APA - Austria Presse Agentur

Spanien nimmt Coronavirus mit Humor

Jeden Morgen begrüßt @CoronaVid19 seine stetig wachsende Fangemeinde mit seinen Plänen für den jeweils neuen Tag. Mal kündigt der Online-Spaßvogel an, im Lidl in Madrid vorbeizuschauen oder sich die Haare schneiden zu lassen. "Keine Lust zu arbeiten? Hier ist mein PayPal-Account", twittert er.

Er erzählt, wie er kürzlich auf Teneriffa war und dort zahlreichen Touristen in einem Hotel den Urlaub verlängert hat. Aus der Perspektive des Coronavirus beschreibt der User mit Witz und schwarzem Humor, wie sich derzeit die Epidemie in Spanien ausbreitet.

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Spanien ist aktuell mit 13.716 und 588 Tote nach Italien das Land mit den meisten Coronavirus-Fällen in Europa. Im Kampf gegen das Coronavirus hat die spanische Regierung in der Nacht zum Sonntag bereits den Notstand ausgerufen und eine allgemeine Ausgangssperre verhängt. Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen, Universitäten, Restaurants, Bars und Geschäfte sind geschlossen. Bürger dürfen das Haus nur noch verlassen, um zur Arbeit, zur Apotheke und zum Arzt zu gehen oder um lebensnotwendige Besorgungen im Supermarkt zu machen. Die Maßnahme gilt zunächst 15 Tage lang. Doch Gesundheitsminister Salvador Illa deutete bereits eine Verlängerung von bis zu einem Monat an. Polizei und Armee kontrollieren auf den Straßen die Einhaltung der Ausgangsspeere.

Die Lage ist ernst. Dennoch reagieren die Spanier in sozialen Netzwerken und Medien mit viel Humor und Ironie auf die Notlage. "@CoronaVid19" hat bereits 690.556 Follower. Viele haben sich Namen anderer Viren gegeben und leisten sich sarkastisch-witzige Dialoge mit ihm. "@Gripe_Comun" (Gewöhnliche Grippe) beklagt sich über mangelnde Aufmerksamkeit. "@Mascaravirus" ärgert sich jetzt schon, als "Mundschutzmaske" bald arbeitslos zu werden, sollte ein Impfstoff gegen das Coronavirus gefunden werden.

Der Psychologe José Elías Fernández hält die Scherze und Witze in den sozialen Medien nicht für geschmacklos, sondern sieht in ihnen ein "gutes Rezept, mit der Angst umzugehen". "Gerade nach der am Samstag landesweit verhängten Ausgangssperre kann es vielen helfen, mit den Witzen die bedrückende Situation, in der eigenen Wohnung eingesperrt zu sein, besser zu verkraften - und natürlich die Angst vor dem Virus", so Fernández im Gespräch mit der APA. Der rege Email- und WhatsApp-Verkehr, um die Witze zu verschicken, führe außerdem dazu, dass die Menschen verstärkt über soziale Medien im Kontakt stehen, was das Gefühl des Alleinsein zusätzlich mindere, erklärt José Elías Fernández.

Lachen werde vielen Menschen helfen, in den kommenden Wochen mit der Einsamkeit, negativen Gedanken und der Tristesse zurechtzukommen. Und zum Lachen gibt es derzeit in WhatsApp-Foren eine Menge. Im Hausarrest durchdrehende Kinder, Panikräume mit Klopapierrollen, vom ständigen Gassi gehen vollkommen erschöpfte Hunde. Einige Eltern haben ihre Kleinkinder in Hundekostüme gesteckt, da neben Besuchen im Supermarkt und Apotheken das Ausführen des Hundes derzeit eine der wenigen Ausnahmen ist, die Wohnung verlassen zu dürfen.

Natürlich fehlen auch keine Scherze, wie man sich am besten im Zuge der Hamsterkäufe im Supermarkt im Kampf um das Klopapier durchschlägt. Es gibt Audio-Apps, mit denen man das Bier im Wohnzimmer zur gewohnten Kneipengeräuschkulisse genießen kann. Die Kreativität kennt derzeit keine Grenzen. Spanische Musiker geben im Internet über ihre Twitter-Accounts oder anderen Foren kostenlose Konzerte. Schriftsteller geben virtuelle Lesungen, um den Menschen in der Quarantäne die Zeit zu vertreiben. Theaterschauspieler stellen witzige Monologe ins Internet.

Niemand weiß, wie lange die Quarantänezeit noch dauert und das Coronavirus im Land grassiert. So versuchen sich die Spanier mit zum Schmunzeln anregenden Aktionen gegenseitig Mut zu machen - positives Denken, Solidarität. So gibt es in Spanien seit Samstagabend ein Ritual: Jeden Tag um diese Zeit treten Hunderttausende Menschen im ganzen Land an ihre Fenster und Balkone, um zu applaudieren. Der minutenlange Beifall gilt den Ärzten, Sanitätern, Krankenpflegern, Müllmännern, Reinigungskräften und Supermarktangestellten und ihrem unermüdlichen Einsatz im Kampf gegen das Coronavirus. Autofahrer begleiten die Bravo-Rufe und das Klatschen der Menschen mit Hup-Konzerten. Doch bei so einem Lärm kann "@CoronaVid19" nicht schlafen.