Starker Start für runderneuerten Carinthischen Sommer

Intendantin Nadja Kayali
Mit dem Engagement des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien als Festivalorchester und der intensiven Kooperation mit Ö1 gelang Intendantin Nadja Kayali ein starker Auftakt zum 56. Carinthischen Sommer. Bei der Eröffnung gestern in Villach wurde sie dementsprechend bejubelt. Statt einer Festrede stellte sie mit Schauspielerin Petra Morzé und zwei portugiesischen Gitarristen Künstler ins Rampenlicht.

"Wir haben mit unserer Kunst ein Wörtchen mitzureden", betonte Kayali, die mit einem Ausblick auf das Programm die Konzentration auf "Musik, Literatur und Diskurs" erläuterte. Die Demokratie stehe immer wieder aufs Neue auf dem Prüfstand, daher habe sie Portugal, "das entfernteste Land Europas", und dem 50. Jahrestag der "Nelkenrevolution" einen "zarten Schwerpunkt" gewidmet.

"Grandola, vila Morena" war die heimliche Hymne der portugiesischen Revolution 1974, die eine faschistische Diktatur beendete. Dieses Lied inspirierte die junge Wiener Komponistin Hannah Eisendle, Kapellmeisterin und Korrepetitorin am Stadttheater Klagenfurt, zu "Azinheira", einem Auftragswerk für den Carinthischen Sommer, das im Eröffnungskonzert uraufgeführt wurde. Dabei wandern nicht nur einzelne Musiker durch den Raum, sondern frieren Teile des Orchesters jede Bewegung ein, blicken streng ins Publikum.

Tonal bewegt sich Eisendle im Spektrum der klassischen Moderne. Vor allem in seiner Dynamik ist das Stück sehr effektvoll. Dass es Komponistinnen aus dem 19. Jahrhundert bis heute noch deutlich schwerer haben, öffentlich Gehör zu finden, zeigte Intendantin Nadja Kayali anhand dreier Beispiele.

Begonnen wurde mit einem geschickten Frage-Antwort Spiel zwischen Bläsern und Streichern in der C-Dur-Ouvertüre von Felix Mendelssohns Schwester Fanny, die zeitlebens daran litt, dass ihr Bruder mehr gefördert wurde als sie. Daran schloss ein virtuoses Klavierkonzert von Clara Schumann an, das vor allem in seinem Klavierpart überzeugte.

Darauf folgte die mit Ausnahme des Scherzo tief im Stil Beethovens verwurzelte dritte Symphonie der 1875 verstorbenen französischen Komponistin und Klavierprofessorin Louise Farranc. Nach dem Klavierkonzert ließ es sich Pianistin Claire Huangci nicht nehmen, den einzigen männlichen Komponisten des Abends zu präsentieren: Samuel Barbers extrem anspruchsvollen vierten Satz aus der es-Moll-Klaviersonate - wie alles andere auch mit großen und weit ausladenden Gesten.

Das Festkonzert zeigte, welch großer Gewinn die Verpflichtung des ORF-Radiosymphonie-Orchesters für das Festival ist. Das alles andere als gängige Repertoire wurde unter dem ebenso umsichtigen wie eleganten Dirigat von Joana Carneiro perfekt in Szene gesetzt.

Davor hatte Bundespräsident Alexander van der Bellen seine Eröffnungsworte für einen Aufruf zur kommenden Nationalratswahl zu gehen, genutzt: "Kunst ist ein Menschenrecht, auch freie Wahlen sind es." Und auch Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) betonte: "Kunst ist ein Bollwerk für die liberale Demokratie." Nach 46 Veranstaltungen im kommenden Monat wird das Kulturfestival am 4. August mit dem ORF-Radio-Symphonieorchester und Filmmusik von George Gershwin und John Williams ausklingen.

(Von Karin Waldner-Petutschnig/APA)

(S E R V I C E - Carinthischer Sommer, in Villach und Ossiach bis 4. August, carinthischersommer.at)

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