Salzburgs Festspiel-"Spieler": Die Bank wird nicht gesprengt

Raumschiffatmosphäre im steinigen Ambiente der Felsenreitschule
Prokofjews Oper "Der Spieler" feierte Montagabend bei den Salzburger Festspielen ihre umjubelte Premiere.

Der 66-Jährige weiß mit den gewaltigen Dimensionen der Felsenreitschule umzugehen, wo die Dialogoper nach Dostojewskis gleichnamigem Roman im Rahmen der Festspiele überraschenderweise positioniert wurde. Denn letztlich ist das Libretto rund um den fiktiven Casinoort Roulettenburg, in dem der junge Hauslehrer und Spielsüchtige Alexej mit den ihn flankierenden Figuren zwischen Erwartung und Enttäuschung changiert, eher als Kammerspiel denn als großes Musiktheater gesetzt.

Bühnenbild und Licht

Doch der US-Amerikaner Sellars weiß sich auch im weiten Bühnenraum der Felsenreitschule zu behelfen. Mittels gezielter Lichtsetzung gelingen ihm immer wieder intime Momente. Und bei den weniger intimen setzen der Regisseur und sein Bühnenbildner George Tsypin auf Spacetrash in "Raumschiff Orion"-Tradition.

Verständnis des Textes

Objekte in der Zwischenwelt aus Croupiertisch, Kreisel und alter "Star Trek"-Kommandozentrale dominieren abgeranzt, von Moos überwuchert, aber zum bunten Lichterreigen fähig anfangs die Bühne. Dabei verdecken sie einem Teil des Publikums die Sicht auf die Übertitel - was sich bei einer russischen Dialogoper als nur bedingt ideal erweist. Mittels quietschender Seilwinden entschweben die Skulpturen jedoch immer wieder und lassen zwischenzeitlich das Verständnis des Textes zu. Die gewaltigen Dimensionen der Felsenreitschule stören in dieser Inszenierung über weite Strecken nicht, machen beim "Spieler" aber dennoch keinen Sinn.

Dass die Oper im Rahmen ihrer Möglichkeiten überzeugte, ist hier vor allem auf das durchwegs ideal besetzte Ensemble zurückzuführen. In der Hauptpartie des Alexej ist erneut Sean Panikkar zu erleben, der dem Salzburger Publikum bereits aus den zeitgenössischen Produktionen der "Bassarids" und "Intolleranza 1960" ein Begriff ist und sich nun eine weiterer Herausforderung stellt, die er mit angenehm-solider Stimmfarbe meistert.

Darsteller:innen

Juan Francisco Gatell ist mit seinem schneidigen Timbre der ideale zwielichtige Marquis, während Peixin Chen als General ungeachtet seines satten Basses mit großer Artikulationsfähigkeit beeindruckt. Und Festspiel-Star Asmik Grigorian ist eine für ihre Verhältnisse unaufgeregte Polina in der Nebenrolle des Objekts der Begierde von Alexej. Den Reigen komplettiert der erst 30-jährige Russe Timur Zangiev am Pult der Wiener Philharmoniker, der das Orchester mit Schwung durch die von Beginn weg überspannt-flirrende Partitur führt.

Alles in allem gibt es in diesem Salzburger "Spieler" also viele Joker im Rennen, die beileibe keine Glückstreffer sind. Ein rien ne va plus wird somit vermieden. Die Bank sprengt man mit dieser zu dialoglastigen und in ihrer Figurenzeichnung dennoch aseptischen Oper aber nicht.

(Von Martin Fichter-Wöß/APA)

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