APA - Austria Presse Agentur

Schlagabtausch zwischen Lula und Bolsonaro in Brasilien

Einen Tag nach seiner Entlassung aus der Haft hat Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva in einer Rede den aktuellen Staatschef Jair Bolsonaro scharf kritisiert. Dieser sei gewählt worden, um für das Volk zu regieren, nicht für die Milizen in Rio de Janeiro, sagte Lula am Samstag vor einer jubelnden Menge am Rande von São Paulo, wie im brasilianischen Fernsehen zu sehen war.

Neben Lula befanden sich mehrere Führungspersonen seiner Arbeiterpartei. Mit Milizen sind paramilitärische Verbrechersyndikate gemeint, die nach Einschätzung von Ermittlern etwa 25 Prozent des Stadtgebiets von Rio kontrollieren. Es hatte zuletzt Spekulationen über mögliche Verbindungen von Bolsonaros Familie zu den Milizen gegeben.

Lula wetterte auch gegen mehrere Mitglieder aus Bolsonaros Kabinett, darunter der frühere Richter und heutige Justizminister Sérgio Moro. Dieser hatte als Untersuchungsrichter die Ermittlungen um den großen Korruptionsskandal "Operação Lava Jato" (Operation Autowäsche) maßgeblich vorangetrieben und Lula verurteilt. Er habe entschieden, sich der Haft zu stellen, statt das Land zu verlassen, sagte Lula. "Weil ich beweisen muss, dass Richter Moro kein Richter war. Er war ein Schurke, der über mich urteilte."

Bolsonaro erwähnte seinerseits Lula in einem Twitter-Eintrag. "Gib dem Gauner, der momentan frei ist, aber voller Schuldgefühle, keine Munition", schrieb der rechte Präsident.

Nach 580 Tagen hinter Gittern hatte der 74-jährige Lula am Freitag das Polizeipräsidium der südlichen Stadt Curitiba verlassen, wo er seit April 2018 eine achtjährige Haftstrafe wegen Korruption verbüßte. Ein Richter hatte seine vorläufige Freilassung angeordnet, nachdem der Oberste Gerichtshof entschieden hatte, dass in erster und zweiter Instanz verurteilte Straftäter bis zur Ausschöpfung aller möglichen Rechtsmittel auf freiem Fuß bleiben dürfen.

Lula soll von dem Bauunternehmen OAS die Renovierung eines Luxus-Appartements im Küstenort Guarujá angenommen haben und der Firma im Gegenzug Aufträge des halbstaatlichen Ölkonzerns Petrobras in Aussicht gestellt haben. Der linke Ex-Staatschef dementiert die Anschuldigungen und spricht von einer Verschwörung gegen ihn.