Schallenberg in Afrika: Sicherheit, Migration und Wirtschaft

Schallenberg besucht den Senegal und Südafrika
Außenminister Alexander Schallenberg reist am Montag nach Afrika. Bei seinen bis Freitag anberaumten Besuchen im Senegal und in Südafrika wird er von einer Wirtschaftsdelegation begleitet, weil neben der Erörterung von (sicherheits-)politischen Themen auch der österreichische Außenhandel beziehungsweise die ökonomische Kooperation forciert werden sollen. Der ÖVP-Minister wird in Afrika wohl auch um Verständnis für die europäische Politik gegenüber Russland werben.

In der senegalesischen Hauptstadt Dakar ist am Dienstag ein Treffen mit Annette Seck Ndiaye geplant, die im Rang einer Ministerin Schallenbergs Amtskollegen Ismaila Madior Fall vertritt. Dieser ist mit Präsident Macky Sall seinerseits auf einer Auslandsreise unterwegs. Zudem sind Gespräche mit Justizministerin Aissata Tall Sall und Wirtschaftsminister Doudou Ka anberaumt. Am Donnerstag wird Schallenberg in Pretoria, wo die südafrikanische Regierung ihren Sitz hat, von Amtskollegin Naledi Pandor empfangen. Am Freitag folgen Termine mit dem Minister für Staatsunternehmen, Pravin Gordhan, und Wirtschaftsminister Ebrahim Patel.

Erwartungsgemäß dürfte auch die Afrikapolitik des russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Sprache kommen. Moskau versucht, seine Aggression in der Ukraine im Globalen Süden als Aufstand gegen westliche Kolonialherrschaft zu verkaufen. Zudem macht sich Moskau bei so manchem zwielichtigen Machthaber auf dem Kontinent beliebt, indem es ohne erhobenen Menschenrechtszeigefinger militärische Unterstützung leistet, etwa in Form der verrufenen Söldnergruppe Wagner.

Im Senegal steht laut Schallenbergs Büro "der Themenkreis Sicherheit, regionale Stabilität und Migration" im Vordergrund. Senegal gelte an sich als Anker der Stabilität am westlichen Ausläufer des "Sahel-Putschgürtels", argumentiert das Außenministerium mit Verweis auf jüngste Putschversuche in Guinea-Bissau (an der Südgrenze Senegals) und in Sierra Leone. Daher ist auch ein Besuch bei den Spezialkräften "Forces spéciales marines" auf der Insel Gorée geplant, deren Kampftaucher vom österreichischen Bundesheer ausgebildet werden.

Der Senegal galt bisher tatsächlich als eine Art Musterbeispiel für Stabilität in Westafrika. Die ehemalige französische Kolonie hat seit ihrer Unabhängigkeit 1960 keinen Krieg oder gewaltsamen Umbruch erlebt und gilt als gefestigte Mehrparteiendemokratie. Es gab drei friedliche Machtwechsel in den Jahren 2000, 2012 und 2019. Ein Putsch blieb dem Land erspart. Außerdem war das mehrheitlich muslimische Land von islamistischen Anschlägen bisher kaum betroffen.

Zuletzt sorgte aber die Ausbootung des führenden Oppositionspolitikers Ousmane Sonko, der an sich bei der Wahl eines neuen Staatsoberhaupts am 25. Februar des kommenden Jahres kandidieren wollte, für Aufregung. Der populistisch agierende Herausforderer hatte mit einem nicht zuletzt antifranzösischen Kurs vermutlich bereits Millionen Anhänger gewonnen, wurde aber nach einer Haftstrafe in einem Missbrauchsfall im Sommer von den Wählerlisten gestrichen.

Der 49-Jährige darf nun weder wählen noch gewählt werden. Er sitzt wegen diverser Vorwürfe seit Ende Juli in Untersuchungshaft, während der er aufgrund eines mittlerweile beendeten Hungerstreiks sogar ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Seine Partei PASTEF ("Patriotische Afrikaner Senegals für Arbeit, Ethik und Brüderlichkeit") wurde von der Regierung aufgelöst, weil sie wiederholt zu gewaltsamen Protesten aufgerufen haben soll.

Sonko war im Februar 2021 von der Mitarbeiterin eines Schönheitssalons, den er häufig besuchte, der Vergewaltigung und Morddrohungen mit einer Waffe beschuldigt worden. Sonko vermutete dahinter jedoch ein von Präsident Macky Sall eingefädeltes Komplott, um ihn aus dem Kampf um die Präsidentschaftswahl 2024 zu werfen.

Seine Festnahme und die verschiedenen seitdem gegen ihn ergangenen Gerichtsurteile - unter anderem wurde er wegen "Verführung der Jugend" in Abwesenheit zu zwei Jahren Haft verurteilt - lösten Großdemonstrationen und blutige Zusammenstöße zwischen seinen Anhängern und der Polizei aus.

Im Zuge der Unruhen wurden mindestens 18 Menschen getötet, mehrere durch Schüsse ungeklärter Herkunft. Es gab unterschiedlichen Angaben zufolge Hunderte bis Tausende Festnahmen. Die Regierung sperrte zeitweise das mobile Internet und setzte die Armee ein, um die Lage zu beruhigen.

Der seit 2012 amtierende Sall erklärte nach den gewaltsamen Protesten, er werde sich nicht um eine umstrittene dritte Amtszeit bewerben und beendete damit jahrelange Spekulationen darüber, ob er trotz einer unter ihm verabschiedeten Beschränkung auf zwei Amtszeiten von je fünf Jahren im Februar 2024 erneut antreten würde.

Der Präsident, der am (heutigen) Montag seinen 62. Geburtstag feiert, löste infolge Anfang Oktober wenige Monate vor den Wahlen in dem westafrikanischen Land die Regierung auf. Im Amt bleibt zunächst nur Ministerpräsident Amadou Ba, der auch als Salls designierter Nachfolger als Präsidentschaftskandidat der Regierungskoalition nominiert wurde. Ba setzte auch eine neues Kabinett ein.

Sall erklärte, Regierungschef Ba sei ein Kandidat, der Partei, Koalition und Land einen könne. Der 62-jährige Ba war zuvor unter anderem Wirtschafts- und Außenminister gewesen. Die rund 17 Millionen Einwohner des Senegals wählen am 25. Februar ein neues Staatsoberhaupt. Derzeit werben Dutzende potenzielle Kandidaten um die nötige Zahl an Unterstützern, um von den Wahlbehörden zugelassen zu werden.

Der Senegal gehört laut Wirtschaftskammer (WKÖ) aktuell zu den "aussichtsreichsten und dynamischsten Märkten Westafrikas" und werde auch in Zukunft eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften bleiben. Vor allem die ursprünglich ab 2021 geplante Öl- und Gasförderung werde der Wirtschaft einen erheblichen Wachstumsschub verleihen und den Staatshaushaltstabilisieren.

Der wirtschaftspolitische Schwerpunkt des Senegals liegt WKÖ-Angaben zufolge im Ausbau des Industrialisierungsprozesses des Landes. Die Regierung setze dabei gezielt auf Unterstützung aus dem Ausland.

Die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen waren jahrelang "relativ schwach ausgeprägt", so die WKÖ. Das positive wirtschaftliche Klima sorge aber für steigende Geschäftschancen und führe zu mehr Lieferungen aus Österreich. Diese Entwicklung ist vor allem dem Export von Baumwolle und Textilien geschuldet, der 81 Prozent der Lieferungen in den Senegal ausmacht. WKÖ-Fazit: "Viele der bunten Stoffe und Kleider aus hochwertigem Damast stammen aus Vorarlberg und erfreuen sich in ganz Westafrika großer Beliebtheit."

Auch beim wichtigen Wirtschaftspartner Südafrika, in dem Schallenberg ab Mittwochabend zu Gast sein wird, werden Handelsfragen eine große Rolle speilen. Ein Drittel der österreichischen Exporte nach Afrika gehen ins Land am Kap. Im Rahmen der Reise findet daher am Donnerstag in Pretoria das "Business Forum South Africa-Austria "statt. Zudem wird das erste Österreichische Kulturforum in Subsahara-Afrika eröffnet. Auf Regierungsebene trifft Schallenberg unter anderen Außenministerin Pandor und Wirtschaftsminister Patel sowie Sydney Mufamadi, den nationalen Sicherheitsberater.

Kommentare