APA - Austria Presse Agentur

steirischer herbst: Degot betonte politische Dimension des Festivals

Bei der Eröffnung des steirischen herbstes hat Intendantin Ekaterina Degot am Donnerstag die politische Dimension des Festivals betont. Unter Bezug auf den aktuellen Krieg in der Ukraine erklärte sie, dass dieser Aspekt "entdeckt, ans Licht gebracht und von einem Haufen irreführender Bedeutungen befreit werden muss". Das Thema "Ein Krieg in der Ferne" spiegelt sich heuer in allen Programmpunkten wider, von der zentralen Ausstellung in der Neuen Galerie bis zu Performances.

"Bei diesem Festival geht es nicht um Krieg in der Ukraine oder gar um Kriege im Allgemeinen. Es geht darum, hier zu sein, in der ruhigen Mitte Europas - wo der Krieg in der Ferne ist", betonte Ekaterina Degot in ihrer Eröffnungsrede am Grazer Hauptplatz. Kunst sei aus ihrer Sicht immer politisch, "ob Künstlerinnen und Künstler es wollen oder nicht". Man müsse sich mit der politischen Dimension beschäftigen, denn selbst propagandistische Kunst könne völlig anders wirken als sie geplant war.

Die Rede fand genau vor dem Denkmal von Erzherzog Johann statt, und auf den steiermarkaffinen Habsburger verwies die Intendantin in ihrer Rede als Sinnbild der bürgerlichen Biederkeit, das bei näherem Hinsehen durchaus revolutionäre Elemente aufweist. "Was Erzherzog Johann einen ewigen Platz in den Herzen der Steirerinnen und Steirer einbrachte, war sein Bekenntnis zum Lokalen, zum Privaten, zum Häuslichen, gepaart mit vorsichtigem Modernisierungsdrang sowie transformatorischen Hoffnungen, die in die Kultur investiert wurden. All das war etwas, was ich sofort auch als DNA unseres eigenen Festivals, des steirischen herbst, erkannt habe", führte Degot aus und betonte: "Jedes Festival war und ist ein Versuch der Re-Politisierung, der Dekonstruktion des Lokalen, der Infragestellung der Rolle der Hochkultur. In diesem Sinne ist der steirische herbst so etwas wie ein Anti-Biedermeier."

Die Steiermark habe sie als zwiespältig erlebt: "Hier gibt es eine Energie, die Ideen und Menschen wegstößt, körperlich und geistig, aber auch eine Energie, die Ideen und Menschen umarmt und willkommen heißt. Die Steiermark hat sich in ihrer Geschichte sehr wohl geöffnet: den Trigon-Künstlerinnen und -Künstlern und den Dissidentinnen und Dissidenten aus der Tschechoslowakei, den politischen Asylwerbern und internationalen Künstlern. Und sie hat sich auch mal gegen Flüchtlinge verbarrikadiert, mit realen Grenzsoldatinnen und -soldaten, Grenzzäunen oder diskursiv gegen alles Gefährliche, weil Fremde." Wir befänden uns im "Hinterland vergangener und aktueller Kriege", und obwohl wir diese Schlachten nicht immer toben hören, sollten wir "unsere Ohren anstrengen, um diese Geräusche in unserem glücklichen Alltag wahrzunehmen", führte die Intendantin aus.