APA - Austria Presse Agentur

Silvia Stantejsky in Burgtheater-Prozess schwer belastet

Die langjährige kaufmännische Geschäftsführerin des Burgtheaters, Silvia Stantejsky, ist am Freitag in ihrem Prozess wegen Untreue, Veruntreuung und Bilanzfälschung schwer belastet worden. Der deutsche Theaterregisseur David Bösch stellte am Wiener Landesgericht entschieden in Abrede, er habe Stantejsky Honorare in Höhe von mehr als 185.000 Euro zur Verwahrung überlassen.

Die 64-Jährige hatte in ihrer Beschuldigteneinvernahme behauptet, Bösch, der ab 2009 an der Burg mehrere Inszenierungen als Gastregisseur betreute, ehe er 2013 fix angestellt wurde, habe ihr den Großteil seiner Honorare anvertraut, weil er dafür zunächst keinen Bedarf gehabt hätte. Als sie als Burg-Geschäftsführerin einige Rechnungen nicht mehr bezahlen konnte, habe sie sich auch an Böschs Vermögen vergriffen und damit "Löcher gestopft".

In Wahrheit dürfte die seit mehr als 30 Jahren an der Burg tätige Stantejsky das Vertrauen Böschs beinhart ausgenutzt haben, als dieser als Nachwuchsregisseur ans Burgtheater geholt wurde. Das machte der mittlerweile 41-Jährige in seiner Zeugenaussage im Grauen Haus deutlich. Bösch wurde in der Saison 2009/2010 vom damals neuen Burg-Chef Matthias Hartmann erstmals für die Inszenierung "Adam Geist" verpflichtet. Das sei für ihn "die größte Ehre, die man sich vorstellen kann" gewesen, schilderte Bösch. Er sei den Verantwortungs- und Entscheidungsträgern Hartmann und Stantejsky "mit großer Ehrfurcht, mit großem Respekt" begegnet: "Das ist ja das größte deutschsprachige Theater in Europa." Er sei "fest davon ausgegangen, dass diese Personen vertrauenswürdig sind".

Der junge Theatermacher war damals am Schauspielhaus Bochum angestellt und verdiente dort seinen Angaben zufolge monatlich mehr als 5.000 Euro brutto. Auf die Honorare, die er für seine Inszenierungen erhielt, die er ab 2009 auf Werkvertragsbasis in Wien auf die Bühne stellte - neben "Adam Geist" waren das "Stallerhof", "Romeo und Julia", "Gespenster" und "Der Talisman" - war er zunächst aus finanzieller Hinsicht nicht angewiesen. Er forderte daher weder die Auszahlung noch die Überweisung seiner Burgtheater-Honorare an und begnügte sich mit überschaubaren Bar-Behebungen an der Hauptkassa. Anfang 2014, nachdem sein Engagement in Bochum geendet hatte, "bin ich erst draufgekommen, dass die Monatsgehälter nicht überwiesen wurden", gab Bösch zu Protokoll. Da habe er dann nachgefragt: "Ich habe gesagt, ich möchte mein Geld haben", erinnerte sich Bösch im Zeugenstand. Das Burgtheater bzw. Stantejsky hätten ihm "bestätigt, dass es im Burgtheater ist". Gesehen habe er von den ihm zustehenden 185.000 Euro nichts. Er habe vielmehr "das Geld bis heute nicht bekommen. Ich gehe davon aus, dass es im Burgtheater ist und die Dinge sich klären", meinte der 41-Jährige.

Die Version, die Stantejsky hinsichtlich seiner Honorare dem Gericht dargelegt hatte, sei "unrichtig", betonte Bösch: "Ich bin mir sicher, dass ich nie eine Beauftragung (zur Verwahrung, Anm.) gegeben habe." Allerdings habe ihn Stantejsky nach ihrer Entlassung angerufen und ihn um Folgendes gebeten: "Wenn ich mit der KPMG (das Unternehmen war mit der Überprüfung der Finanzlage an der Burg betraut worden, Anm.), soll ich sagen, dass ich 185.000 Euro in bar erhalten habe." Er habe darauf "Aber das stimmt ja nicht!" geantwortet, worauf Stantejsky "Dann kann ich mich gleich erhängen" erwidert hätte. "Ich war geschockt von der Aussage", verriet Bösch dem Schöffengericht.

Stantejsky bestätigte diese Darstellung. Das Telefonat habe "so wortwörtlich" stattgefunden, gab sie zu. Dann wandte sie sich direkt an den Zeugen und versicherte, mit den Tränen kämpfend: "David, es tut mir leid, dass ich dich da so reingezogen habe. Es war nicht geplant." Sie habe neben ihren eigenen Mitteln auch Böschs Honorare zum Begleichen von Außenständen gebraucht.

Oberstaatsanwältin Veronika Standfest verfolgte diese Vorgänge mit großem Interesse und machte sich einige Notizen. Möglicherweise wird sie im weiteren Verhandlungsverlauf die Anklage gegen Stantejsky in Richtung Bestimmung zur falschen Zeugenaussage ausdehnen.

Auf die Frage, warum er ab 2014 seine Honorare nicht energischer eingefordert hätte, meinte Bösch: "Mir wurde gesagt, das ist gang und gäbe, dass man das Geld am Burgtheater später ausbezahlt bekommt." Das hätten schon Christoph Schlingensief und Einar Schleef gewusst.

Seitens Stantejskys gab es den Versuch einer Schadensgutmachung mit Bösch. Die Angeklagte hatte lange vor Abschluss der gegen sie gerichteten strafrechtlichen Ermittlungen die Überweisung von vorerst 9.250 Euro an den deutschen Regisseur veranlasst. Dessen Berliner Anwältin wies jedoch den Versuch einer außergerichtlichen Streitbeilegung zurück. Auf die abschließende Frage, was seiner Vermutung nach mit seinem Geld geschehen sei, entgegnete Bösch, er habe zunächst angenommen, "das wird diese Löcher im Burgtheater gestopft haben. Jetzt sieht man auch andere Dinge."

Die Verhandlung wird am kommenden Montag fortgesetzt. Als Zeugen geladen sind unter anderem Ex-Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann, der ab 9.00 Uhr aussagen soll, und Georg Springer, der ehemalige Chef der Bundestheater-Holding. Dieser dürfte nach 10.00 Uhr zu Wort kommen.