APA - Austria Presse Agentur

Steigender Druck auf Deutschland wegen Panzern für Ukraine

Vor neuen Gesprächen in Ramstein über westliche Militärhilfen am Freitag steigt der Druck auf Deutschland in der Frage der Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine. Bundeskanzler Olaf Scholz will deutsche Leopard-Panzer laut Medienberichten nur liefern, wenn auch die USA Kampfpanzer bereitstellen. Bei einem Treffen der Verteidigungsminister beider Länder wurde am Donnerstag Einigkeit demonstriert. Eine Lösung zeichnete sich jedoch noch nicht ab.

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) empfing am Donnerstag kurz nach seiner Amtseinführung in Berlin seinen US-Kollegen Lloyd Austin. Beide sagten der von Russland angegriffenen Ukraine weitere Unterstützung zu. Die USA seien "unser wichtigster Verbündeter", beide Länder stünden "Schulter an Schulter", sagte Pistorius. Austin sicherte seinem neuen Kollegen eine enge Zusammenarbeit zu und nannte Deutschland einen "der wichtigsten Verbündeten der USA".

Am Freitag berät die sogenannte Ukraine-Kontaktgruppe auf der US-Militärbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz über eine Aufstockung der Militärhilfen für die Ukraine. Dabei werde es darum gehen, die gemeinsame und langfristige Unterstützung der Ukraine zu erneuern, sagte Austin in Berlin. Im Zentrum der Diskussion steht die Forderung der Ukraine und auch einiger westlicher Staaten an Deutschland, jetzt auch den Kampfpanzer Leopard 2 zu liefern.

Austin und Pistorius äußerten sich am Donnerstag nicht dazu. Pistorius kündigte eine enge Abstimmung mit den USA an. Kanzler Olaf Scholz will laut Medienberichten im Gegenzug, dass die US-Regierung dann auch Abrams-Kampfpanzer liefert. Dazu ist wiederum Washington nicht bereit. Erst vor zwei Wochen hatten die USA und Deutschland vereinbart, der Ukraine auch Schützenpanzer und Patriot-Luftabwehrsysteme zu liefern. Polen hat die Lieferung von 14 Leopard-Panzern angeboten, die aber offenbar erst noch modernisiert werden müssten. Die britische Regierung hat 14 Challenger-Kampfpanzer zugesagt.

Dies erhöht den Druck auf die deutsche Regierung, ebenfalls zuzustimmen. Dabei geht es zum einen darum, dass Berlin die Zustimmung für Drittstaaten geben muss, in Deutschland produzierte Waffen an die Ukraine zu liefern. In der Regierung wird betont, dass noch kein einziger Antrag dafür gestellt wurde. In Koalitionskreisen hieß es, es sei schwer vorstellbar, dass Anträge abgelehnt würden. Zum anderen könnte die Bundesregierung eigene Leopard-Panzer liefern.

Das Europäische Parlament hatte sich am Mittwoch für die Lieferung ausgesprochen. Die deutschen Ampel-Parteien SPD, Grünen und FDP verhinderten am Donnerstag eine Abstimmung über einen Antrag der oppositionellen CDU und CSU, in dem die Leopard-Lieferung gefordert wird. Die Ampel-Koalition ist in der Frage gespalten. Scholz hatte die Lieferung nie ausgeschlossen, beharrt aber auf gemeinsame Schritte mit Washington. "An dieser Haltung ändert auch das Ramstein-Treffen nichts", erfuhr Reuters aus Regierungskreisen.

"Wir haben keine Zeit, die Welt hat diese Zeit nicht", schrieb Andryj Jermak, Leiter der ukrainischen Präsidialverwaltung, in der Messaging-App Telegram. "Die Frage der Panzer für die Ukraine muss so schnell wie möglich geklärt werden", sagte er. "Wir bezahlen für die Langsamkeit mit dem Leben unseres ukrainischen Volkes. Das sollte nicht so sein." Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisierte am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos indirekt Kanzler Scholz dafür, Bedingungen für die Panzerlieferung zu stellen.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba und Verteidigungsminister Olexij Resnikowhaben forderten am Donnerstag die internationale Gemeinschaft in einer öffentlichen Erklärung zur Lieferung von Leopard-Panzern auf. Namentlich erwähnten sie zwölf Staaten, darunter Deutschland, die Türkei und Spanien.

Colin Kahl, der oberste politische Berater des US-Verteidigungsministeriums, hatte am Mittwoch gesagt, die USA wären nicht so weit, M1 Abrams-Panzer zu schicken. Er verwies unter anderem auf logistische Probleme, weil die Abrams mit Kerosin betrieben würden. Wahrscheinlich würden sie deshalb nicht in Washingtons nächstem massiven Zwei-Milliarden-Dollar-Militärhilfepaket enthalten sein werden, das vor allem gepanzerte Stryker- und Bradley-Fahrzeuge umfassen wird.

Der Kreml kritisierte die Diskussion im Westen über die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine als sehr gefährlich. Das führe den Konflikt auf "eine qualitativ neue Ebene, die aus Sicht der globalen und gesamteuropäischen Sicherheit nichts Gutes bedeutet", warnte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Zugleich schränkte er von Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew geäußerte Atomdrohungen an den Westen ein.

Die Ukraine hatte sich bisher hauptsächlich auf T-72-Panzer aus der Sowjetära verlassen, die aber angesichts des seit elf Monaten tobenden Abwehrkampfes gegen die russischen Invasionstruppen zunehmend zerstört wurden. Die Regierung in Kiew will die westlichen Panzer vor allem, um die russischen Truppen in entscheidenden Schlachten zu vertreiben. Westliche Panzer gelten als sicherer und sollen mehr Feuerkraft als die Panzer aus sowjetischer und russischer Produktion haben.

Die Kämpfe in der Ukraine konzentrieren sich derzeit auf den Süden und Osten der Ukraine. Nach großen ukrainischen Fortschritten in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 sind die Frontlinien seit zwei Monaten weitgehend eingefroren. Keine der beiden Seiten kann trotz hoher Verluste in intensiven Grabenkämpfen große Fortschritte erzielen. Für Frühjahr erwartet Kiew eine neue russischer Offensive.