Neues, altes Haus für die freie Theaterszene Graz
Schon in den vergangenen Jahren gab es in dem Räumlichkeiten am Kaiser-Franz-Josef-Kai immer wieder einzelne Produktionen, nun steht das historische Theater des Grazer Gesellenvereins vor seiner Rückkehr als permanente Spielstätte. Am 9. Oktober soll das "Theaterhaus", so der neue Name, feierlich eröffnet werden. Neben den beiden Gründungskollektiven, dem Theater Quadrat und der Initiative aXe, sollen künftig auch andere Vertreter der freien Szene dort Theater spielen.
Herbstprogramm steht bereits
Die Sanierung des denkmalgeschützten Biedermeiersaals mit seiner eindrucksvollen Empore ist mittlerweile abgeschlossen, die Betriebsgenehmigung unter Dach und Fach. Auch das Herbstprogramm des Theaterhauses steht fest. Mit dem Spielbetrieb gestartet wird vor der Eröffnung, am 29. September, mit der Premiere der Produktion "Ein Körper : Mein Fließen", in der sich das Theater Quadrat anhand eines aktuellen und eines historischen literarischen Texts mit Geschlechteridentität und Klassenzugehörigkeit auseinandersetzt.
Im Oktober folgt eine Musiktheaterproduktion der sozio-kulturellen Initiative aXe, danach zeigt das Theater Quadrat seine Bühnenadaption von Franz Kafkas Erzählung "In der Strafkolonie". Mit einer Tanzperformance zum Thema Männlichkeit des lange Jahre in Graz tätigen Schauspielers Fredrik Jan Hofmann geht die Herbstsaison zu Ende.
"Open Call" für Künstler:innen
Für die Spielpläne der kommenden Jahre haben die Theaterhaus-Macher einen "Open Call" veröffentlicht. Interessierte Künstlerinnen und Künstler sowie Ensembles können eigene Projekte einreichen. Grundsätzlich ist geplant, pro Jahr zwei derartige Kooperationsprojekte im Theaterhaus auf die Bühne zu bringen.
Das vom Architekten Carl Aichinger im Biedermeierstil mit korinthischen Holzsäulen und einer Empore entworfene Theater diente von 1859 bis zum Ersten Weltkrieg dem Grazer Gesellenverein als Spielstätte. Der legendäre Schauspieler Alexander Girardi (1850-1918) betrat hier die Bretter, die die Welt bedeuten, bevor er 1871 seine Karriere in Wien fortsetzte.
Das Theater schloss 1914 seine Pforten. Danach wurde der Theatersaal ein Jahrhundert lang als Tanzschule genutzt. Bald nach Schließung der Tanzschule wurde - vorerst für eine einmalige Produktion eines Grazer Kollektivs - wieder Theater gespielt. Danach standen die kulturhistorisch bedeutsamen Räume vier Jahre lang leer - bis im Herbst Alexander Kropsch vom Theater Quadrat und aXe-Mastermind Peter Ulrich beschlossen, eine nachhaltige Wiederbelebung des altehrwürdigen Theaters anzustreben.
Zwei Jahre lang improvisierten die beiden Ensembles mit Einzelgenehmigungen und mit alternativen Aufführungsorten, bis sich im Frühjahr dieses Jahres eine Überwindung der diversen, einem regulären Theaterbetrieb entgegenstehenden Hürden abzeichnete. Finanzierung, langfristiger Mietvertrag und die diversen Genehmigungen wurden nach und nach gesichert.
In den vergangenen Wochen arbeitete das Theaterhaus-Team emsig an der Renovierung und der Sanierung der Bausubstanz. Derzeit sind laut Kropsch noch einige technische Adaptierungen ausständig: "Wir wissen, dass wir noch viel vor uns haben, aber die Gewissheit im Herbst endlich mit dem Spielbetrieb beginnen zu können, freut und motiviert uns sehr." Im neuen Theaterhaus sollen bis zu 80 Zuschauer Platz finden.
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