APA - Austria Presse Agentur

"Sanatorium Druschba": Utopische Freundschaft auf der Krim

Das "Sanatorium Druschba" (Freundschaft) auf der Krim sieht aus wie eine fliegende Untertasse nach einer Bruchlandung - ein gutes Bild für eine Familienaufstellung von unter dem Sowjetstern einst befreundeten Brudervölkern. Allerdings ist die gleichnamige Doku des österreichischen Regisseurs Harald Hund von der Geschichte überholt worden und führt nun unfreiwillig vor Augen, dass man die Sprengkraft des Konflikts wohl unterschätzt hat.

Der Film ist am 30. April beim Linzer Filmfestival Crossing Europe in der Schiene Local Artists zu sehen. Das Thema Russland und Ukraine war auch in früheren Festivalausgaben präsent, heuer hat es aber besondere Relevanz. "Sanatorium Druschba" entstand freilich bereits vor dem Beginn des Ukraine-Krieges, ebenso wie das aktuelle Festivalprogramm. Der in der aktuellen Situation wohl wichtigste Satz des Streifens wird am Schluss eingeblendet: "Die Interviews für diesen Film wurden 2018 auf der Krim und in Krasnodar (Südrussland) geführt" - also nach der Annexion der Krim, aber vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine. Im Bewusstsein dessen muss man die Doku auch betrachten.

Das namensgebende Sanatorium Druschba ist die betongewordene Manifestation futuristischer Sowjetarchitektur. Als die Bauarbeiten gestartet wurden, sollen die Amerikaner befürchtet haben, hier entstehe eine Raketenabschussbasis. Auf Stelzen hängt die Monstrosität in der Landschaft, wie ein Wespennest aus lauter kleinen Zellen für die Kurgäste. In die Jahre gekommen verbreitet es einen morbiden Charme und Hund zeigt schonungslos und unkommentiert Tristesse und heruntergekommene Reste sowjetischer Monumentalarchitektur.

Der Film besteht lediglich aus Landschafts- und Gebäudeaufnahmen, die mit Berichten Betroffener aus dem Off hinterlegt sind. Wer sie sind - zwei Anwälte, ein Journalist, eine ukrainische Gastarbeiterin und ein Pensionist, alle namenlos - erfährt man leider erst im Abspann, wenn man sie nicht mehr wirklich ihren Aussagen zuordnen kann. Vielleicht will der Filmemacher, der auch sonst auf jeden Rahmen verzichtet, so etwaiger Voreingenommenheit beim Zuseher vorbeugen.

Der eine setzt die Ukraine mit Korruption und Schattenwirtschaft gleich, Russland hingegen sorge für Recht und Ordnung und Wohlstand. Der andere sieht in Russland ein Bürokratiemonster, dessen Verwaltung sich zulasten des Rechtsstaats verselbstständigt hat, und eine Bevölkerung, die sich von den Staatsmedien das Denken abnehmen lässt. Die Gastarbeiterin, die auf der annektierten Krim Arbeit gefunden hat, will sich nicht dafür verteidigen müssen, dass sie hierher gegangen ist. Verständnis, dass Russland sich durch die Annäherung der Ukraine an die EU bedroht fühle, klingt bei dem einen oder anderen durch. Und im Publikum wird sich so manchem die Frage aufdrängen: Wie hätte der Film ausgesehen, wenn er erst nach Kriegsbeginn entstanden wäre?