Tiroler ÖVP-Urgestein Schöpf aus Partei ausgetreten
Der frühere Tiroler Gemeindeverbandspräsident und ÖVP-Urgestein Ernst Schöpf ist aus der Volkspartei ausgetreten bzw. hat seine Parteimitgliedschaft zurückgelegt. Schöpf bestätigte der APA am Donnerstag einen Bericht der Tirol-Ausgabe der "Kronen-Zeitung". Der Bürgermeister von Sölden führte als Grund für den Entschluss die Causa rund um das insolvente Dienstleistungsunternehmen des Gemeindeverbandes, GemNova, an. Dabei fühlte er sich von den Parteifreunden im Stich gelassen.
Das Fass zum Überlaufen gebracht habe der einstimmige Beschluss des Gemeindeverbands-Vorstandes im Juli, wonach gegen ihn und Ex-GemNova-Geschäftsführer Alois Rathgeb sowie den damaligen Steuerberater der GemNova eine Feststellungsklage auf Schadenersatz eingebracht werde, erklärte Schöpf, der von 2009 bis 2023 dem Gemeindeverband vorstand und von 1994 bis 2003 für die ÖVP im Tiroler Landtag saß. Ihn "gerichtlich verfolgen zu lassen" - das habe ihn endgültig zu dem Entschluss gebracht, dass er der "Werte- und Gesinnungsgemeinschaft" ÖVP nicht mehr angehören wolle.
"Ich bin enttäuscht von langjährigen Weggefährten", machte Schöpf, seit 1986 Bürgermeister von Sölden, gegenüber der APA deutlich. Als er wegen der Causa GemNova zu Unrecht im Kreuzfeuer gestanden sei, hätten "alle weggeschaut" statt sich hinter ihn zu stellen, am Ende sei er "einsam" gewesen. Auch die generellen Abläufe, die zur "Zertrümmerung der GemNova" führten, hätten das Übrige dazu beigetragen.
Der 63-jährige Schöpf war nicht nur Gemeindeverbandspräsident und Landtagsabgeordneter, sondern auch von 1996 bis 2000 stellvertretender ÖVP-Landesparteiobmann sowie von 1994 bis 2002 ÖVP-Bezirksparteiobmann von Imst. Er galt über viele Jahre stets als gewichtiger Grande in der Tiroler ÖVP und auch für höhere Weihen geeignet. Einen Namen machte er sich auch in der Causa Agrargemeinschaften, in der er sich auch mit seiner politischen Heimat anlegte.
Bürgermeister von Sölden will Schöpf indes bleiben. Die Söldener Bürger würden wissen, "dass der Ernst Schöpf kein krimineller Falott ist."
Die GemNova war mit der Muttergesellschaft und fünf Tochtergesellschaften in die Pleite gerutscht. Die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaften betrugen rund 4,3 Mio. Euro. Die Muttergesellschaft eingerechnet beliefen sich die Passiva insgesamt auf bis zu 10 Mio. Euro. Einen Großteil der Mitarbeiter der "Tochter" Bildungspool Tirol GmbH - sie beschäftigte mit Abstand die meisten Mitarbeiter in dem Firmenkonstrukt - fing das Land über eine eigens gegründete gemeinnützige Gesellschaft auf.
Die Causa hatte die Tiroler Landespolitik im vergangenen Jahr monatelang beschäftigt. Endgültig besiegelt hatte die Pleite eine Bürgermeisterkonferenz des Gemeindeverbandes Mitte Juli. Dort war die geforderte Zustimmung von 90 Prozent der 276 Ortchefs für die Anhebung der Mitgliedsbeiträge um 1,1 Mio. Euro nicht erreicht worden und damit die von Schöpf geplante Sanierung gescheitert. Schöpf zog sich letztlich von der Verbandsspitze zurück. Er ortete und kritisierte wiederholt ein Aufbauschen der Causa, verbandsinterne Intrigen und eine mediale Kampagne bzw. "mediale Hinrichtung" gegen ihn. Ende März wurde bekannt, dass die Innsbrucker Staatsanwaltschaft gegen Schöpf und Rathgeb wegen des Verdachts der betrügerischen Krida und der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen ermittelt.
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