Staatsoper baut ein NEST für 251 Opern-Vögel

Für Bogdan Roščić weist das NEST in die Zukunft
Die Wiener Staatsoper bekommt ein NEST - in Form der lange erwarteten Spielstätte im dem Musikverein zugewandten Flügel des Künstlerhauses. Der Name des primär auf jüngeres Publikum abzielenden Hauses leitet sich dabei als Akronym aus NEue STaatsoper ab. Am Dienstag gab Direktor Bogdan Roščić einen Einblick in sein zweites Haus sowie dessen Spielplan. So hat man im NEST, das am 6. Dezember mit einem Festakt eröffnet wird, in der ersten Spielzeit 96 Veranstaltungen im Angebot.

Die 248 Sitz- plus 3 Rollstuhlplätze im NEST steigen steil auf und bieten entsprechend gute Sicht. "Man sitzt, als wäre man ein Vogel, der frei schwebt und das Geschehen beobachtet", griff Roščić passend zum Hausnamen zu einer federlastigen Metapher. Dabei sind alle Sitze entfernbar, um ungewöhnliche Inszenierungsvarianten zu ermöglichen.

Sollten die Sitze montiert bleiben, blickt man davon aus auf eine Bühne mit rund 85 Quadratmetern, die keine Hinter- oder Seitenbühne besitzt. Entsprechend muss im NEST en suite gespielt werden, da tägliche Umbauten nicht möglich sind. "Es ist nicht Repertoiretheater im strengen Sinne", machte Roscic deutlich. Wiederaufnahmen wird es schließlich geben. Das Bühnenorchester der Staatsoper wird das neue Hausorchester der Neuen Staatsoper, die oberhalb des Hauptsaales noch einen Workshopraum für 30 Personen umfasst.

Die Adaptierungskosten von nun final 25 Mio. Euro für den NESTbau im einst vom unabhängigen Theater brut genutzten Künstlerhaus-Flügel werden von Mäzen Hans Peter Haselsteiner und seiner Strabag getragen - bis auf 5 Mio. Euro, die aus der Schatulle des Kulturministeriums kommen. Die Betriebs- und Produktionskosten in Höhe von 2,5 Mio. Euro will man selbst durch verschiedene Quellen wie den Kartenverkauf, Sponsoring, Vermietungen oder den Offiziellen Freundeskreis aufbringen. Mietkosten beim unbefristeten Vertrag entstehen indes keine.

Programmatisch ist die Stoßrichtung des NEST klar, machte Roščić deutlich: "Der Schwerpunkt des Spielplans liegt eindeutig bei Kindern." Denn für ihn sei eine Maxime unumstößlich: "Die Staatsoper hat per definitionem als Staatstheater für alle da zu sein." Und das sei bei der jungen Zielgruppe im Haupthaus einfach schwierig. Dennoch wolle man sich mit kinderadäquaten Formaten nicht vollends aus der Staatsoper verabschieden. "Man kann sicher nicht sagen: Alles, was nach Jugend und Risiko aussieht, wandert hierher", machte Roščić im NEST deutlich.

Dennoch hat man gleich zum Auftakt am 7. Dezember mit "Sagt der Walfisch zum Thunfisch" von Thierry Tidrow eine Uraufführung für Kinder programmiert, die von der designierten TAG-Chefin Sara Ostertag inszeniert wird. Auch die bereits in verschiedenen Bundesländern zu sehende Produktion "Elektrische Fische" von Hannah Eisendle ab 15. Februar fällt in diese Kategorie.

Dass das NEST nicht nur Kindern, sondern auch experimentellen Formaten im Allgemeinen dienen soll, unterstreicht ab 13. Dezember die Verpflichtung der Kult-Theatergruppe Nesterval, die in gewohnter Manier mit 16 Schauspielerinnen und Schauspielern das gesamte Haus mit Wagners "Götterdämmerung" immersiv bespielen will - und ein Publikum erst ab 16 Jahren adressiert. "Man denkt bei Nesterval an wahnsinnige viele Standorte in der Stadt, die man bespielen könnte - an die Staatsoper bisher sicher nicht", konstatierte Mastermind Martin Finnland, dass der Auftrag auch für Nesterval eine Herausforderung darstelle.

Ebenfalls erst ab 16 Jahren ist das Stück "Consistent Fantasy is Reality" des türkischen Popstars Gaye Su Akyol empfohlen, das Roščić als "glitzernd-glamouröse Musiktheaterrevolution" ankündigte. Und auch die Uraufführung "Lee Miller in Hitler's Bathtub" von Maarten Seghers wird Regisseur Jan Lauwers für jugendliches und erwachsenes Publikum ab 1. Juni 2025 gestalten. Ballettdirektor Martin Schläpfer choreografiert mit Prokofjews "Peter und der Wolf" am 26. Jänner den ersten Tanzabend im neuen Haus. Kleinere Veranstaltungen wie ein Opernquiz mit Bariton Georg Nigl oder Diskussionsreihen runden das NEST-Programm ab.

Ein Überblick über die Premieren im neuen NEST:

PREMIERE

TITEL

REGIE

7. Dezember 2024

"Sagt der Walfisch zum Thunfisch" von Thierry Tidrow (UA)

Sara Ostertag

13. Dezember 2024

"Nestervals Götterdämmerung" von Nesterval (UA)

Martin Finnland

26. Jänner 2025

"Peter und der Wolf" von Sergej Prokofjew

Martin Schläpfer (Choreografie)

15. Februar 2025

"Elektrische Fische" von Hannah Eisendle

Kenza Koutchoukali

21. März 2025

"Consistent Fantasy is Reality" von Gaye Su Akyol (EA)

Esteban Muñoz Herrera

1. Juni 2025

"Lee Miller in Hitler's Bathtub" von Maarten Seghers (UA)

Jan Lauwers

(S E R V I C E - https://nest.at)

Kommentare