APA - Austria Presse Agentur

Straßenprotest nach antisemitischem Angriff in Italien

In der italienischen Stadt Mondovi sind am Freitag Hunderte mit Kerzen auf die Straßen gegangen, nachdem Unbekannte "Juden hier" auf Deutsch sowie einen Davidstern an die Haustür einer Holocaust-Überlebenden geschmiert hatten. Der antisemitische Angriff erfolgte nach der Veröffentlichung eines Artikels, in dem der Sohn der bereits verstorbenen Lidia Beccaria Rolfi vor Antisemitismus warnte.

Beccaria Rolfi hatte bis zu ihrem Tod im Jahr 1996 in dem Haus in der nordwestitalienischen Stadt gelebt. Der Sohn, Aldo Rolfi, bezeichnete die Vandalen als "völlig ignorant", nicht zuletzt, weil seine Mutter keine Jüdin gewesen sei. Beccaria Rolfi schloss sich Ende 1943 dem Widerstand an. Sie wurde verhaftet und im Juni 1944 als politische Gefangene in das Vernichtungslager Ravensbrück deportiert, bevor sie knapp ein Jahr später befreit wurde.

Der Antisemitismus in Deutschland und Europa hat nach Ansicht des früheren israelischen Botschafters in Deutschland, Avi Primor, nicht zugenommen. Die Judenfeindlichkeit werde zwar oft von Zuwanderern aus dem Nahen Osten geschürt, sagte Primor am Samstag dem RBB-Inforadio laut im Voraus veröffentlichter Auszüge. Die meisten Deutschen seien aber keine Antisemiten.

Dies liege daran, dass sie nach Krieg und Holocaust mit anderen Werten und humanistischen Ideen aufgewachsen seien. Dennoch gebe es einen "konstanten Bodensatz" von Antisemiten, erklärte Primor. "Diese Menschen, die früher geschwiegen haben, trauen sich jetzt wieder, ihre Ansichten zu verbreiten, weil Israel wegen der Besetzung der palästinensischen Gebiete an Ansehen eingebüßt hat."

Dass das deutsch-israelische Verhältnis so gut ist, ist nach Ansicht Primors vor allem auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zurückzuführen. Sie sei "sehr zurückhaltend" gegenüber der aktuellen israelischen Regierung und "dennoch ganz pro Israel".