APA - Austria Presse Agentur

Schönborn: Werden die Globalisierung korrigieren müssen

Kardinal Christoph Schönborn hofft als Konsequenz aus der Corona-Krise auf eine Umdenken in der Gesellschaft: "Wir werden die Globalisierung korrigieren müssen", sagte der Wiener Erzbischof am Sonntag in der ORF-"Pressestunde", die aus dem erzbischöflichen Palais gesendet wurde, weil Schönborn als "Risiko-Kandidat" nur im Home Office arbeitet.

Für Schönborn stellt sich die Frage, ob Konzerne weltweit "Gewinne abgrasen" sollen, ohne Steuern zu bezahlen. Das werde nach der Krise hoffentlich nicht so weitergehen. Der Kardinal hält internationale Solidarität für ein "Gebot der Stunde", allerdings mit einer starken regionale Verwurzelung. Als positives Signal wertet er, dass Österreich nun von China Schutzausrüstung bekomme, nachdem zuvor Österreich China in der Krise geholfen habe.

Zu der mancherorts aufgeworfenen Frage, ob das Virus eine Strafe Gottes sei, plädierte der Kardinal dafür, die Gottesfrage hier herauszulassen. Die Frage sei vielmehr, ob unser Lebensstil angepasst sei. Für ihn stellt sich die Frage: Muss man übers Wochenende zum Shoppen nach London fliegen, muss man Weihnachten auf den Malediven verbringen oder muss man Luxuskreuzfahrten machen. Die Antwort für Schönborn lautet: "Die Krise wird das Angesicht der Erde verändern."

Der Wiener Erzbischof hofft auch, dass die Krise den sogenannten "Helden des Alltags" künftig mehr Wertschätzung der Gesellschaft bringt. Er wünscht sich, dass die Krise einen "Zuwachs an Menschlichkeit" bringt und man etwa Straßenbahnfahrern oder Raumpflegerinnen respektvoller begegnet.

Wenn das Coronavirus auch auf die Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln übergreifen sollte, wäre das für Schönborn eine Katastrophe. Dringend nötig wäre es seiner Ansicht nach, Flüchtlinge von den Inseln auf das Festland zu bringen, nicht aber unbedingt, Flüchtlinge nach Österreich zu holen. Der Kardinal bekräftigte, dass die Kirche zur Umsetzung der Vorgaben der Regierung die Menschen bitte, Taufen und Hochzeiten zu verschieben. Begräbnisse könnten nur mit maximal fünf Personen am offenen Grab stattfinden. Gedenkgottesdienste könnten aber später nachgeholt werden.

Mit Maßnahmen zur Vermeidung von Härtefällen etwa bei Mietrückständen will die katholische Kirche auf Vorgaben der Regierung warten. Ob es Stundungen oder Nachlässe beim Kirchenbeitrag gebe, müsse jeweils im persönlichen Gespräch geregelt werden.

Lob hatte der Wiener Erzbischof für das Krisenmanagement der Regierung parat. Diese gehe einen guten und verantwortungsvollen Weg. Auch die Mitarbeit der Opposition und der Sozialpartner gibt nach Ansicht Schönborns "Hoffnung für das Land". Zu dem 38 Milliarden-Hilfspaket äußerte Schönborn die Erwartung, dass die Ärmsten und Schwächsten der Gesellschaft nicht vergessen werden. Klein- und Mittelbetriebe müssten besonders geschützt werden.

Dass Ostern heuer angesichts der Ausgangsbeschränkungen nicht wie gewohnt gefeiert werden kann, ist für Schönborn zwar "schmerzlich, aber es ist trotzdem Ostern." Der Glaube hänge nicht davon ab. Die Rolle der Frauen in der Kirche bleibt auch nach der Amazonien-Synode für Schönborn eine offene Frage und eine "Wunde". Gleichzeitig verwies der Kardinal aber darauf, dass dieses Thema leider in allen Weltreligionen auf dem Tisch sei. Beim Thema Missbrauch in der katholischen Kirche gibt es nach Ansicht Schönborns "noch viel aufzuarbeiten". Das habe viel mit Machtfragen zu tun, hier müsse es "weitere Verbesserungen" geben.

Nachdem Schönborn wegen der Corona-Krise den Vorsitz in der Bischofskonferenz noch nicht abgeben konnte, geht der Kardinal davon aus, dass bei der nächsten Sitzung im Juni die Bischofskonferenz einen Nachfolger wählen wird. Auch wenn er dann nicht mehr diese Funktion haben und der Papst auch sein Rücktrittsgesuch als Erzbischof annehmen werde, werde er weiterhin als Kardinal tätig sein, kündigte Schönborn an. "Ich möchte nicht einfach die Patschn ausziehen".