Rundfunkreformen in Ungarn, Slowenien und der Slowakei

Demonstrationen gegen Kultur- und Medienpolitik in Bratislava
Während sich die Koalitionsverhandler von FPÖ und ÖVP mit der Medienpolitik und dem ORF befassen, wobei Kürzungen für das öffentlich-rechtliche Medienhaus und auch die Abschaffung der Haushaltsabgabe im Raum stehen, haben Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreichs Nachbarländern bereits stattgefunden. Ein Überblick über die Situation in der Slowakei, Ungarn und Slowenien:

Als Anfang des Vorjahres Medien in der Slowakei erstmals berichteten, dass die seit Oktober 2023 amtierende linksnationale Regierung von Robert Fico den öffentlich-rechtlichen Hörfunk und Fernsehen der Slowakei - kurz RTVS - abschaffen und durch einen neuen Staatssender ersetzen will, hatten dies viele Slowaken wohl noch für eine Falschmeldung gehalten. Sehr schnell zeigte sich, die Pläne sind nicht nur real, sondern werden auch im Blitztempo durchgesetzt. Schon im April 2024 wurde die entsprechende Vorlage von Kulturministerin Martina Šimkovičová, die von der rechtspopulistischen Slowakischen Nationalpartei (SNS) nominiert wurde, vom Kabinett abgesegnet und Ende Juni auch im Parlament durchgebracht. Bereits ab 1. Juli trat sie in Kraft - der RTVS hat aufgehört zu existieren und wurde vom neu gegründeten STVR, dem Slowakischen Fernsehen und Hörfunk, ersetzt. Und das, trotz breiten Entsetzens im Land und heftiger Kritik der liberalen Opposition, Medien, zahlreicher Experten und eines Teils der bürgerlichen Gesellschaft. Trotz wiederholter Massenproteste auf den Straßen.

Der RTVS brauche unausweichlich eine Änderung, ebenso dessen Leitung. Er sei einfach nicht objektiv, stehe "in permanentem Kampf mit der Regierung", so hatte Robert Fico die Reformpläne begründet. Damit verstoße der Sender gegen das Recht der Bürger auf objektive Informationen. Seine Regierung gehe nur auf den Wunsch von Wählern der Regierungskoalition ein, die forderten, dass "wir mit dem RTVS endlich etwas machen".

Unbequemer Intendant abgesetzt

Gemacht wurde die "Reform" sichtlich hastig. Der neue Sender hatte anfangs nicht einmal ein neues Logo, die E-Mail-Adressen der Mitarbeiter hatten weiterhin die Endung rtvs.sk. Ein Ziel war aber schon erfüllt: Das Ende der Sendeanstalt bedeutete auch das Aus für die bisherige Leitung: in erster Linie für den unbequemen Intendanten Ľuboš Machaj, der in der Zeit der Vorgängerregierung vom Parlament gewählt wurde und dessen Amtszeit eigentlich erst in einigen Jahren auslaufen sollte. Eine Absetzung wäre nicht möglich gewesen. Ein "schwarzer Tag für die Medienlandschaft und die Zivilgesellschaft in der Slowakei," kommentierte der Betroffene selbst.

Der Geschäftsmann und Werbemanager Igor Slanina wurde kommissarisch mit der Leitung der Neugründung beauftragt. Am Tag darauf hatte er erste personelle Änderungen eingeleitet, weitere Mitarbeiter und bekannte Moderatoren kündigten selbst. Auch erste Berichte über Zensur sickerten durch. Doch die große Umgestaltung wartet wohl auf einen neuen ordnungsgemäßen Chef. Bleiben sollte Slanina nämlich nur bis zur Wahl des künftigen regulären Intendanten, die jetzt nicht mehr im Nationalrat erfolgen wird. Denn zusammen mit einer neuen Ethik-Kommission, die das Programm überwacht, soll künftig ein neuer, teils politisch besetzter Rat den Direktor des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wählen. Vier Ratsmitglieder werden direkt von der Kulturministerin ernannt, fünf weitere soll das Parlament bestimmen. Dies zeigt sich als problematisch. Wegen einer aktuellen Koalitionskrise in der Slowakei wird die Wahl der fehlenden Ratsmitglieder seit Monaten immer wieder verschoben. Wann der STVR-Intendant endlich bekannt wird, ist derzeit ungewiss.

Politische Einflussnahme im Öffentlich-rechtlichen ist in der Slowakei aber nicht unüblich. Entstanden ist der RTVS erst 2011 durch Zusammenlegung des bis dahin eigenständigen Hörfunks und des Fernsehens. Das war eine politische Entscheidung, wie auch die Besetzung. Mittlerweile gab es vier Intendanten, zwei weitere Personen waren vorübergehend mit der Leitung beauftragt. Einige Beobachter sind der Meinung, das Ende aller Öffentlich-Rechtlichkeit des RTVS hat schon lange vor dem Wandel zum STVR stattgefunden. Mit der Abschaffung der Rundfunkgebühren und der direkten Anbindung der Finanzierung des Senders ans Staatsbudget. Die Änderung hatte Ende 2022 die liberale Freiheit und Solidarität (SaS) des Europaskeptikers Richard Sulik durchgesetzt. "Der RTVS wird zu einem staatlichen Medium", titelten damals Medien. Massenproteste gab es aber keine.

Ungarn: Öffentlich-rechtliche Medien seit Orbán unter Regierungskontrolle

Die Regierung von Viktor Orbán hat nach der Erlangung einer parlamentarischen Zwei-Drittel-Mehrheit 2010 die öffentlich-rechtlichen Medien in Ungarn umgehend unter direkte Regierungskontrolle genommen. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen (MTV), das öffentlich-rechtliche Radio (MR), der Auslands-Fernsehsender Duna TV sowie die Nachrichtenagentur MTI - bis dahin allesamt rechtlich unabhängige Gesellschaften - wurden in der Dachstiftung MTVA vereinigt. Das Personal wurde drastisch verkleinert, insbesondere politisch unliebsame Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden entlassen. Der heutige Direktor von MTVA ist der frühere Fernsehjournalist Dániel Papp, der laut einem Gerichtsurteil von 2014 wegen der Manipulation von TV-Aufnahmen als "Nachrichtenfälscher" bezeichnet werden darf.

Die Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Medien, vor allem des Fernsehens, ist für die Bevölkerung Ungarns allerdings bereits seit langem relativ gering und in keiner Weise mit der Rolle des ORF in Österreich vergleichbar. Mit den Jahren wurde der direkte Regierungseinfluss auch auf zahlreiche, nominell in privater Hand befindliche Medien ausgeweitet. Laut Berichten stehen heute alle regierungsnahen Medien, egal ob staatlich oder privat, unter der direkten Kontrolle von Orbáns Kabinettschef Antal Rogán, der von Kritikern als "Propagandaminister" bezeichnet wird. Rogán, der auch für die zivilen Geheimdienste zuständig ist, wurde von der früheren US-Regierung von Joe Biden wegen Korruptionsvorwürfen auf eine US-Sanktionsliste gesetzt. Die Orbán-Regierung sah den Schritt als "Rache" der Biden-Regierung an Orbán an, der bereits lange dessen republikanischen Nachfolger Donald Trump unterstützt hatte.

Kaum Fernsehauftritte für Oppositionelle

Die ungarische Opposition übt bereits seit vielen Jahren Kritik an der einseitigen Darstellung oppositioneller politischer Parteien und Vorgänge in den Staatsmedien. Oppositionspolitiker dürfen im Fernsehen außerhalb der Wahlkampfzeiten nicht auftreten. Diskussionsrunden der Spitzenkandidaten vor Wahlen fanden seit 2010 lange Jahre gar nicht mehr statt. Orbán selbst nimmt sogar bereits seit 2006, als er als Oppositionsführer in einer TV-Debatte mit dem damaligen Regierungschef Ferenc Gyurcsány keine gute Figur machte, nicht mehr an öffentlichen Diskussionen mit Konkurrenten teil.

Erst vor der EU-Wahl 2024, wohl aufgrund des steilen Aufstiegs von Orbáns Herausforderer Péter Magyar, veranstaltete das Staatsfernsehen wieder eine Debatte der Spitzenkandidaten. Doch auch dort sollte mit der Einladung sämtlicher antretender Parteien - insgesamt waren es elf - laut Beobachtern die Bedeutungslosigkeit der zersplitterten Opposition gegenüber der übermächtigen Regierungspartei Fidesz vorgeführt werden. Magyar fordert seitdem als Chef der größten Oppositionspartei - seine Bewegung TISZA hat in Umfragen Fidesz bereits überholt - regelmäßig eine Einladung in die staatlichen Medien ein. Anfang Oktober führte er eine Demonstration vor dem MTVA-Sitz an, wo er die Staatsmedien als "Lügner" bezeichnete.

Slowenien: Orientierung an "Orbán-Methoden"

In Slowenien kritisiert das rechte politische Lager, dass die Medien nach der Unabhängigkeit des Landes in den Händen der sogenannten "linken Kontinuität" geblieben sind und daher jeder rechten Regierung kritisch gegenüberstehen und konservative Werte nicht vertreten. Der rechtskonservative Ex-Premier Janez Janša bemühte sich während seiner drei Regierungsperioden, die Medien - insbesondere das öffentlich-rechtliche Fernsehen - unter seinen Einfluss zu bringen. Dabei orientierte er sich nach Angaben des investigativen Nachrichtenportals "Pod črto" an Methoden des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán.

Janšas erste Regierung (2004-2008) änderte 2005 das Rundfunkgesetz, um den Einfluss der politischen Parteien auf die Führung und die Inhalte des öffentlich-rechtlichen Senders RTV Slovenija (RTVS) deutlich zu erhöhen. Das Gesetz wurde von der linksgerichteten Opposition, Medienorganisationen, Journalisten, Experten und u.a. dem Europarat kritisiert und einem Referendum unterzogen. Die neue Regelung, nach der das Parlament fast drei Viertel der Mitglieder des Kontrollgremiums ernennt, wurde bestätigt. Dies ermöglichte es Janšas Partei SDS 2006, die Führungsposten mit ihr nahestehenden Kadern zu besetzen, was laut Kritikern zu einer "politischen Übernahme" des Rundfunks führte. Die linksgerichtete Nachfolgeregierung scheiterte 2010 in einem Referendum mit dem Versuch, die politische Einflussnahme durch Gesetzesänderungen zurückzudrängen. Danach blieb das umstrittene Rundfunkgesetz mehr als zehn Jahre in Kraft.

Langer Journalistenstreik

Als Janša wieder in der Opposition war, verlor er seinen Einfluss auf RTVS, da die linksgerichteten Regierungen die bestehenden Regelungen ebenso effektiv nutzten, um Führungspositionen auszuwechseln. Janšas darauffolgende zweite Amtszeit (2012-2013) wurde durch ein Misstrauensvotum verkürzt, sodass er nicht genügend Zeit hatte, die Kontrolle über den Rundfunk wiederzuerlangen. Dennoch gelang es ihm, Einfluss auf einen Fernsehsender zu nehmen: 2012 gründete die staatliche Telekom den kommerziellen Fernsehsender Planet TV, der damals als Parteiprojekt der SDS galt. Der Sender wurde unter Janšas dritter Regierung (2020-2022) an das ungarische Medienunternehmen TV2 verkauft, das Verbindungen zur ungarischen Regierungspartei Fidesz hat.

Nachdem Janša zum dritten Mal Regierungschef geworden war, wiederholte sich das Szenario. Der Bestellung einer SDS-nahen Rundfunkleitung folgten drastische Änderungen im Informationsprogramm des öffentlich-rechtlichen Fernsehens: Es gab Streichungen politischer Sendungen mit regierungskritischer Berichterstattung, umstrittene Personalbestellungen und Diskreditierungsversuche einzelner Journalisten. Das brachte die Belegschaft auf die Barrikaden. Es folgte ein langer Streik, mit dem die Journalisten institutionelle und redaktionelle Autonomie forderten.

Die jetzige linksliberale Regierung gewann die Wahlen 2022 auch mit dem Versprechen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu entpolitisieren. Noch im selben Jahr wurde das Rundfunkgesetz geändert, um den Einfluss von den politischen Parteien im Kontrollgremium zurück in die Hände der Zivilgesellschaft und der Rundfunkangestellten zu geben. Die SDS bekämpfte die Neuregelung mit einem Referendum, das jedoch scheiterte. Ein Verfahren vor dem Verfassungsgericht verzögerte das Inkrafttreten der Gesetzesänderungen bis zum Frühling 2023.

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