APA - Austria Presse Agentur

SPÖ warnt vor Pleitewelle bei Privaten wegen Coronakrise

Die SPÖ warnt vor einer coronabedingten Pleitewelle bei Privatpersonen und fordert von der türkis-grünen Regierung erneut einen Schuldnerschutzschirm. "Die Covid-Pandemie hat viele Haushalte in eine Situation gebracht, wo sie in eine Schuldenspirale gekommen sind", sagte SPÖ-Konsumentensprecher Christian Drobits am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien. Am stärksten betroffen seien Einkommensschwache, alleinerziehende Frauen und Pensionisten.

Drobits hatte am 22. April einen Entschließungsantrag für ein Schuldnerschutzschirm-Gesamtpaket mit zehn Maßnahmen im Nationalrat eingebracht. Im Ausschuss für Konsumentenschutz am 4. Mai stimmten ÖVP, Grüne und NEOS gegen den Antrag und die SPÖ sowie FPÖ dafür. Der Antrag sei von der ÖVP wegen "Komplexität" abgelehnt worden, so der SPÖ-Konsumentensprecher. Er werde die Maßnahmen nun als Einzelanträge einbringen. Drobits appellierte an die Grünen die Initiative zu unterstützen.

Das von Drobits geforderte Schuldnerschutzschirm-Paket umfasst unter anderem folgende Punkte: Ein Zinsen- und Spesenstopp bei gestundeten Krediten, keine abrupten Kreditkündigungen - auch bei der Kontoüberziehung, Corona-Sonderzinssatz für Kontoüberziehungen und keine Negativeinträge in Wirtschaftsdatenbanken. Weiters sollen Verzugszinsen und Betreibungskosten sowie Inkassokosten begrenzt werden, eine Revision der Verbraucherkredit-Richtlinie (VKrRL) und Umsetzung im Verbraucherkreditgesetz (VKrG) umgesetzt und eine Ombudsstelle durch das Sozialministerium installiert werden.

Der Geschäftsführer des Dachverbandes der Schuldenberatung, Clemens Mitterlehner, beklagte bei der Pressekonferenz fehlende Daten von offizieller Seite zur Überschuldung von Privathaushalten in Österreich. "Es werden Gesetzes-Novellen beschlossen, die mangels Daten nicht auf ihre Wirkung hin evaluiert werden können", sagte Mitterlehner. "Wir haben weder aus der Vergangenheit noch aus der Gegenwart gutes Vergleichsmaterial, um in der Zukunft wirklich faktenbasiert evaluieren zu können." In Deutschland gebe es dazu genaue Zahlen, auch auf regionaler Ebene.

Der Schuldnerberater schätzt, dass mehrere Hunderttausend Personen in Österreich überschuldet sind. Im Jahr 2019 gab es rund 9.500 Schuldenregulierungsverfahren (Privatkonkurse) und im Coronajahr 2020 aufgrund von Stundungen nur rund 7.300. Hohe Kosten für Zinsen, Spesen und Inkassobüros belasten die Schuldner zusätzlich. "Unbezahlte Schulden verdreifachen sich binnen acht Jahren. Wenn wir von einer Durchschnittsverschuldung von 60.000 Euro bei unserer Klientel sprechen, dann waren das ursprünglich nur 20.000 Euro", so Mitterlehner. Er rechnet mit einem coronabedingten Anstieg der Privatinsolvenzen in den kommenden Jahren. Dies werde mit "zeitlicher Verzögerung" passieren.

SPÖ-Konsumentensprecher Drobits fordert von der Regierung außerdem eine Machbarkeitsstudie zur Überschuldungs-Datenerhebung, bei deren Erstellung auch Expertinnen und Experten der Schuldenberatung, der Statistik Austria und aus dem Bereich des Datenschutzes eingebunden werden sollen.