Rückübersiedlung der Akademie der bildenden Künste stockt

Rektor Johan Frederik Hartle mit Vizerektorin Ingeborg Erhart
Die Rückübersiedlung der Akademie der bildenden Künste Wien verzögert sich um zumindest ein halbes Jahr. Das gab der neue Akademie-Rektor Johan Frederik Hartle heute bekannt. Erst zu Jahresende 2020 werde man wieder das Gebäude am Schillerplatz übernehmen können, der Studienbetrieb werde wohl erst mit dem Wintersemester 2021/22 aufgenommen werden, sagte Hartle bei einem Pressegespräch.

Eine solche Verzögerung sei bei einem Renovierungs-Projekt dieser Größenordnung "nicht ungewöhnlich", derzeit liege man trotz der zu erwartenden Zusatzkosten im Kostenrahmen, sagte der Nachfolger von Eva Blimlinger. Er fühle sich in vielem dem verpflichtet, was das Vorgängerektorat gemacht habe: "Wir haben von Frau Blimlinger viel gelernt." Man werde die interne Kommunikation neu aufstellen, weitere Akzente bei "Gleichheits- und Diversitätspolitik" setzen und die Beschäftigung mit sozialen Fragen intensivieren. Im neuen Rektoratsteam will sich der Kunstwissenschafter Hartle vor allem um Internationalisierung und Forschung kümmern, die Kunsthistorikerin Ingeborg Erhart übernimmt das Vizerektorat für Kunst und Lehre, die Kulturmanagerin Celestine Kubelka wird sich um Finanzen und Personalfragen, aber auch um Raumangelegenheiten und die Übersiedlung kümmern.

Demnächst steht die Nachbesetzung von drei Professuren an, für die Nachfolge von Monika Bonvicini, seit 2003 Professorin für Performative Kunst und Bildhauerei, gibt es Hearings mit acht Kandidatinnen und Kandidaten. Ein ausführliches Pressegespräch des neuen Rektorats ist für den Jänner geplant. Der heutige Termin bezog sich nämlich auf zwei Ausstellungen im "xE"-Ausstellungsraum der Akademie, der auch nach der Rückübersiedlung auf den Schillerplatz weiter bespielt werden soll. "Die Lehre soll künftig stärker mit den Ausstellungen verknüpft sein", kündigte Erhart an. Dafür ist die Ausstellung "Spezialschule für Bildhauerei" bereits ein gutes Beispiel, entsprang sie doch nicht nur einem im Juni 2015 gestarteten künstlerischen Forschungsprojekt zu den Veränderungen an den 1912/13 im Cottageviertel des Praters gebauten Bildhauereiateliers, sondern auch einer Lehrveranstaltung, die Simone Bader und Jakob Krameritsch 2016/17 zu Geschichte und Gegenwart des Bildhauereigebäudes anboten.

Ausgangspunkt der über zwei Dutzend künstlerischen Beiträge waren historische Recherchen und viele Gespräche mit früheren Lehrenden und Studierenden. Die Arbeiten reichen von Josef Dabernigs auf Wellpappe getätigten Aufzeichnungen des täglichen Zigarettenkonsums während seiner Studienzeit über Pille-Riin Jaiks Papierblumen und -schlingpflanzen aus Archivmaterialien, die während des Rechercheprozesses für die Ausstellung gesammelt wurden, bis zu einem Video, in dem Leopold Kessler 2004 die Abnahme eines 1,2 Kilometer lange Stromkabels dokumentierte, mit dem er den Strom in seinem Atelier im Bildhauereigebäude angezapft und in seine private Wohnung geleitet hatte.

Ein zweisprachiges Buch (24 Euro) dokumentiert die Geschichte der Spezialschule für Bildhauerei im Prater in Form von Monatsminiaturen des Jahres 1913, von denen aus Verbindungen zu relevanten Strängen und Episoden der Geschichte dieses Gebäudes geschlagen werden.

Im Ausstellungsraum xposit ist als erste Ausstellung unter dem Jahresmotto "Sight and Non-sight" eine Soundinstallation der Akademie-Absolventin Jessyca R. Hauser - bekannt als Kunstfigur Hyäne Fischer - zu hören: "You make me feel like a natural disaster" ist eine sechskanalige Soundcollage, in der gelesene Passagen aus Texten der Künstlerin mit weiteren Tonaufnahmen und Zitaten aus gesampelten Popsongs verbunden werden. Ziel ist es, "ein Stimmungsbild der neoliberalen Gesellschaft zu zeichnen, die zwischen globaler Vernetzung und dem Gefühl der Entfremdung zerrissen ist".

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