Thomas Cook Austria - Gläubiger können doch auf Quote hoffen

Gläubiger des Österreich-Ablegers dürfen noch hoffen
Die Gläubiger des insolventen Reiseveranstalters Thomas Cook Austria haben möglicherweise Glück im Unglück: Entgegen anfänglicher Befürchtungen können sie nun doch noch auf eine Quotenausschüttung im Konkursverfahren hoffen. Eine Teiltilgung der Schulden bis zu 20 Prozent könnte laut KSV1870 noch drin sein. Denn bis zur Berichts- und Prüfungstagsatzung am Montag wurden keine Haftungen schlagend.

Über dem Verfahren schweben noch Haftungen "im höheren Millionenbereich", so die vorsichtige Formulierung der Kreditschützer. "Wenn die geltend gemacht werden, ist es eine Nullquote - wenn nicht, ist es eine schöne Quote, dann können die Gläubiger mit 20 Prozent rechnen", sagte die Insolvenzexpertin Tanja Schartel vom KSV1870 am Montag im Gespräch mit der APA.

Bisher wurden jedenfalls keinerlei Forderungsanmeldungen aufgrund dieser Haftungen im Insolvenzverfahren geltend gemacht. "Aus diesem Grund ist derzeit auch keine seriöse Quotenprognose möglich", so Schartel im Anschluss an den Gerichtstermin.

Vielmehr haben bis dato dem Kreditschutzverband zufolge erst 370 Gläubiger Forderungen im Gesamtausmaß von rund 10,4 Mio. Euro beim Handelsgericht Wien angemeldet. Der zuständige Insolvenzverwalter, Günther Hödl, habe davon "aus Vorsichtsgründen" vorerst nur 3,8 Mio. Euro anerkannt.

Die offizielle Anmeldefrist für Forderungen endete zwar am 2. Dezember 2019. Doch: "Bis 14 Tage vor Schluss können Forderungsanmeldungen aufgrund von möglicherweise bestehenden Haftungen geltend gemacht werden - das kann noch bis zum Ende des Verfahrens angemeldet werden", erklärte Schartel. Das Konkursverfahren wird nun Jahre dauern - wenn Klagen anhängig werden, fünf bis sieben Jahre; ansonsten kann es den Angaben zufolge "schnell gehen", damit gemeint sind zwei bis drei Jahre.

In der Bilanz der Thomas Cook Austria stehen jedenfalls Haftungen gegenüber der ebenfalls insolventen britischen Muttergesellschaft Thomas Cook plc drin, die aber laut Masseverwalter Hödl "abgewehrt werden können". Die Formulierung zwischen der britischen und der österreichischen Gesellschaft dürfte Branchenkennern zufolge "nicht ganz korrekt gelaufen sein", deshalb stünden die Chancen gut, da herauszukommen.

Eine positive Überraschung in dem Verfahren gab es bereits: Die 100-prozentige Ungarn-Tochter NUR Neckermann der österreichischen Thomas Cook konnte um 4 Mio. Euro verkauft werden. "Die Verwertung der Ungarn-Gesellschaft hat uns bisher hauptsächlich beschäftigt", berichtete Schartel. Der Betrieb in Ungarn habe seitens der Geschäftsführung aufrechterhalten werden können, da im Firmenwortlaut nicht die Bezeichnung "Thomas Cook" aufscheine, meinte der KSV1870. Hinzu kommt ein Betrag in Höhe von bis dato 1,3 Mio. Euro, der im Zuge der Verwertung weiterer Assets ebenfalls bisher für die Gläubiger eingetrieben werden konnte und bereits auf dem Massekonto liegt.

Es wäre hingegen unmöglich gewesen, auch nur eine Reise zu verkaufen. Die Gläubigerschützer führen das darauf zurück, dass über nahezu sämtliche internationale Thomas-Cook-Gesellschaften Insolvenzverfahren eröffnet wurden und die Berichterstattung darüber "negativ" war. Auch die Suche nach einem "Investor", der einsteigen hätte können, sowie eine Veräußerung des Unternehmens blieben "erfolglos". Das schuldnerische Unternehmen wurde kurz nach Insolvenzeröffnung (am 26. September 2019) geschlossen. Der Insolvenzverwalter ist seit der Schließung mit der Liquidation des Unternehmens befasst. 60 Arbeitnehmer verloren wegen der Unternehmenspleite ihren Job.

Bei der Konkurseröffnung im Herbst war man noch von Aktiva in Höhe von 41 Mio. Euro und Passiva bis zu 38 Mio. Euro ausgegangen - bisher angemeldet wurden aber nur die oben genannten Forderungen von gut 10 Mio. Euro. "Es ist schwer abzuschätzen, was wirklich dazukommt - das kann explodieren", so Schartel. Doch auch die Aktiva könnten sich noch vermehren. "Wir haben sehr viele Forderungen gegenüber anderen Gesellschaften - zum Beispiel gegenüber Deutschland haben wir einen Überhang von 1 Mio. Euro aus einem Gesellschafterdarlehen."

Auf der ursprünglichen Gläubigerliste, die auch bei Gericht aufliegt, stehen 10.000 bis 15.000 Gläubiger weltweit - darin enthalten sind laut KSV1870 vermutlich auch Pauschalreisende. Alle seien vom Gericht über das Verfahren verständigt worden. "Es werden sicher noch Gläubiger kommen", ist Schartel überzeugt. Einige Hotels hätten beispielsweise versucht, ihre Forderungen direkt beim Masseverwalter anzumelden, statt bei Gericht. "Es sind so um die 30 Hotels vor allem in Tirol, Salzburg und Kärnten betroffen, die gegenüber der österreichischen Thomas Cook im Schnitt jeweils 5.000 Euro offen haben. Ein spanisches Hotel versuche, eine Forderung in Höhe von 700.000 Euro geltend zu machen.

Auf österreichischer Seite von den Gläubigerschützern schwer einschätzbar ist allerdings, wie viel die heimischen Hotels bei der Schweizer Thomas Cook International an Forderungen haben. "Das müssen sie in der Schweiz anmelden, dort geht das direkt beim Verwalter, nicht bei Gericht", erklärte Schartel. Das ist für die Gläubiger billiger. Allerdings liefen früheren Angaben der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) zufolge fast alle Verträge der österreichischen Beherbergungsbetriebe über die Schweizer Gesellschaft. Die Schweizer Thomas Cook war "der wichtigste Vertragspartner" für die österreichischen Hotels und ist seit 1. Oktober 2019 in Konkurs.

(Das Gespräch führte Birgit Kremser/APA)

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