APA - Austria Presse Agentur

Tichanowskaja sieht "Schlüsselrolle" Österreichs für Belarus

Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja setzt in ihrem Kampf gegen das Regime in Minsk große Hoffnungen in Österreich. "Wir werden eine maximal harte Reaktion der Europäischen Union fordern und Österreich könnte hier eine Schlüsselrolle spielen", sagte Tichanowskajas außenpolitischer Berater Franak Wjatschorka am Dienstag auf APA-Anfrage. Priorität habe derzeit die Situation des gekidnappten Journalisten Roman Protassewitsch.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wollte am Dienstagnachmittag (16.00 Uhr) ein Videotelefonat mit Tichanowskaja führen. Das Online-Gespräch sei ein "Wunsch des Kanzlers" gewesen, sagte Wjatschorka. Es habe schon zwei persönliche Treffen von Kurz und Tichanowskaja gegeben (zuletzt Ende April in Wien, Anm.) und es seien "sehr gute Beziehungen mit Österreich auf allen politischen Niveaus" entstanden. "Österreich liegt im Spitzenfeld jener, die Belarus unterstützen", betonte der Berater Tichanowskajas. Sollte die Demokratie siegen, werden die Belarusssen auch Österreich für die Unterstützung dankbar sein.

Tichanowskaja hatte sich am Samstag über eine Solidaritätsadresse an eine Kundgebung für Belarus (Weißrussland) in Wien-Neubau gewandt. Zahlreiche namhafte Politiker von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen ergriffen dort das Wort, darunter der Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS), der Europaabgeordnete Andreas Schieder (SPÖ), die ÖVP-Nationalratsabgeordnete Gudrun Kugler und der Wiener Landtagsabgeordnete Niki Kunrath (Grüne). Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sicherte den Demonstranten schriftlich die Unterstützung für die belarussische Zivilgesellschaft zu.

Tichanowskaja werde Kurz ein "Update" bezüglich der Situation von Protassewitsch geben, sagte Wjatschorka mit Blick auf die Videokonferenz. Die Opposition baut auch auf wirtschaftlichen Druck auf das Regime. Ohne die Raiffeisen Bank International (RBI) und die Telekom Austria explizit zu erwähnen, wies der Tichanowskaja-Berater darauf hin, dass österreichische Firmen "in Belarus präsent" seien und Österreich "mit seinem politischen Gewicht eine wichtige Rolle spielen" könnte. Die RBI zählt zu den größten Banken in Belarus, die teilstaatliche Telekom Austria betreibt das zweitgrößte Mobilfunknetz des Landes.

"Wir werden über den Druck auf das Regime reden, unter anderem mit Sanktionen in drei Wirtschaftssektoren Öl- und Chemie, Metall und Holzverarbeitung. Das könnte auch österreichische Firmen betreffen", so Wjatschorka. Es werde auch Gespräche "über eine langfristige Zusammenarbeit" geben, verwies der Berater auf die von der EU-Kommission angekündigte Milliardenhilfe für ein demokratisches Belarus. "Wir wünschen uns, dass Österreich eine Schlüsselrolle für die Schaffung eines Investitionsplans in Belarus spielt." Österreich sei schon jetzt einer der größten Investoren im Land und man wünsche sich, "dass in der Zukunft nach Lukaschenko diese Investitionen nicht nur bleiben, sondern auch mehr werden".