Nach Trump-Sager: Scholz bekräftigt NATO-Beistandsgarantie
"Jegliche Relativierung der Beistandsgarantie der NATO ist unverantwortlich und gefährlich", sagte Scholz Montagabend bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk in Berlin.
Tusk sagte, die Trump-Äußerungen sollten "wie eine kalte Dusche" wirken und Europas Staaten zu mehr Investitionen in die eigene Sicherheit bewegen. Scholz kritisierte, Aussagen wie jene Trumps seien "einzig und allein im Sinne Russlands". Das Schutzversprechen der NATO gelte "uneingeschränkt: alle für einen, einer für alle", bekräftigte der deutsche Kanzler. An den polnischen Regierungschef gerichtet betonte Scholz: "Die Sicherheit Polens ist auch unsere Sicherheit, dafür fühlen wir uns verantwortlich."
Scholz bekräftigte in diesem Zusammenhang, Deutschland werde im laufenden Jahr zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben - und werde dies "für alle Zeit tun". Die entsprechenden Entscheidungen seien nach seiner "Zeitenwende"-Rede am 27. Februar 2022 getroffen worden.
Trump, der derzeit aussichtsreichste Bewerber um die republikanische Präsidentschaftskandidatur, hatte am Samstag bei einer Kundgebung im US-Staat South Carolina über ein nicht näher beschriebenes Treffen mit dem Präsidenten eines NATO-Staates berichtet. "Einer der Präsidenten eines großen Landes stand auf und sagte: 'Nun, Sir, wenn wir nicht zahlen und von Russland angegriffen werden, werden Sie uns dann beschützen?'"
"Ich sagte: 'Sie haben nicht gezahlt, Sie sind säumig?'", berichtete Trump. In dem Fall werde er das Land nicht beschützen. Er werde Russland sogar ermutigen zu tun, "was immer sie wollen", sagte Trump.
Der polnische Staatschef Tusk sagte bei seinem Berlin-Besuch, er sei "davon überzeugt, dass diese Worte von Donald Trump wie eine kalte Dusche für uns alle wirken sollten". Europa müsse in der Sicherheitspolitik auf die "volle Zusammenarbeit mit den USA hoffen", aber auch in die eigene Sicherheit investieren.
Tusk sagte, Wirtschaftsleistung wie Bevölkerung der EU seien erheblich größer als die Russlands - und ergänzte: "Wir müssen also auch nicht militärisch schwächer sein." In diesem Zusammenhang sagte Tusk, er halte die Worte des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu einer möglichen Europäisierung der französischen Atomwaffen für die nukleare Abschreckung "sehr wichtig". Solche Signale europäischer Partner müssten "wirklich ernst" genommen werden.
Tusk meinte in Berlin auch, dass Polens neue Regierung mit Berlin Gespräche über den Umgang mit einer Wiedergutmachung für die im Zweiten Weltkrieg erlittenen Schäden aufnehmen wolle. Im formalen und rechtlichen Sinne sei die Frage der Reparationen zwar seit vielen Jahren abgeschlossen, sagte der polnische Regierungschef nach seinem Treffen mit Scholz.
Wenige Stunden zuvor hatte Tusk in Paris Macron persönlich getroffen. Macron pochte dabei auf den Ausbau der europäischen Rüstungsindustrie. Zudem kündigte er ein neues französisch-polnisches Abkommen an, das unter anderem eine engere Zusammenarbeit beim Ausbau der Atomenergie umfasse.
Parallel zum Treffen zwischen Tusk und Scholz trafen sich in La Celle-Saint-Cloud nahe Paris die Außenminister Frankreichs, Deutschlands und Polens. Danach gaben die Chefdiplomaten Pläne bekannt, gemeinsam gegen russische Cyberangriffe und Propaganda vorgehen zu wollen.
Frankreichs Außenminister Stéphane Séjourné kündigte einen neuen "Warnmechanismus" für Frankreich, Deutschland und Polen an. Es gehe darum, solche Versuche der Destabilisierung aufzudecken und öffentlich bekannt zu machen. Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock sagte im Anschluss: ""Gemeinsam lassen wir nicht zu, dass das Vertrauen der Menschen von außen untergraben wird."
Das Treffen fand im Rahmen des sogenannten Weimarer Dreiecks statt, dem die drei Staaten angehören. Das seit 1991 bestehende Format bringt drei der bevölkerungsreichsten und militärisch stärksten EU-Mitglieder zusammen. Das Format soll nach Informationen aus Diplomatenkreisen wieder belebt werden, da der Regierungswechsel in Warschau die Zusammenarbeit vereinfachen dürfte. Der ehemalige EU-Ratspräsident Tusk hatte Ende vergangenen Jahres Mateusz Morawiecki von der rechtsnationalistischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) als Ministerpräsident abgelöst.
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