Schallenberg zu FPÖ-Außenministerium: "Will in ÖVP niemand"

Schallenberg kann sich weitere Dienstperiode vorstellen
Außenminister Alexander Schallenberg ist skeptisch, ob der FPÖ nach der Nationalratswahl wieder das Außenministerium überlassen werden könnte. "Eine blaue Übernahme des Außenministeriums ist eine intellektuelle Steilvorlage, die niemand in der ÖVP will - und ich am allerwenigsten." Der ÖVP-Minister zeigte sich im APA-Interview "sehr zuversichtlich, dass wir den Bundeskanzler stellen werden". Sollte er gefragt werden, würde er auch gerne Außenminister bleiben.

Nachsatz: "Und wenn die Umstände passen." Umfragen, in denen momentan die FPÖ vorne liegt, seien etwas anderes als das Endergebnis nach der Wahl am 29. September, argumentierte Schallenberg. Die ÖVP werde wieder die "Nummer eins" werden und Bundeskanzler Karl Nehammer im Amt bleiben, gab sich der Außenminister siegessicher. "Dafür werden wir arbeiten und alles andere ist spekulativ. Jetzt das Fell des Bären zu verteilen, ist der falsche Zeitpunkt", wollte sich Schallenberg auf keine weiteren Spekulationen einlassen. Er selbst erfülle sein Amt "mit großer Freude". Daher würde er sich eine weitere Amtszeit auf Anfrage "sehr gerne" überlegen.

Bezüglich seiner Vorgängerin, Karin Kneissl, die vor einigen Tagen im Namen Russlands vor dem UNO-Sicherheitsrat sprach, merkte Schallenberg an: "Es ist auch menschlich bedauerlich, wie sehr sie sich hier verrannt hat und sich vor den Karren der russischen Propaganda und des russischen Narrativs spannen lässt. Aber ich glaube, nachdem sie dort rein als Privatperson spricht und weder für die Republik, die Bundesregierung oder das Außenministerium, können wir uns weitere Kommentierungen ersparen". Kneissl war zur Zeit der von Bundeskanzler Sebastian Kurz geführten ÖVP-FPÖ-Regierung Außenministerin gewesen, offiziell parteilos, aber auf einem Ticket der Freiheitlichen.

Auf Gerüchte angesprochen, wonach Kneissl in ihrer Amtszeit einen prorussischen Schattengeheimdienst im Außenministerium (BMEIA) installieren wollte, beschwichtigte Schallenberg: "Es gab nie wirklich konkrete Schritte in diese Richtung. Was immer da als Hirngespinste gelaufen ist, hat nie das Licht des Tages gesehen. Gut so. So ein Vorgehen wäre völlig absurd." Es habe möglicherweise eine Phase gegeben, "wo sich manche zu viel Fantasie hingegeben haben". Aber prinzipiell sei das kein Thema: "Wir haben sehr gute Dienste in Österreich, da braucht es keinen weiteren eigenen im Außenministerium."

Allerdings räumte Schallenberg ein, dass gegen "manch handelnde Personen, die im Dunstkreis genannt werden", Ermittlungen eingeleitet worden seien. Der Vorwurf, am Aufbau eines "Schattengeheimdienstes" beteiligt gewesen zu sein, hatte etwa den von Kneissl eingesetzten und mittlerweile suspendierten Generalsekretär im BMEIA, Johannes Peterlik, betroffen.

Äußerungen des FPÖ-EU-Abgeordneten Harald Vilimsky, der in Hinblick auf die neugewählte Parlamentspräsidentin Roberta Metsola, EZB-Präsidentin Christine Lagarde und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen von einem "politischen Hexentrio" gesprochen hatte, das die "Peitsche spüren" solle, meinte Schallenberg: "Vielleicht ist nicht jede Äußerung eines EU-Abgeordneten auf die Goldwaage zu legen, aber alle Politiker, auch jene der FPÖ, sollten sich hin und wieder überlegen, was sie sagen." Derartige Ausdrücke seien ein "unsäglicher Stil". Dieser sei herabwürdigend und versuche, "mutwillig den Grundkonsens in unserer Gesellschaft zu spalten und zerstören". Aber: "Irgendwann wird das den Menschen, die sich einer solchen Sprache bedienen, auch auf den Kopf fallen. Das muss ihnen klar sein."

Dass Österreich wegen der lang andauernden Verhandlungen zur Auswahl eines österreichischen EU-Kommissars in Brüssel einen schlechten Eindruck hinterlasse, sieht Schallenberg nicht. Kritik übte er hingegen an Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), die gegen den Willen des Koalitionspartners ÖVP der EU-Renaturierungsverordnung zugestimmt hatte. Diese Vorgangsweise sei ein "wirklich gefährlicher" Präzedenzfall. "Ich war über viele Jahre zuständig für die EU-Koordinierung in Wien, sowohl im Außenministerium als auch im Bundeskanzleramt. Diesen Fall hat es noch nie gegeben. Auch Minister der FPÖ haben sich nie getraut, so etwas zu machen." Als der damalige Innenminister und heutige FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl 2019 gesagt habe, das Recht müsse der Politik folgen, "gab es zurecht Aufregung", so Schallenberg. "Das ist aber von grüner Seite genauso unzulässig."

Voll stellte sich Schallenberg hinter das von der ÖVP forcierte Thema "Leitkultur". Diese sei "eine klare Formulierung, was wir erwarten von den Menschen, die nach Österreich kommen". Österreich sei im Laufe der Geschichte immer wieder ein sprichwörtlicher "Schmelztiegel" gewesen, ergänzte Schallenberg. "Aber es gab und gibt einen gesellschaftlichen Grundkonsens." Dieser umfasse eben Themen wie "Gleichberechtigung von Mann und Frau, Trennung von Religion und Staat oder Meinungsfreiheit".

Leitkulturen gebe es schließlich auch in anderen Teilen dieser Welt. Jeder Österreicher, der in einem muslimischen Land, in der arabischen Welt oder in Südostasien lebe, müsse sich auch entsprechend verhalten, wie es dort erwartet werde, argumentierte Schallenberg. "Das ist etwas, was wir Österreicher verstehen, und wir können das mit Fug und Recht von Personen verlangen, die nach Österreich kommen. Das hat mitnichten etwas mit Ausländerfeindlichkeit zu tun. Ganz im Gegenteil. Wenn man einem Verein beitritt, dann wird auch erwartet, dass man dort die Statuten und die Regeln einhält. Genauso ist es bei uns."

(Das Gespräch führte Edgar Schütz/APA)

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