Iran: Shah-Sohn will für Demokratie auf Thron verzichten

Reza Pahlavi bei der Münchner Sicherheitskonferenz
Die Islamische Revolution und den Sturz seines Vaters Anfang 1979 erlebte Reza Pahlavi (62) auf einer US-Luftwaffenbasis in Texas, wo er sich zum Kampfflieger ausbilden ließ.

Auch wenn auf seiner Visitenkarte nur ein schlichtes "Secretariat of Reza Pahlavi. Washington, DC" steht, ist er nach dem Verständnis von Monarchisten der iranische Kronprinz. Der Übergang zur Demokratie ist ihm aber wichtiger als der Pfauenthron, wie er im APA-Interview in München versichert.

"Nein, das ist nicht schwierig für mich", sagte er auf die Frage, ob er sich trotz seiner Ansprüche zu einer demokratischen Republik bekennen würde. "Ich habe immer gesagt, dass ich die Republik wählen würde, wenn ich mich zwischen einer säkularen Republik oder einer Erbmonarchie entscheiden müsste." Wichtig sei nämlich, dass die künftige iranische Regierung "auf dem Willen und der Entscheidung des Volkes" beruhe. Etwas anderes könnte er "nicht erklären".

Pahlavi nahm am Samstag im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz an einer Podiumsdiskussion mit anderen Regimegegnern wie der Frauenrechtlerin Masih Alinejad teil. Man sei geschlossen im Bestreben, das Mullah-Regime zu stürzen, betonten beide danach gegenüber der APA. Die Unterschiede sollen beiseite geschoben werden, und die Wähler danach in freien Wahlen über die künftige Staatsform entscheiden.

Alinejad berichtete, dass sie selbst früher an eine Reform des Regimes geglaubt habe. Nun kritisiert sie Politikerinnen wie die französische Sozialistin Ségolène Royal oder die EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton und Federica Mogherini, die jahrelang nach Teheran gefahren seien und dort ein Bekenntnis zum Respekt der kulturellen Eigenheiten des Iran abgegeben hätten. "Was ich ihnen sage ist, dass sie eines der barbarischesten Regime respektieren, das es gibt, nämlich die religiöse Diktatur des Iran." Mittlerweile seien sich alle Iranerinnen und Iraner - die weltlichen und religiösen, die Hijab-Gegnerinnen und Hijab-Befürworterinnen - einig, dass sie in einer säkularen Republik besser aufgehoben wären als im jetzigen Regime.

"Niemand von uns hier tritt für ein Amt an", sagte Pahlavi mit Blick auf sich und seine Mitstreiterinnen. "Ich setze mein politisches Kapital dafür ein, beim Übergang zu helfen. Wir arbeiten als Gruppe zusammen, um einen Prozess ins Laufen zu bringen", erläuterte der Sohn des letzten Shah. Ein erster Schritt soll der Beschluss einer Charta mit Grundsätzen für die künftige staatliche Ausrichtung des Iran sein, die von den verschiedenen regimekritischen Gruppen gemeinsam vertreten werden. Menschenrechte und Religionsfreiheit sollen dabei wesentliche Elemente sein.

Politische Rolle im Iran?

Pahlavi machte aber klar, dass er einer eigenen politischen Rolle im neuen Iran nicht abgeneigt wäre. Es könnte nämlich sein, dass es Bedarf einer Art "Schirmherrschaft" in der Form einer Monarchie geben könnte, die nicht direkt in die Regierung involviert wäre. "Vielleicht könnten wir innovativ sein und sagen, dass wir eine gewählte (Monarchie) hätten?", sagte er unter Verweis auf Staatspräsidenten mit eher repräsentativen Zuständigkeiten wie in Israel oder Indien. Eine rein dekorative Rolle nach Vorbild der englischen Queen würde ihm aber nicht schmecken, wie er augenzwinkernd sagte. "Ich sage den Leuten immer, dass ich nicht für deren Freiheit kämpfe, um dann selbst ihr erstes Opfer zu sein. Auch ich will frei sein, und will nicht eine Verfassungsrolle übernehmen, bei der ich nicht frei von der Leber weg reden darf."

Die aktuelle Protestbewegung im Iran sieht der Königssohn mit Genugtuung. Immer mehr Kräfte, die bisher auf eine Reform der Islamischen Republik gesetzt hätten, schlössen sich den Regimegegnern an. Erst kürzlich habe sich etwa der frühere Präsidentschaftskandidat Mir-Hossein Moussavi entsprechend geäußert. Die westliche Politik gegenüber dem Iran wertet Pahlavi als gescheitert. Sie habe jahrelang auf der "falschen Prämisse" beruht, "dass die bösen Buben durch Sanktionen zu guten Buben werden". "Verhaltensänderung war die falsche Erwartung, eine Veränderung des Regimes ist die Lösung."

Noch kein Umsturz sei ohne Unterstützung von außen erfolgreich gewesen, betonte Pahlavi mit Verweis auf die Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc in Polen oder die Anti-Apartheid-Bewegung in Südafrika. So äußerte er eine Reihe konkreter Erwartungen an den Westen: Technische Unterstützung wie Kommunikationsgeräte, um die Vernetzung der Regimegegner im Land zu erleichtern, Sanktionen gegen die Revolutionsgarden und die Möglichkeit, dass Exil-Iraner die Opposition direkt mit Geld unterstützen können. Die Finanzaktionen gegen das Mullah-Regime würden nämlich auch die Oppositionellen treffen. "Wir sollten einen Weg finden, dass die guten Leute Geld bekommen, ohne dass die bösen Leute es wegnehmen."

Die Sanktionen gegen die Revolutionsgarden seien wesentlich, weil diese eine zentrale Rolle für Staat und Wirtschaft spielen. Sie hätten aber auch eine symbolische Bedeutung, weil es ein Signal an Teile der Sicherheitskräfte wäre, sich vom Regime zu distanzieren. Eben diesen solle auch eine Amnestie angeboten werden. "Wir wollen so viele Überläufer wie möglich, damit es zu einer Implosion des Regimes kommt", skizzierte Pahlavi. Die stillschweigende Unterstützung der Reformbewegung durch Teile der Wachkörper sei auch wichtig, damit das Land beim Zusammenbruch des Regimes nicht in Chaos und Anarchie abgleite.

Pahlavi und Alinejad diskutierten bei der Münchner Sicherheitskonferenz unter anderem mit dem Chef des außenpolitischen Ausschusses im US-Senat, Bob Menendez. Nachdem iranische Regimevertreter in den vergangenen Jahren Stammgäste in München gewesen waren, blieben die Türen des Bayerischen Hofs heuer für sie geschlossen. Ob Reza Pahlavi und seine Mitstreiter vielleicht einmal als offizielle Repräsentanten des Iran zur Sicherheitskonferenz kommen werden, steht in den Sternen. Der Shah-Sohn ist jahrzehntelanges Warten auf politischen Wandel gewohnt. Auf die Frage, wann er das Ende des Mullah-Regimes erwarte, springt er wie von der Tarantel gestochen auf und macht einen großen Schritt in Richtung Tür, begleitet von der schelmischen Frage: "Darf ich meine Glaskugel holen?"

(Das Interview führten Stefan Vospernik/APA und Konrad Kramar/Kurier)

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