangel sei wieder so stark wie 2019, sagte Knill im Klub der Wirtschaftspublizisten. Die staatliche Aktion "Sprungbrett" für Langzeitarbeitslose inklusive Eingliederungsbeihilfen sei "sinnvoll", kommentierte der IV-Chef die Beschäftigungsinitiative des Arbeitsministeriums und des Arbeitsmarktservice (AMS). Erneut forderte Knill eine beim Wirtschaftsministerium angesiedelte Fachkräfteagentur. Diese Koordinierungsstelle würde dem AMS nichts wegnehmen, sondern den sich wandelnden Fachkräftebedarf erheben und Ausbildungsangebote - etwa FH- oder Uni-Lehrgänge - auf den Weg bringen. "Es geht darum, dem Fachkräftemangel systematisch und strategisch zu begegnen. Sonst bleibt es ein ungelöstes Problem, weil sich keiner verantwortlich fühlt", sagte der Industrievertreter.

Als weitere Großthemen für die heimische Industrie bezeichnete Knill die Dekarbonisierung und Digitalisierung. "Die Industrie ist ein wesentlicher Teil der Lösung, wir fühlen uns committed", so der IV-Präsident. Außerdem gebe es "unheimlich viele Chancen" in "Green Tech" für die heimische Industrie. Bei der Digitalisierung wünscht sich Knill einen etwas entspannteren Zugang zu Datenschutz in der Europäischen Union. "Europa hat bei der Digitalisierung den Anschluss an die führenden Nationen verloren. Es ist extrem mühsam wieder aufzuschließen." An heimische Industrieunternehmen - vor allem kleine und mittlere Betriebe - appelliert der IV-Chef, viel Geld und Personalressourcen in die digitale Transformation zu stecken. "Unternehmen die nicht digitalisieren, werden nicht mehr existieren", sagte Knill. Da gebe es leider kein "Copy-Paste-Modell", weil jedes Unternehmen anders aufgestellt sei.

Die Corona-Krisenpolitik und die Wirtschaftshilfen der türkis-grünen Regierung bewertet Knill positiv. "Das war großzügig und hat gut durch die Krise geführt." Nun müsse man aber auch andere Themen - wie Bildung, Pensionen, Pflege und Steuern - angehen. "Ich sehe kein Problem der Ideen, ich sehe ein Problem der Umsetzungen", kritisierte Knill. Bei der aktuell in Verhandlung befindlichen Reform der Kurzarbeit wünscht sich Knill ein Modell für die Post-Coronazeit und nicht nur eine Verlängerung der Corona-Kurzarbeit für die Stadthotellerie und Verkehrsunternehmen.

Rund um die Zukunft des MAN-Standorts in Steyr empfahl der IV-Chef erneut der Belegschaft, das Angebot des Investors Siegfried Wolf anzunehmen. "Ich sehe keine Alternativen." Das Vorgehen des Arbeiterbetriebsrat sei "verantwortungslos".

Bei der aktuellen Nachfolgersuche in der Staatsholding ÖBAG für den scheidenden Alleinvorstand Thomas Schmid wünscht sich Knill eine "Managerkapazität und nicht einen Verwalter".