APA - Austria Presse Agentur

Schweizer Bundespräsident Cassis zu Auftaktbesuch in Wien

Der neue Schweizer Bundespräsident Ignazio Cassis stattet seinem Amtskollegen Alexander Van der Bellen am heutigen Donnerstag einen Antrittsbesuch in Wien ab. Zudem wird der Schweizer Außenminister auf bilateraler Ebene mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zusammentreffen. Der 60-jährige Politiker der Schweizer Liberalen (FDP) hatte mit Jahresanfang turnusmäßig das Amt Bundespräsidenten übernommen.

Van der Bellen empfängt Cassis um 10.30 Uhr im Inneren Burghof mit militärischen Ehren. Für 12.00 Uhr ist eine Pressekonferenz in der Geheimen Ratsstube geplant. Ein Treffen mit Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) wird es nicht geben, da sich dieser an diesem Tag beim informellen EU-Außenministerrat in Frankreich aufhält, wie das Außenministerium auf APA-Anfrage mitteilte. Ein persönliches Treffen mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ist nicht möglich, weil sich dieser wegen einer SARS-CoV-2-Infektion noch bis zum Wochenende isolieren muss, wie am Mittwochabend bekannt wurde.

Laut dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) werden sich die Gespräche in Wien "um die Umsetzung der Strategischen Partnerschaft zwischen der Schweiz und Österreich zwecks Vertiefung der bilateralen Beziehungen drehen", aber auch um die nächsten Schritte der Schweiz in der Europapolitik sowie die Bewältigung der Corona-Pandemie.

Das zuletzt etwas getrübte Verhältnis der Schweiz zur Europäischen Union ist prinzipiell einer der Schwerpunkte auf Cassis' Agenda für das Jahr 2022. Bern hatte die Verhandlungen über ein Rahmenabkommen zur Regelung der Beziehungen mit der EU im Mai 2021 abgebrochen. Die Europäische Kommission fordert neue Schweizer Vorschläge noch im Jänner. In der Corona-Pandemie hat die ausgeprägt föderalistische Schweiz in den vergangenen zwei Jahren weniger scharfe Maßnahmen ergriffen als Österreich. Zuletzt waren die Omikron-Infektionszahlen aber laut Medienberichten mit fast 33.000 Fällen fast doppelt so hoch wie in Österreich, ohne dass es darüber große Diskussionen gibt.

Weiter will Cassis in Wien "internationale Aktualitäten und die Zusammenarbeit im multilateralen Bereich" diskutieren, aber auch Themen wie "Science Diplomacy", die die Schweiz in den kommenden Jahren verstärkt ausbauen möchte. Während des Besuchs in der österreichischen Hauptstadt stehen demnach auch Treffen mit dem polnischen Außenminister Zbigniew Rau und der Generalsekretärin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Helga Schmid, auf dem Programm. Polen hat 2022 den OSZE-Vorsitz inne. Während dieser Gelegenheit wird Ignazio Cassis den Schweizer Aktionsplan OSZE 2022-2025 vorstellen. Dieser definiert die Ziele und Prioritäten der Schweiz im Hinblick auf das 50-Jahr-Jubiläum der Schlussakte von Helsinki 2025. Die Schweiz strebe mit ihrem Aktionsplan die Bewahrung und gleichzeitige Revitalisierung bisheriger OSZE-Errungenschaften an und leiste damit einen Beitrag zur Stärkung der OSZE als eine Plattform für Dialog zur europäischen Sicherheit, hieß es im Vorfeld der Reise in Bern.

Auf der Rückreise von Wien nimmt Bundespräsident Cassis an der 50. Internationalen Bodensee-Konferenz auf dem Säntis teil. Dort ist ein bilaterales Gespräch mit dem Liechtensteiner Regierungschef, Daniel Risch, geplant. Kommende Woche wird Cassis in Berlin zu einem Auftaktbesuch erwartet.

Der Tessiner Liberale (FDP) Cassis löste mit Jahreswechsel Wirtschaftsminister Guy Parmelin ab, der die Eidgenossenschaft 2021 präsidierte. Die sieben Mitglieder der Schweizer Bundesregierung (Bundesrat) wechseln sich jedes Kalenderjahr im Amt des Präsidenten ab. Der Bundespräsident übernimmt repräsentative Aufgaben und leitet die Kabinettssitzungen. Die Amtsinhaber bleiben gleichzeitig Fachminister.

Die Schweizer Bundespräsidenten absolvieren traditionell in den ersten Wochen ihres Amtsjahres einen Antrittsbesuch im Nachbarland Österreich. Parmelin war am 1. März 2021 in Wien gewesen. Im Mittelpunkt der Gespräche stand damals die Corona-Pandemie, insbesondere die Entwicklung von Impfstoffen.

Der seit Jänner 2017 amtierende Van der Bellen hatte im Februar 2017 seinen ersten bilateralen Besuch in der Schweiz absolviert. Er traf damals die amtierende Bundespräsidentin Doris Leuthard und absolvierte Besuche an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich sowie beim Pharmaunternehmen Roche in Basel. Eine weitere Visite ein Jahr später führte ihn unter anderem zum UNO-Sitz in Genf sowie zum Europäischen Kernforschungszentrum (CERN). Im September 2018 fand das jährliche Treffen mit seinen Amtskollegen aus den deutschsprachigen Ländern in der Engadiner Ortschaft Sils Maria im Ostschweizer Kanton Graubünden statt.