APA - Austria Presse Agentur

Südafrikanischer Tourismus wegen Corona wieder gestoppt

Richard de la Rey ist frustriert. Wie auch die anderen südafrikanischen Reiseveranstalter wird sein Unternehmen, das Safaris und Strandurlaube anbietet, derzeit von Stornierungen überflutet. Gerade hatte die Tourismusbranche in dem Land begonnen, sich von den internationalen Corona-Beschränkungen aufgrund der Beta-Variante zu erholen, da setzen nun mehr und mehr Staaten weltweit den Flugverkehr mit dem Land wieder aus.

Grund dafür ist die erstmals in Südafrika neu entdeckte, möglicherweise gefährlichere Corona-Variante Omikron. "Das ist eine Kurzschlussreaktion, aber der Schneeballeffekt ist enorm", schimpft de la Rey. "Niemand weiß irgendetwas über diese Variante, aber alle gehen vom Schlimmsten aus."

Die Regierung in Pretoria hatte am Donnerstag die Entdeckung einer neuen Coronavirus-Variante bekanntgegeben. Diese weist ungewöhnlich viele Mutationen auf, deshalb befürchten auch südafrikanische Experten, dass sie noch ansteckender sein könnte als die derzeit weltweit grassierende Delta-Variante und dass die Impfstoffe dagegen weniger gut wirken.

Kaum war die Nachricht von der neuen Variante in der Welt, kündigte Großbritannien ein Flugverbot für alle Maschinen aus Südafrika und seinen Nachbarländern Namibia, Lesotho, Eswatini, Simbabwe und Botsuana an. Mehr und mehr Länder trafen ähnliche Einschränkungen, darunter die USA, Deutschland und andere EU-Staaten.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO stufte am Freitag die neue, Omikron getaufte Variante als "besorgniserregend" ein. Gleichzeitig aber wies sie darauf hin, dass es "einige Wochen" dauern werde, bis Wissenschaftler deren Auswirkungen wirklich verstehen könnten - und warnte ausdrücklich davor, schon jetzt mit Reisebeschränkungen zu reagieren.

Vergeblich: Viele Regierungen wollen inmitten der ohnehin derzeit grassierenden heftigen Corona-Welle nicht noch gegen eine potenziell gefährlichere Virusvariante kämpfen müssen. Sie setzen lieber auf rasche Gegenmaßnahmen.

Die Konsequenzen für Südafrika sind verheerend. Einen Großteil des Jahres war es bereits wegen der vor knapp einem Jahr im Land entdeckten Beta-Variante vom Rest der Welt abgeschnitten, erst im Oktober wurde es etwa von Großbritanniens gefürchteter "roter Liste" gestrichen. Nun folgte die Vollbremsung. Auch für viele Touristen wie Maxine Mackintosh.

Erst am Donnerstag war die 28-jährige britische Genforscherin für eine zehntägige Rundreise in Johannesburg gelandet - einen Tag später trat sie schon wieder den Rückflug nach London an. Sie habe sich so auf die Tour gefreut, wollte Weingüter besuchen und auf Berge klettern, erzählt sie: "Es sollte meine erste Reise seit Beginn der Pandemie sein - ich bin ganz schon geknickt".

Mehr als nur geknickt sind Südafrikas Reiseveranstalter. Der Tourismus trägt mit drei Prozent zu Südafrikas Wirtschaft bei, vor der Pandemie bot er über 700.000 Arbeitsplätze. Seit Oktober gingen die Buchungen wieder hoch, wie der Mitgründer des Safari-Veranstalters Discover Africa, Andre Van Kets, bestätigte. In den vergangenen Wochen seien viele Last-Minute-Buchungen für Weihnachten reingekommen, erzählt auch Shelly Cox von der auf umweltfreundliche Touren spezialisierten Agentur Africa Conservation Travel.

Viele in Südafrika, allen voran die Regierung, fühlen sich nun ungerecht behandelt. Das Gesundheitsministerium bezeichnete die verhängten Reiseverbote als "drakonisch". Das Außenministerium beklagte, dies sei "wie eine Bestrafung Südafrikas für seine fortschrittliche Genomsequenzierung und die Fähigkeit, neue Varianten schneller zu erkennen". Es wies darauf hin, dass auch in anderen Ländern neue Varianten entdeckt wurden, ohne ähnlich radikale Reaktionen hervorzurufen.

Reiseveranstalter de la Rey denkt, es gibt bessere Methoden gegen Corona-Infektionen. "Ich bin ein großer Rugby-Fan und sehe im Fernsehen Stadien, die mit 50.000 Menschen gefüllt sind, ohne Maske, ohne Abstand", sagt er und fügt hinzu: "Und da soll Südafrika wieder das Problem sein?"

Nicht nur in Pretoria fürchten Politiker und Experten nun, andere Länder könnten sich nach den Erfahrungen von Südafrika künftig davor hüten, die Entdeckung der nächsten Corona-Varianten der Welt lautstark zu melden.