APA - Austria Presse Agentur

Tausende demonstrierten in Berlin gegen Rechtsextremismus

Mehrere tausend Menschen sind am Sonntag in Berlin gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. Bei frühlingshaften Temperaturen waren laut den Veranstaltern etwa 13.000 Menschen bei der Kundgebung dabei, die Polizei sprach von etwa 6.000 bis 6.500 Teilnehmern. Sie erinnerten unter anderem mit einer Schweigeminute an die Opfer des Anschlags in Halle an der Saale.

Die Demonstranten zogen durch das Stadtzentrum zur Neuen Synagoge. Auf Plakaten waren Sprüche zu sehen wie "Rechter Terror bedroht unsere Gesellschaft" oder "Es reicht". Auch israelische Fahnen wurden geschwenkt.

Unterdessen zog der deutsche Innenminister Horst Seehofer mit Äußerungen über die sogenannte Gamer-Szene im Zusammenhang mit dem Anschlag viel Kritik auf sich. Seehofer sagte der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" zur möglichen Bedeutung der Computerspiele im Zusammenhang mit der Tat, "das Problem ist sehr hoch". Der Attentäter von Halle, Stephan B., galt als Teil der Gamer-Szene.

Seehofer sagte der ARD-Sendung, die am Sonntagabend ausgestrahlt werden sollte, viele der potenziellen Täter kämen aus der Szene und würden sich Simulationen geradezu als Vorbild nehmen. Deshalb müsse genau hingeschaut werden, ob es noch um ein Computerspiel gehe "oder eine verdeckte Planung für einen Anschlag". In einem von der ARD vorher auf Twitter veröffentlichten Ausschnitt des Interviews sagte Seehofer weiter, "und deshalb müssen wir die Gamer-Szene stärker in den Blick nehmen".

Der Deutsche Kulturrat wies die Äußerungen zurück. Diese verstellten die Sicht auf das wirkliche Problem. "Nicht Games, sondern der Rechtsextremismus ist das Problem", erklärte der Geschäftsführer des Spitzenverbands der Kulturverbände, Olaf Zimmermann. Der Verband der deutschen Games-Branche, Game, sprach von einem Generalverdacht durch den Innenminister. Dies zeuge "vor allem von Unkenntnis und Hilflosigkeit und lenkt von den wirklichen gesellschaftlichen und politischen Ursachen für solche Taten ab", erklärte Game-Geschäftsführer Felix Falk.

FDP-Chef Christian Lindner erklärte zu den Seehofer-Äußerungen, "mir fallen so viele Maßnahmen ein, die ergriffen werden sollten, um gegen Rechtsextremismus vorzugehen - die Gamerszene unter Generalverdacht zu stellen, ist keine davon." Der im Europawahlkampf durch sein Video "Die Zerstörung der CDU" bekannt gewordene YouTuber Rezo nannte Seehofer bei Twitter "echt so krass inkompetent".

In Halle hatte ein bewaffneter Mann am Mittwoch während der Feierlichkeiten zum jüdischen Feiertag Jom Kippur versucht, in die Synagoge einzudringen. Nachdem ihm dies nicht gelang, erschoss er den Ermittlungen zufolge auf offener Straße zwei Menschen und verletzte zwei weitere schwer. Der 27-Jährige sitzt in Untersuchungshaft und hat die Tat gestanden.