APA - Austria Presse Agentur

Schauspielhaus Wien mit guter Bilanz und Zukunftssorgen

Eine "kleine Sensation" zum Auftakt der neuen Spielzeit, große Freude über "Preise am laufenden Band" und doch Sorge um die Zukunft: Das Schauspielhaus Wien präsentierte am Montag nicht nur das Programm der kommenden Spielzeit, sondern zog auch eine erfreuliche Bilanz der laufenden Saison. Sehr deutlich wurde Direktor Tomas Schweigen in seinem Ruf nach einer Valorisierung der Subvention.

"Die Valorisierung ist kein Luxus-Wunsch, sondern eine dringende Notwendigkeit", formulierte Matthias Riesenhuber, kaufmännischer Geschäftsführer des Schauspielhauses Wien, die Dringlichkeit der Lage. Trotz der erfolgreichen Spielzeit, bei der man mit knapp 21.000 Besuchern eine gestiegene Auslastung von 85 Prozent erzielen konnte, komme die fehlende Valorisierung "des ohnehin knappen Budgets" de facto einer jährlichen Kürzung von durchschnittlich 40.000 Euro gleich. Die letzte Subventionserhöhung habe man 2009 erhalten. "Dadurch liegt die Subvention inflationsbereinigt im Jahr 2018 erstmals wieder unter dem Wert von 2008", rechnete der Geschäftsführer vor. Auch eine Kürzung des Bundes um 20.000 Euro führe nun dazu, dass man die Ticketpreise in der kommenden Saison um 10 Prozent erhöhen wird, um den Verlust auszugleichen. Von der Stadt Wien kommen jährlich 1,5 Mio. Euro, vom Bund 380.000 Euro. Das Gesamtbudget lag im Jahr 2018 samt Drittmitteln und Einnahmen bei 2,35 Mio. Euro.

"Ab der Saison 2020/21 haben wir ein Problem", so Schweigen. "Da geht es nicht mehr mit noch billigeren Bühnenbildern. Eine gleichbleibende Subvention hätte dann strukturelle Konsequenzen." Im äußersten Notfall müsste man etwa bei der Nachwuchs- und Autorenförderung einsparen - ein Hauptpfeiler der Tätigkeit des Schauspielhauses, wie zahlreiche Preise zeigen würden, die vom Haus geförderte Autoren und Regisseure in den vergangenen Jahren erhalten haben. So freut man sich in der laufenden Saison etwa über Einladungen zum Festival "radikal jung", den Autorentheatertagen am Deutschen Theater Berlin sowie zu den Mülheimer Theatertagen, wo Thomas Köck bereits zum zweiten Mal in Folge mit dem Dramatiker-Preis ausgezeichnet wurde. Von ihm kommt in der neuen Spielzeit mit "Kudlich in Amerika" ein neues Stück am Schauspielhaus Wien zur Uraufführung (11. Jänner 2020, Regie: Elsa-Sophie Jach gemeinsam mit dem Autor).

Eröffnet wird die neue Spielzeit von einer noch titellosen Uraufführung des Duos Vegard Vinge und Ida Müller am 28. September. Für Tomas Schweigen "eine kleine Sensation", sorgten die beiden doch unter Frank Castorf an der Berliner Volksbühne für viel diskutierte Theaterereignisse. Es ist ihre erste Arbeit in Österreich. Am 13. November bringt dann Tomas Schweigen mit "Im Herzen der Gewalt" die Dramatisierung von Edouard Louis' gleichnamigem Roman auf die Bühne. Laut Dramaturg Tobias Schuster "ein düsteres Weihnachtsstück", in dem der 1992 geborene französische Shootingstar Themen wie Homophobie und Rassismus verarbeitet. Im Jänner folgt das neue Stück von Thomas Köck, in dem er die 2016 am Schauspielhaus begonnene "Kronlandsaga" um den Bauernbefreier Hans Kudlich fortführen wird.

Anna Marboe, die zuletzt Teresa Präauers "Oh Schimmi" auf die Bühne brachte, inszeniert nächste Saison das Gewinnerstück des Hans-Gratzer-Stipendiums, "Angstbeißer" von Wilke Weermann (Premiere am 27. Februar 2020). Laut Schuster ein "schwarzhumoriger Drogen- und Gewalttrip in einer Art Hipster-Trainspotting-Welt". Ans Haus zurück kehrt Miroslava Svolikova nach ihrem Ausflug ans Burgtheater mit ihrem neuen Stück "Rand", das Tomas Schweigen zum Abschluss der Saison Ende April inszenieren wird. Wieder im Programm findet sich auch eine Zusammenarbeit mit der Schule für Dichtung, die ein zweitägiges Festival unter dem Titel "Gebenedeit sei die Wut deines Leibes" veranstaltet. In Kooperation mit uniT Graz werden erneut unterschiedliche Modelle kollektiver Autorenschaft erprobt, wobei Florian Fischer gemeinsam mit der Autorin und Wissenschafterin Ewelina Benbenek ein gemeinsames Rechercheprojekt "über die Repräsentation einer transkulturellen Gesellschaft auf der Bühne" durchführen wird. Premiere von "Tragödienbastard" ist am 4. April 2020. Keine Tragödie ist übrigens der Altersdurchschnitt bei den Besuchern des Schauspielhauses. Dieser sinkt kontinuierlich und liegt laut Angaben des Hauses nunmehr bei 33 Jahren.

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