APA - Austria Presse Agentur

SPÖ-Parteitag mit großem Programm

Die SPÖ geht am Wochenende in ihren 46. Bundesparteitag und es wird der erste sein, an dem sich Andreas Babler als Solo-Kandidat zum Parteivorsitzenden küren lässt. Ein Prozentziel legte ihm seine künftige Stellvertreterin Julia Herr am Mittwoch bei einem Pressegespräch nicht. Viel lieber referierte sie mit Bundesgeschäftsführerin Sandra Breiteneder zentrale Punkte der über 300 Seiten starken Antragsmappe. Diese enthält wenig Neues, dafür viele sozialdemokratische Klassiker.

Am ehesten überrascht, dass man im ersten der gesamt zwölf Leitanträge beim Prestigeprojekt Arbeitszeitverkürzung auf eine konkrete Forderung nach einer 32-Stunden-Woche verzichtet. Stattdessen wirbt man für einen Pilotversuch, die Arbeitszeit zu senken - und das bei vollem Lohnausgleich. Breiteneder verwies auf erfolgreiche Versuche etwa in Irland und Großbritannien. Die Bundesgeschäftsführerin ist überzeugt, dass dies auch in Österreich machbar wäre. Unternehmen sollen zunächst freiwillig mitmachen und finanziell und organisatorisch unterstützt werden. Weniger arbeiten müssten viele auch, wenn die SPÖ-Forderung nach einer sechsten Urlaubswoche umgesetzt wird.

Zweites Leuchtturm-Projekt der SPÖ ist die Jobgarantie - ein von der öffentlichen Hand gefördertes Beschäftigungsmodell für ältere Arbeitslose und für benachteiligte Menschen. An einer ähnlichen Forderung waren die rot-schwarzen Koalitionsverhandlungen in Niederösterreich gescheitert. Die SPÖ-Spitzen betonten bei der Präsentation der Leitanträge freilich, dass diese kein Wahlprogramm seien und ihnen klar sei, dass man bei Koalitionsverhandlungen nicht alle Punkte durchbringen würde. Das heiße aber nicht, dass man diese nicht mit Blick auf die Zukunft bei einem Parteitag beschließen solle, so Herr.

Sie bewarb dann auch die SPÖ-Vorschläge zur Bekämpfung der Teuerung mit dem medial viel beachteten Wunsch, leistbares Leben in der Verfassung zu verankern. Dazu kommen die Forderungen im Gesundheits- und Pflegebereich. Herr verwies darauf, dass sich der Ärztemangel durch Pensionen weiter verschärfen werde, man also jetzt schon gegensteuern müsse. Daher wirbt die SPÖ für eine Verdoppelung der Medizinstudienplätze bei Bevorzugung jener, die sich danach verpflichten, dem öffentlichen Gesundheitssystem zur Verfügung zu stehen. Für Wahlärzte soll es Mindeststandards geben, neben gewissen Öffnungszeiten die Teilnahme am e-card-System und an einem zu entwickelnden Notfallbehandlungssystem. In der Pflege setzt man auf eine Ausbildungsoffensive, bessere Arbeitsbedingungen sowie höhere Bezahlung.

Eher klein gehalten ist die Flüchtlingsfrage, die in das Europakapitel integriert ist. Unter anderem spricht sich die SPÖ für legale Fluchtwege in die EU aus. Das Kaiser/Doskozil-Papier mit Aufnahmezentren an den EU-Außengrenzen behält seine Gültigkeit. Gestreift wurde bei dem Pressegespräch auf Nachfrage die Eskalation im Nahen Osten. Herr skizzierte die Linie der SPÖ einerseits in der Tradition Franz Vranitzkys mit dem Selbstbestimmungsrecht Israels, andererseits in jener Bruno Kreiskys, der immer wieder auf das Leiden der Palästinenser hingewiesen habe.

Weitere Punkte, die heute weniger im Mittelpunkt standen, betreffen die Forderungen nach Millionärs- und Erbschaftssteuer, einem Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz ab dem ersten Lebensjahr, einem warmen, gesunden und kostenlosen Mittagessen in allen Bildungseinrichtungen, der Einführung einer Kindergrundsicherung, einem Verbot von Privatjets und der Wiedereinführung der abschlagsfreien "Hacklerregelung".

Stattfinden wird der Parteitag Samstag und Sonntag in der Grazer Messe, wobei der zweite Tag ganz im Zeichen der EU-Wahl steht. Abgesegnet wird dabei die Kandidatenliste, an deren Spitze Andreas Schieder und Evelyn Regner thronen. Der Verzicht der burgenländischen Partei auf Kandidaten, weil man sich bei der Listenerstellung ungerecht behandelt fand, führt nun zur ungewöhnlichen Situation, dass der Bewerber der kleinen Vorarlberger Landespartei dank des Reißverschlusssystems sogar auf Platz sieben vorrutscht, der freilich kaum für ein Ticket nach Brüssel reichen wird.

Spannender verspricht es ohnehin am Samstag zu werden. Babler, der sich beim kuriosen Parteitag in Linz quasi erst im Nachspiel durchgesetzt hat, muss sich erstmals alleine vor den Delegierten beweisen. Auch wenn die Partei weiter alles andere als geeint ist, müsste er ein besseres Ergebnis schaffen, als es Pamela Rendi-Wagner bei deren letzten Antreten 2021 gelungen ist - das waren 75,3 Prozent. Interessant wird, wie die Kandidaten aus Wien bzw. dem Burgenland bei der Wahl zu Präsidium und Vorstand abschneiden. Beiden Lagern könnten empfindliche Streichungen drohen. Die Landesparteichefs Michael Ludwig und neuerlich Hans Peter Doskozil treten gleich gar nicht an. Die burgenländische Parteispitze lässt den Parteitag soundso aus und widmet sich Veranstaltungen zum Landesfeiertag.

Auch wenn die Genossen aus der Bundeshauptstadt nicht glücklich damit sind, dürfte es dank Statutenänderungen einen neuen Modus zur Wahl der Parteispitze geben. So soll künftig die Basis abstimmen, sollte sich mehr als ein Kandidat für das Amt bewerben. Auch die Möglichkeit einer Abwahl über die Mitglieder während einer laufenden Amtsperiode soll es geben.

Darüber zu entscheiden haben am Samstag gut 600 Delegierte. Dazu kommen noch rund 400 Gäste, wobei man laut Breiteneder hier vor allem neu eingetretene Mitglieder berücksichtigt hat.