Swift-Terror-Verdächtige wurden seit 2. August observiert
Aus dem Bericht, der Bestandteil des Ermittlungsakts ist, geht hervor, dass die DSN am 2. August - und damit sechs Tage vor dem ersten von drei Konzertterminen, die vom 8. bis zum 10. August über die Bühne hätten gehen sollen - Kenntnis von den Anschlagsplänen bekam, wobei in dem Bericht angemerkt wird, die entsprechenden Informationen seien "noch nicht gerichtsverwertbar freigegeben". "Der Aufgabenbereich Nachrichtendienst erhielt von Partnerdiensten die Information, dass ein IS-inspirierter Einzeltäter ('Lone Wolve') einen Anschlag auf eines dieser Taylor Swift-Konzerte plant. Weiters versucht der potenzielle Attentäter, sich eine Schusswaffe zu besorgen und sollte dies nicht erfolgreich sein, plant der Attentäter einen Anschlag mit Messern", heißt es zu den aus dem Ausland bezogenen Erstinformationen. Der Partnerdienst übermittelte der DSN die Telefonnummer des 19-Jährigen, dessen Telegram-Profil und gab bekannt, dass der Verdächtige sich in einem einschlägigen Kanal "Abu Dujana" nenne. Auch Lichtbilder wurden weitergeleitet, "wobei eines der Gefolgschaftserklärung des Wien-Attentäters vom 2. November 2020 nachempfunden ist", wie die Ermittler anmerken.
Nach Einholung der entsprechenden justiziellen Ermächtigungen wurde das Handy des 19-Jährigen erstmals am 2. August um 17.30 Uhr gepeilt. Mit den Observationsmaßnahmen an der Adresse des jungen Mannes in Ternitz (Bezirk Neunkirchen) wurde um 19.00 Uhr begonnen. Bereits am selben Abend bzw. in der darauf folgenden Nacht wurde auch der 17-jährige Freund des Hauptverdächtigen an dessen Adresse vom Observations-Team erfasst. Er soll gemeinsam mit diesem eine Art "Probefahrt" in dessen Auto unternommen haben. Dabei sollen ein Folgetonhorn und ein Blaulicht getestet worden sein - mit diesen Utensilien wollte der 19-Jährige aus Sicht der Verfassungsschützer unter der Vorgabe, er sei ein Polizist oder eine Einsatzkraft in zivil, möglichst nahe ans Happel-Stadion herankommen, um vor dem Stadion befindliche Taylor Swift-Fans zu töten.
Nach weiteren Observationen - dabei wurde unter anderem festgestellt, dass der 19-Jährige in seinem Haus bzw. im Garten regelmäßig Handschuhe und eine FFP2-Maske trug und verdächtige Gegenstände in einer Biomülltonne entsorgte - und umfangreichen Ermittlungen wurde der Hauptverdächtige am 7. August um 7.36 Uhr festgenommen. Zuvor war aus Sicherheitsgründen der Ortsteil in Ternitz, in dem seine Eltern, die zu diesem Zeitpunkt im Urlaub im Ausland weilten, und der 19-Jährige gemeldet waren, abgesperrt und evakuiert. An der Hausdurchsuchung waren über 40 Beamte, Sprengstoff-Spezialisten und sogar Roboter-Hunde beteiligt, die das Haus auf allfällige Sprengfallen durchsuchten.
Zu den Ergebnissen der Hausdurchsuchung heißt es im DSN-Bericht: "In der Küche konnten Gegenstände zur Herstellung einer USBV (Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung, ein Synonym für eine Sprengfalle, Anm.) vorgefunden werden. Im Kühlschrank konnte eine Glasflasche mit 45 Gramm flüssigem TATP (Acetonperoxid, ein explosives Gemisch aus Alltagschemikalien wie Wasserstoffperoxid, Aceton und Säure, die in jeder Drogerie erhältlich sind, Anm.) aufgefunden werden. Schnelltest durch BK (Bundeskriminalamt, Anm.) verlief positiv."
Das TATP wurde allerdings nicht als Beweismittel sichergestellt, sondern vernichtet, wie Werner Tomanek, der Verteidiger des 19-Jährigen, am Donnerstag gegenüber der APA bemängelte. Unter Verweis auf einen Passus im Anlassbericht, wonach noch am Einsatzort eine "Notvernichtung" des TATP "durch Abbrand im Garten" erfolgte, bemerkte Tomanek: "Dass Beweismittel einfach von der Polizei vernichtet werden, ist neu."
Sichergestellt wurden dagegen eine Viertelliterflasche Aceton, die noch zu einem Drittel befüllt war, eine angebrochene, noch zur Gänze befüllte Flasche mit sechsprozentiger schwefliger Säure und eine ungeöffnete Einliterflasche Wasserstoffperoxid, die allesamt unter der Sitzfläche einer Eckbank in der Küche entdeckt wurden. "Damit hätte sich niemals eine funktionsfähige Bombe herstellen lassen", meinte Tomanek im Gespräch mit der APA, "wir sind daher weit von einem Bedrohungsszenario entfernt, das die Absage der Taylor Swift-Konzerte gerechtfertigt hat. Jedes Fußball-Derby zwischen Rapid und Austria Wien hat da ein weitaus höheres Gefahrenpotenzial."
Die DSN sieht das anders. Im zweiten Anlassbericht heißt es wörtlich, der 19-Jährige habe mit seinen Tathandlungen, der Herstellung von Sprengstoff und dem Anschaffen von Waffen wie einer Machete und Messern "in vollem Vorsatz und der Absicht, eine große Anzahl an Menschen zu töten, verletzen oder gefährden" gehandelt. Er habe damit - neben den einschlägigen Terror-Bestimmungen im Strafgesetzbuch - auch die Tatbestände des versuchten Mordes im Rahmen einer terroristischen Vereinigung (§ 278c StGB), der Vorbereitung eines Verbrechens durch Sprengmittel (§ 175 StGB) und der vorsätzlichen Gemeingefährdung (§ 176 StGB) erfüllt.
Kommentare