Serie zeigt Bon Jovis Jubiläumsritt über Berg und Tal

Musiker Jon Bon Jovi und Doku-Regisseur Gotham Chopra
Vor 40 Jahren erschien das selbstbetitelte Debütalbum von Bon Jovi, seither hat die Band aus New Jersey eine beispiellose internationale Karriere hingelegt. Das Jubiläum nimmt die Band nun zum Anlass, mit der vierteiligen Dokuserie "Thank You, Goodnight", die ab 26. April auf Disney+ läuft, einen Blick zurück zu werfen. Mit "Forever" legt Bon Jovi am 7. Juni auch ein neues Album vor. Dass es dazu fast nicht gekommen wäre, zeigt die sehr intime Serie nun eindrucksvoll.

Juni 2022: Jon Bon Jovi sitzt mit Drei-Tage-Bart und kratziger Stimme in seinem Keller und geht alte Videoaufnahmen aus den 1980er Jahren durch. Hinter ihm liegen harte Wochen, hat er sich doch einer Stimmbandoperation unterzogen und kann nicht abschätzen, ob er jemals wieder auf der Bühne stehen wird. Es ist wohl eine der verletzlichsten Eingangsszenen, die man je in einer Dokumentation gesehen hat - und doch bildet jener Tiefpunkt in der Karriere des sonst als Strahlemann bekannten Leadsängers den Rahmen für "Thank You, Goodnight - The Bon Jovi Story".

Regisseur Gotham Chopra, der sich bisher vor allem einen Namen als Dokumentarist im Sportbereich gemacht hat, begleitet den Sänger über ein Jahr lang auf seinem schmerzvollen Weg voller Rückschläge. Ausgehend von Interviews mit dem 62-Jährigen sowie zahlreichen Wegbegleitern leben die vier Folgen, die jeweils mehr als eine Stunde dauern, vor allem von Rückblenden auf die steile Karriere der Band. Dabei nimmt sich Chopra vor allem für das erste Jahrzehnt ausladend Zeit und braucht für die 1980er-Jahre - in die die großen Platten "Slippery When Wet" mit der ikonischen Hymne "Livin' On A Prayer" und "New Jersey" fallen - zwei ganze Folgen. Vor allem in den Interviews mit Bandmitgliedern wie dem Drummer Tico Torres, Keyboarder David Bryan und dem 2013 ausgestiegenen Gitarristen Richie Sambora wird deutlich, welchen Tribut die Band aufgrund nicht enden wollender Welttourneen zahlte, bevor man 1990 erstmals scheinbar vor dem Aus stand.

Im Zeitraffer widmet man sich schließlich in der dritten Folge der Zeit von 1990 bis 2013, in der die Band sich neu erfand und mit Alben wie "Keep The Faith" und "These Days" versuchte, in den 90ern Fuß zu fassen und den Hairrock hinter sich zu lassen. Wie wichtig das unablässige Touren für die breite Fanbase war, wird auch anhand der weniger erfolgreichen Alben in den 2010er-Jahren nachgezeichnet, die trotzdem zu Rekorderlösen bei Ticketverkäufen führten. So offen wie bis dahin über Differenzen in der Band gesprochen wurde, so sehr warten eingefleischte Fans auf die größte Disruption, als Sambora 2013 mitten in einer Tournee ausstieg. Und man wird nicht enttäuscht: Alkoholprobleme werden ebenso zum Thema gemacht wie gekränkte Eitelkeiten beim Songwriting. Die vierte und letzte Folge fokussiert schließlich auf die vergangenen zehn Jahre, in die u.a. die Aufnahme in die Rock'n'Roll Hall of Fame fällt, bei der alle (auch bisherigen) Bandmitglieder auf der Bühne standen sowie der Tod des ehemaligen Bassisten Alec John Such.

Auch das sozialpolitische Engagement Jon Bon Jovis und seiner Ehefrau Dorothea, mit der er seit der Highschool zusammen ist und vier Kinder hat, bekommt viel Raum. Besonders berührend sind die ersten Besuche im Studio nach der Stimmbandoperation, in der der Sänger nach einer verunglückten Gesangsprobe auch mal weinend auf die Couch sinkt. Und so ist "Thank You, Goodnight" kein reines Zelebrieren einer außergewöhnlichen Karriere, sondern das reflektierte, ungewohnt offene Porträt eines Mannes und einer Band, die ihre eigenen Ansprüche stets zu übertreffen trachten. Die letzten Minuten geben schließlich Anlass zur Hoffnung, wenn die Band die aktuelle Single "Legendary" anstimmt. Der Titel des 16. Albums spricht schließlich Bände: Es heißt "Forever".

(Von Sonja Harter/APA)

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