APA - Austria Presse Agentur

Shanghai Autoshow als Hoffnung für deutsche Hersteller

In der Pandemie ist China der "große Lichtblick" für deutsche Autobauer, denen viele österreichische Firmen zuliefern. Der weltgrößte Automarkt dürfte heuer um mindestens 6 Prozent wachsen. Besonders boomt der Absatz von Elektroautos, der um 70 Prozent zulegen könnte, sagen Branchenexperten vorher.

Nach einem langsamen Start bei der Elektromobilität in China will Volkswagen mit Milliardeninvestitionen und neuen Modellen kräftig aufholen. Der große Stadtgeländewagen ID.6, der am Sonntag vor der internationalen Automesse in Shanghai vorgestellt wurde, soll als "Flaggschiff" die Wende bringen. Heuer will Europas größter Autobauer mehr als 100 000 E-Autos in China verkaufen.

Mit rund Tausend Ausstellern ist die "Auto China" in Shanghai, die am Montag beginnt, inzwischen die größte Automesse der Welt. Bis zum 28. April werden Hunderttausende Besucher in den zwölf Messehallen erwartet. Da China das Coronavirus seit dem vergangenen Sommer weitgehend im Griff hat, ist es nach Peking im September schon die zweite große Automesse im Land in nur sieben Monaten. Allerdings müssen Besucher negative Coronatests vorweisen, ihre Körpertemperatur messen lassen und mit einer Handy-App nachweisen, dass ihre Teilnahme unbedenklich ist und sie nicht in Risikogebieten waren.

In der Corona-Krise wird China für Autobauer noch einmal wichtiger. Der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht die "große Lokomotive". "China fährt allen davon", sagt der Direktor des Center Automotive Research (CAR) in Duisburg. Auch in den USA werde es besser, da das riesige Konjunkturpaket der neuen Regierung von US-Präsident Joe Biden auch Autos fördert. "Aber das wird bei weitem nicht so stark wie China sein", glaubt Dudenhöffer. Südamerika versinke im Chaos. "Europa wird eher stagnieren beziehungsweise kleine Zuwächse haben."

Die schnelle Wirtschaftsentwicklung in China treibt den Absatz. Im ersten Quartal erlebte die zweitgrößte Volkswirtschaft ein Rekordwachstum von 18,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Regierung rechnet in diesem Jahr mit "mehr als sechs Prozent" Wachstum, der Internationale Währungsfonds (IWF) sogar mit acht Prozent. So schnell soll auch der Gesamtmarkt wachsen. Und so schnell wollen auch Volkswagen und die anderen Autobauer zulegen.

In den ersten drei Monaten sind die Neuzulassungen sogar um 76 Prozent auf 6,48 Millionen Pkw-Verkäufe gestiegen. Der große Sprung lässt sich durch die niedrige Vergleichsbasis vor einem Jahr erklären, als das Land zu Beginn der Corona-Krise stillgestanden hatte. Trotzdem bleibe ein echter Zuwachs von "gut 20 Prozent".

Doch bremst der Chipmangel. "Wenn du schon Pech hast, kommt noch Unglück dazu", greift Volkswagens China-Chef Stephan Wöllenstein, auf eine Redensart zurück. Er rechnet auch im zweiten Quartal noch mit "beträchtlichen Auswirkungen". Das Problem werde bis 2022 bestehen. Dass die Halbleiter-Produktion nicht in den Händen der Autoindustrie liege, "ist ein fatales Problem, das nicht so leicht gelöst werden kann", sagte der Direktor von Chinas Vereinigung der Autohändler, Jia Xinguang. Dabei hätten Autos immer komplexere Probleme wie autonomes Fahren und Energieverwaltung zu lösen - gerade Elektro-Autos.

Volkswagen will die Transformation vorantreiben: In zwei bis drei Jahren will die Kernmarke in China bei alternativen Antrieben einen ähnlich hohen Marktanteil haben wie heute bei Benzinern mit knapp 15 Prozent, sagt VW-Manager Wöllenstein. "Volkswagen hat die gute Tradition, teilweise etwas später, aber umso heftiger zu kommen." Derzeit hat VW bei Elektroautos nur einen Marktanteil von drei bis vier Prozent, was in diesem Jahr aber schon zweistellig werden soll.

Um die Dominanz chinesischer Marken und des amerikanischen Herstellers Tesla zu brechen, investiert Volkswagen in den nächsten vier Jahren allein 15 Milliarden Euro in E-Mobilität in China. "Wir werden zwei bis drei Jahre brauchen, um Tesla zu überholen", hofft Wöllenstein. Erleichtert wird das Geschäft mit den E-Autos in China dadurch, dass viele chinesische Städte aus Angst vor Smog und Verkehrskollaps die Zulassung von Autos begrenzen.

Es ist weniger gewachsenes Umweltbewusstsein als vielmehr die Tatsache, dass es leichter, billiger oder schlicht der einzige Weg ist, ein Nummernschild für Elektro-Autos zu bekommen. Alternative Antriebe haben heute schon einen Marktanteil von mehr als fünf Prozent. Bei reinen Batterieautos sind es noch rund vier Prozent. aber die Konkurrenz ist enorm. Chinesische Startups wie Nio, Xpeng oder Lynk&Co drängeln sich am Markt. Auch Technologie-Riesen wie Huawei oder Xiaomi wittern das Geschäft und wollen jetzt Autos bauen - auch weil es zunehmend um Software und Konnektivität geht.

Die Karten werden neu gemischt, wobei die deutschen Autobauer ihre starke Position gerade im Premiummarkt verteidigen müssen. China ist mit Abstand ihr wichtigster Markt. Überhaupt wird heute schon jedes dritte Auto weltweit in China verkauft. Volkswagen macht rund 40 Prozent seines globalen Geschäfts im Reich der Mitte. "Unsere Autobauer sind ohne China nicht mehr vorstellbar", sagt Dudenhöffer. "Die Jobs in München, Stuttgart oder Wolfsburg hängen an China." Es gebe aber keine Alternative: "Entweder Deutschland bleibt im Autogeschäft und dann mit China. Oder wir steigen in China aus - dann steigen wir auch aus der Autoindustrie aus."