APA - Austria Presse Agentur

"Solidarität mit Salman Rushdie": Lesung am Heldenplatz

Die Zahl der bis 16 Uhr vorgesehenen Lesenden war deutlich größer als jene des vor dem Erzherzog-Karl-Denkmal am Heldenplatz erschienenen Publikums.

Die Gruppenlesung mit dem etwas sperrigen Titel "Solidarität mit Salman Rushdie und allen verfolgten Autor:innen, Künstler:innen, Menschen weltweit" war am Dienstag mehr ein Künstlerstatement als ein Publikumsevent. Die Polizei hatte ein waches Auge - allerdings wenig klimafreundlich aus Mannschaftswägen mit laufenden Motoren.

Die Grazer Autorinnen Autorenversammlung, IG Autorinnen Autoren und P.E.N. Österreich hatten aufgerufen - und rund 50 Autorinnen und Autoren hatten sich zur Verfügung gestellt, um insgesamt vier Stunden lang aus dem Roman "Die satanischen Verse" zu lesen. "Wer Salman Rushdie angreift, greift uns und unser aller Freiheit an. Das Attentat auf ihn ist ein Angriff auf die Allgemeinen Menschenrechte", hatte es im Aufruf geheißen, der eine Reaktion auf das Attentat am 12. August war. In einer Veranstaltungshalle im Ort Chautauqua im Westen des US-Bundesstaats New York war der Autor vor einer Lesung von dem 24-Jährigen Hadi Matar angegriffen und durch Messerstiche schwer verletzt worden. Der britisch-indische Schriftsteller wird seitdem in einem Krankenhaus im angrenzenden Pennsylvania behandelt. Er habe "schwerwiegende und lebensverändernde Verletzungen" erlitten, berichtete sein Sohn Zafar Rushdie.

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Der Angriff sei auch "ein Angriff auf das freie Wort und auf alle von uns, die Literatur schreiben und lesen", gewesen, sagte Schriftsteller Doron Rabinovici um 12.15 Uhr zum Auftakt der Lesung. Man erhebe heute gemeinsam die Stimme, weil jedes verschwiegene Wort auch ein verlorenes sei. Man habe Respekt vor dem Glauben aller Menschen. "Es gibt aber auch den säkularen Raum - und den gilt es zu verteidigen."

Wegen Rushdies Werk "Die satanischen Verse" aus dem Jahr 1988 hatte der damalige iranische Revolutionsführer Ajatollah Chomeini dazu aufgefordert, den Autor zu töten. Er warf ihm vor, den Islam, den Propheten und den Koran beleidigt zu haben. In dem Buch kommt unter anderem eine Figur vor, die dem Propheten Mohammed ähnelt. Die Kritik lautet, dass Rushdie den göttlichen Ursprung des Koran infrage stellte. Auf das Todesurteil folgten damals eine dramatische Flucht Rushdies und jahrelanges Verstecken. Seit mehr als 20 Jahren lebt er in New York.

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Den Parcours durch den Roman, nach dem seit dem Attentat wieder eine starke Nachfrage in den Buchhandlungen registriert wurde, eröffnete Vea Kaiser, die für die erste Lesetranche gemeinsam mit Rabinovici, Susanne Ayoub und Clemens Berger auf der Minibühne auf der offenen Ladefläche eines Lkw Platz genommen hatte. In Abständen von fünf Minuten wurde bei der Lesung von Romanauszügen die Lesestafette übergeben. Auf der langen Leseliste standen Literatinnen und Literaten von Renate Aichinger bis Waltraud Zechmeister und von Lydia Haider bis Renate Welsh - bis gegen 16 Uhr Vea Kaiser wieder den Abschluss machen sollte.