APA - Austria Presse Agentur

Rotes Kreuz zog erste Bilanz zum Corona-Kriseneinsatz

Das Österreichische Rote Kreuz (ÖRK) hat am Mittwoch eine erste Bilanz zum Einsatz in der Coronakrise gezogen. Seit Mitte März waren jeden Tag rund 2.000 Mitarbeiter tätig. Sie nahmen bei Covid-19-Verdachtsfällen 126.120 Abstrich-Proben und führten 14.036 Infektionstransporte durch. Insgesamt ergaben sich 81.617 Personeneinsatztage, hieß es bei einer Pressekonferenz in Wien.

Außerdem haben Mitarbeiter über die Gesundheitshotline 1450, die in Vorarlberg, Salzburg, Steiermark und Oberösterreich vom Roten Kreuz betrieben wird - 144.919 Anrufe entgegengenommen, berichtete Michael Opriesnig, Generalsekretär des ÖRK. In den Bundesländern wurde geholfen, Kranken- und Quarantänequartiere für tausende Personen zu planen und aufzubauen. "Die Österreicherinnen und Österreicher können sich auf das Rote Kreuz und seine tausenden Mitarbeiter verlassen. Das garantieren wir jetzt, in der Vergangenheit und in der Zukunft", sagte Peter Kaiser, stellvertretender Generalsekretär des ÖRK.

Zahlreiche Experten erwarten eine zweite Infektionswelle im Herbst/Winter. Österreich sei darauf "gut vorbereitet", sagte Bundesrettungskommandant Gerry Foitik. Für den Fall der zweiten Welle sei man dabei, strategische Reserven aufzubauen. Auch die personelle Ausstattung und die Kapazitäten im Gesundheitswesen seien entsprechend gerüstet. Derzeit gebe es wöchentlich neues Wissen bezüglich SARS-CoV-2, neue Studien werden publiziert. "Mit diesem Wissen werden wir es schaffen, eine mögliche zweite Erkrankungswelle besser zu beherrschen", sagte Foitik.

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Opriesnig betonte, dass das Rote Kreuz eine Krisenorganisation mit mehr als 70.000 Freiwilligen ist. "Wir helfen auch bei Krisen, die die gesamte Gesellschaft betreffen", sagte Opriesnig. Er verwies außerdem auf Neutralität und Unparteilichkeit seiner Organisation. "Dass wir mit den österreichischen Behörden im humanitären Bereich zusammenarbeiten ist sogar in einem eigenen Rot-Kreuz-Gesetz festgeschrieben", betonte der Generalsekretär. Die zentrale Rolle des Roten Kreuzes in der logistischen Abwicklung hatte in der Vergangenheit bereits für Kritik gesorgt.

Derzeit befinde sich das Rote Kreuz laut Opriesnig in einer Doppelrolle. Einerseits sei man damit beschäftigt, die Ausbreitung des Virus zu stoppen und einzudämmen, andererseits selbst von massiven Einschränkungen durch die Pandemie betroffen. So können beispielsweise zahlreiche Kurse nicht abgehalten werden. Dadurch ergeben sich "wirtschaftliche Konsequenzen. Ersten Schätzungen zufolge sind dem Roten Kreuz im März und April durch entgangene Einnahmen und dem zusätzlichen Aufwand Kosten von 17 Millionen Euro entstanden", erläuterte der Generalsekretär. Ein Gutteil der Mehrkosten sollen über Verträge auf Bundesländerebene gedeckt werden, allerdings rechnet das ÖRK damit, dass viele Einnahmenentgänge nicht ersetzt werden. Mehr als 400 Mitarbeiter hat das Rote Kreuz in Kurzarbeit geschickt. Diese sollen nun Schritt für Schritt wieder ihre normale Arbeit aufnehmen.

Opriesnig verwies darauf, dass auch "viele kleine gemeinnützige Organisationen, die in der Zivilgesellschaft tätig sind, ganz massiv" betroffen sind. "Bitte vergessen Sie nicht all diese gemeinnützigen Organisationen, wir alle werden diese Initiativen in den kommenden Wochen ganz intensiv brauchen, sie müssen unterstützt werden", appellierte Opriesnig.

Foitik erläuterte, dass es die Aufgabe des Roten Kreuzes sei, für Katastrophen vorzusorgen. Mit der vom Roten Kreuz getragenen und von der Regierung gestützten Kampagne zur Corona-Eindämmung habe man auf eine Verhaltensänderung der Menschen abgezielt. Mit dem hierbei viel zitierten Babyelefant, um den richtigen Abstand zu halten, habe man "einen Anker gesetzt, der das richtige Verhalten triggert", erläuterte Foitik. Die Krise sei erst vorbei, wenn entweder genug Menschen immun seien. Nunmehr schaue es eher danach aus, "dass wir es erwarten müssen, dass es einen flächendeckenden wirksamen Impfstoff gibt", sagte Foitik. Das sei erst in ein bis eineinhalb Jahren der Fall. Bis dahin müsse auf Containment gesetzt und jeder Fall nachverfolgt werden, "um möglichst keinen Menschen zu übersehen, der unerkannt infiziert ist". Denn dadurch könne wieder eine exponentielle Erkrankungswelle ausgelöst werden. "Bitte seid achtsam", appellierte Foitik an die Bevölkerung. Bei Krankheitssymptomen soll der Arzt oder die Gesundheitshotline 1450 kontaktiert werden.

Ein weiterer Ansatz für das Containment ist die "Stopp Corona"-App des Roten Kreuzes. Zuletzt war die Kanzlerberaterin Antonella Mei-Pochtler davon ausgegangen, dass etwa bei Reisen eine entsprechende App obligatorisch sein werde, woraufhin die Regierung erneut die Freiwilligkeit betont hatte. Darauf setzt auch Foitik weiterhin. "Wir sind alle der Meinung, dass diese App ein wichtiges Instrument ist und nur durch Freiwilligkeit Akzeptanz hergestellt werden kann", sagte er am Mittwoch. Sie mache einen Sinn, wenn es im normalen gesellschaftlichen Leben wieder viele Kontakte gibt. Mehr als 560.000 Downloads wurden bisher verzeichnet. Damit sie erfolgreich eingesetzt werden kann, müssen es mehr sein, sagte Foitik und betonte, dass mittels App Kontaktpersonen von Infizierten "unglaublich schnell" informiert werden können, auch jene, "die ich persönlich nicht kenne und von denen ich keine Kontaktinformation habe", sagte Foitik.

Thema bei der Pressekonferenz war auch eine erste Bilanz zur Beschaffung von Waren und Schutzausrüstung durch das Rote Kreuz im Auftrag der Regierung. Am Flughafen Wien und im Katastrophenschutzzentrum des Roten Kreuzes in Inzersdorf sind mehr als 40 Personen tätig. Bestellt wurden beispielsweise bereits knapp 90 Millionen Handschuhe, mehr als 73 Millionen OP-Masken, über 30 Millionen Atemschutzmasken FFP2 und über 2,2 Millionen Mund-Nasen-Schutz-Masken. Außerdem organisierte das Rote Kreuz unter anderem mehr als 38.000 Liter Händedesinfektionsmittel.

Foitik räumte ein, dass es zu Beginn der Krise Probleme bei der Beschaffung gegeben habe, Produkte aus Asien "haben nicht immer den Qualitätsanforderungen entsprochen". "Im kleinen Umfang ist das auch in Österreich passiert", sagte Foitik. Deshalb wurde ein Teil der Lieferung downgegradet, FFP2-Masken etwa als Mund-Nasenschutz verwendet. Allerdings habe die Regierung in China reagiert und vor Exporten Qualitätskontrollen eingeführt. "Wir überprüfen auch alle Materialien die kommen und lassen uns Chargenmuster vorab schicken", sagte Foitik. Nur wenn die Prüfung ergebe, dass die Qualität passt, "beschaffen wir auch den Rest".