APA - Austria Presse Agentur

Schramböck: Einen weiteren Lockdown darf es nicht geben

Einen weiteren Corona-Lockdown "darf es nicht geben, das wäre für die Wirtschaft eine Katastrophe", sagt Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) angesichts einer drohenden vierten Infektionswelle und ruft eindringlich dazu auf, sich impfen zu lassen.

Es sei wichtig, dass die Wirtschaft wieder wächst, denn nur das generiere Arbeitsplätze und Steuereinnahmen und in weiterer Folge eine Reduktion der Neuverschuldung, sagte Schramböck im Gespräch mit der APA.

Anders als bei den vorangegangenen Infektionswellen seien inzwischen viele Menschen geimpft, sagte Schramböck. "Wir hatten jetzt die zehnmillionste Impfung und wir fangen jetzt an mit den dritten Impfungen." Wer jetzt noch zögere sich impfen zu lassen, müsse bedenken, dass es nicht nur um die eigene Gesundheit gehe, sondern auch um die Gesundheit anderer Menschen. Die Impfung mache einen wesentlichen Unterschied gegenüber früher: "Die Gesundheitsexperten sagen, dass der Verlauf bei einer Erkrankung sehr viel milder ist, dadurch gibt es weniger Ausfälle und weniger Hospitalisierungen. Auch wenn es wieder mehr Ansteckungen gibt, wird die Inzidenz nicht mehr so das entscheidende Merkmal sein, weil weniger Leute ernsthaft erkranken."

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Die Corona-Pandemie sei jenen eine Lehre gewesen, die gesagt hätten, man brauche kein Wirtschaftswachstum, sagte die Ministerin. Corona habe "live gezeigt, was dann passiert: sehr viele Arbeitslose und große Probleme für die Unternehmen mit all den Konsequenzen, die wir haben". Wirtschaftswachstum generiere Arbeitsplätze und Steuereinnahmen, die ermöglichen, die Schulden wieder zurückzufahren. "Natürlich muss es irgendwann wieder darauf hinauslaufen, dass man wieder in Richtung eines ausgeglichenen Budgets kommt."

Bisher habe man schon wichtige Impulse gesetzt, etwa mit der Investitionsprämie. "Wir haben schon 240.000 Anträge und wir haben jetzt 120 Millionen Euro schon ausbezahlt. Das heißt, das sind jene Unternehmen, die ihre Projekte schon abgeschlossen und die Rechnungen schon eingereicht haben, die haben schon ihre 14 Prozent zurückgekriegt." Man habe einen Rahmen von 7,8 Mrd. Euro. "Ich rechne damit, dass 5 Milliarden tatsächlich abgeholt werden."

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Wichtig sei es jetzt, die digitale Transformation und Innovation zu unterstützen "und zu schauen, wie man das Fachkräfte-Thema lösen kann". Außerdem brauche man Infrastrukturprojekte, insbesondere den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Bahn. Aber auch Straßen seien weiterhin wichtig: "Auch Elektroautos können nicht fliegen."

Zur in den letzten Wochen neu aufgeflammten Diskussion über die Abschaffung des Dieselprivilegs sagte Schramböck, dass eine ökosoziale Steuerreform so ausgeglichen sein müsse, dass die Logistikunternehmen dabei nicht benachteiligt werden. "Die Lösung bei solchen Themen sind nicht Verbote, sondern Innovation und Fortschritt." Eine Rückerstattung der Mineralölsteuer für Unternehmen, wie es sie in einigen Nachbarländern gebe, sei nur eine von verschiedenen Möglichkeiten.

Es stehe noch nicht fest, welche Technologien sich etwa in der Mobilität durchsetzen werden, und "Politik kann sich nicht herausnehmen, das zu wissen". "Wir müssen den Erfinderinnen und Erfindern und Forscherinnen und Forschern die Freiheit lassen, dass sie in die verschiedenen Richtungen forschen." Das gilt laut Schramböck aber nicht für den Einsatz der Atomenergie, die vom Weltklimarat (IPCC) neben anderen Maßnahmen empfohlen wird, um die CO2-Emissionen zu senken. "Das ist halt in unserer Verfassung enthalten, das Volk hat sich so entschieden und das ist definitiv so."

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Österreich setzt weiterhin auch auf die Entwicklung der Wasserstoff-Nutzung. So habe man mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) eine "Wasserstoff-Allianz" vereinbart. "Das Ziel ist einfach, die besten Köpfe zusammenzuschließen und Know-how auszutauschen." Im Herbst werde sie deshalb auch im Rahmen der Expo 2020 nach Dubai reisen. In Österreich habe man bereits einen Wasserstoff-Cluster gegründet, in dem alle Institutionen kooperieren und sich austauschen, das wolle man nun auch über die Grenzen hinaus tun.

In der Luftfahrt gehe es nicht darum, dass die Mobilität selbst die Herausforderung sei, sondern der CO2-Ausstoß. "Es muss in die Richtung alternative Treibstoffe gehen."

Europa könne beim Thema CO2-Ausstoß nicht alleine vorgehen, das müsse man "auf Augenhöhe mit den USA und China regeln", sonst würden europäische Unternehmen benachteiligt und es komme zu einer Wettbewerbsverzerrung. Sie sei grundsätzlich für einen CO2-Importzoll gewesen, aber so, wie er jetzt geplant sei, "wird er nicht so gut funktionieren". Der Vorschlag der EU-Kommission sehe jetzt CO2-Zölle etwa auf Stahl und Energie vor, aber nicht auf Endprodukte. Damit würden die Grundstoffe für die Produktion in Europa und die europäischen Produkte teurer. Chinesische Stahlexporte würden etwa nach Malaysia umgelenkt, wodurch die Produktion dort noch billiger werde. Diesen Mechanismus könnte man durch Exportförderungen ausgleichen, meint Schramböck.

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Um die Bedeutung der Exportwirtschaft im Bewusstsein der Menschen zu stärken, will das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer eine "Exportplattform" aufbauen, die "Best Practices zeigen und Unternehmen vor den Vorhang holen soll".

Auf europäischer Ebene wünscht sich Schramböck eine Überarbeitung des europäischen Wettbewerbsrechts, das noch aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg stamme und die Schaffung großer europäischer Unternehmen verhindert habe, die auf Augenhöhe mit Konzernen aus den USA oder China konkurrieren können. Derzeit sei das europäische Wettbewerbsrecht so gestaltet, dass es nach innen gerichtet sei und nicht nach außen. "Aber wir stehen im Wettbewerb mit China und den USA. Es ist nicht relevant, ob Wettbewerb zwischen einer Region in Belgien und in Frankreich stattfindet oder nicht." Deshalb müsse das Wettbewerbsrecht auf europäischer Ebene angepasst werden, "das ist eine klare Message an die (EU-Wettbewerbskommissarin, Anm.) Margrethe Vestager."

Das Investitionskontrollgesetz, das Übernahmen durch Unternehmen außerhalb der EU in gewissen Branchen erschweren soll, habe zu mehr Übernahmeprüfungen geführt - ob bei solchen Übernahmen auch Auflagen verhängt wurden, wollte Schramböck noch nicht verraten, der detaillierte Bericht werde erst im Herbst dem Parlament vorgelegt und dürfe vorher nicht veröffentlicht werden.

Ein Schlüssel für die Stärkung des Wirtschaftsstandorts seien die Fachkräfte, sagte die Ministerin. "Aber wir werden das Fachkräfte-Problem mit den 15- und 16-Jährigen nicht lösen, schon gar nicht mit den Männern, es gibt nicht genügend." Es müsse daher in Richtung Lehre für Erwachsene gehen. Darum habe man die "Duale Akademie" ins Leben gerufen. "Das heißt Lehre nach der Matura, nicht Lehre mit Matura." Das Besondere daran sei eine verkürzte Lehrzeit von zwei Jahren, eigene Berufsschulklassen für Erwachsene sowie Auslandsaufenthalte. Es sei dann eine Abschlussarbeit zu schreiben. "Dann mache ich die Lehrabschlussprüfung und nach einem Jahr Praxis kann ich dann ansuchen und bin Absolventin oder Absolvent der Dualen Akademie."

Das habe in Oberösterreich in verschiedenen Berufen schon sehr gut funktioniert. In Tirol und in der Steiermark gebe es auch schon entsprechende Pläne und auch mit Wien sei man im Gespräch. Sie empfehle dabei einen starken Fokus auf neue IT-Lehrberufe, E-Commerce-Coding und die Umwelt-Lehrberufe. Das wäre vor allem für AHS-Maturanten sinnvoll.

Spekulationen, wonach sie nach Tirol wechseln könnte, um dort nach der Landtagswahl eine Koalition mit der FPÖ zu ermöglichen, erteilte die gebürtige Tirolerin Schramböck eine Absage. "Das steht weder zur Debatte noch ist es eine Option", sagte Schramböck. Debattiert wird in Tirol eine mögliche Vorverlegung der Landtagswahl von Anfang 2023 auf Herbst 2022. FPÖ-Parteichef Markus Abwerzger schloss dabei eine Koalition "mit der Platter-ÖVP" aus.