APA - Austria Presse Agentur

TikTok: Kommt bald ein App-Verbot in den USA?

Der weltweit enorm erfolgreichen Videoplattform TikTok könnte in den USA womöglich bald der Stecker gezogen werden.

Tiktok-Chef Shou Zi Chew hat Nutzer:innen der Videoplattform dazu aufgerufen, sich gegen ein mögliches Verbot der App in den USA zu stemmen. "Schützt eure verfassungsmäßigen Rechte", sagte er am Mittwoch in einem Onlinevideo. "Sorgt dafür, dass eure Stimmen gehört werden." Die 170 Millionen Tiktok-Nutzer:innen in den USA sollten weiterhin ihre Geschichten auf der Plattformen teilen – mit Verwandten, Freund:innen und "euren Senator:innen".

Das US-Repräsentantenhaus hatte am Mittwoch mit breiter Mehrheit für ein Gesetz gestimmt, das den chinesischen Internetriesen Bytedance dazu zwingen soll, das Tochterunternehmen Tiktok zu verkaufen. Ansonsten droht ein Verbot der erfolgreichen Videoplattform. Bytedance steht im Verdacht, der Kommunistischen Partei Chinas Zugriff auf Nutzerdaten zu ermöglichen.

Nach dem Repräsentantenhaus ist bei dem Gesetzesvorhaben der US-Senat am Zug - deswegen der Appell des Tiktok-Chefs an die Nutzer, sich an die Senatoren zu wenden. Einige einflussreiche Senatoren haben sich bereits gegen den Gesetzentwurf ausgesprochen.

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Wendepunkt: Donald Trump gegen TikTok-Verbot!

Auch der republikanische Ex-Präsident und voraussichtliche erneute Präsidentschaftskandidat Donald Trump stellte sich diese Woche gegen ein Tiktok-Verbot. Trump vollzog damit allerdings eine 180-Grad-Wende. Während seiner Präsidentschaft hatte er sich dafür eingesetzt, Bytedance die Kontrolle über die App zu entziehen.

Das Weiße Haus kündigte hingegen bereits an, dass Präsident Joe Biden den Gesetzentwurf bei einer Verabschiedung durch beide Kongresskammern unterzeichnen und damit in Kraft setzen würde. Peking kritisierte das Gesetzesvorhaben als "Mobbing-Verhalten" und warnte in vager Form, dass dieses Vorgehen "den USA unvermeidlich noch Ärger bereiten" würde.

Die US-Bundesbehörden haben Tiktok wegen Datenschutzbedenken bereits von ihren Diensthandys verbannt. Frühere Initiativen für ein landesweites Verbot der App waren allerdings im Sande verlaufen. Tiktok hat in den Nutzungszeiten längst Konkurrenten wie Facebook und Instagram überholt. Weltweit hat Tiktok mehr als eine Milliarde Nutzerinnen und Nutzer.

Das TikTok-Verbot wird schon seit zwei Jahren in den USA heiß diskutiert: 

Dezember 2022: USA will gegen TikTok vorgehen

Parteiübergreifend fordern Abgeordnete die chinesische App aus den Vereinigten Staaten von Amerika zu verbannen. Damit soll verhindert werden, dass China Daten von US-BürgerInnen sammelt. US-Abgeordnete der RepublikanerInnen und der DemokratInnen wollen die chinesische Video-App TikTok aus den Vereinigten Staaten von Amerika verbannen.

Ein gemeinsamer Gesetzentwurf sieht vor, "alle Transaktionen" von Social-Media-Unternehmen in China, Russland und mehreren anderen Ländern zu blockieren und zu verbieten, teilte US-Senator Marco Rubio (51) mit. TikToks Muttergesellschaft ByteDance sei nach chinesischem Recht verpflichtet, die Daten der App der Kommunistischen Partei Chinas zur Verfügung zu stellen. Das dürfe man nicht tolerieren.

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"Keine Zeit mit Verhandlungen verschwenden"

Das geplante Gesetz solle die US-Amerikaner schützen, was die Regierung bisher versäumt habe, so Rubio. Man dürfe "keine Zeit mehr mit sinnlosen Verhandlungen mit einer Marionettenfirma verschwenden", drängte der Republikaner. "Hier geht es nicht um kreative Videos", warnte der Politiker. Es gehe um eine App, "die jeden Tag Daten von Millionen amerikanischer Kinder und Erwachsener sammelt", so der Senator. "Wir wissen, dass sie benutzt wird, um Feeds zu manipulieren und Wahlen zu beeinflussen." Deshalb müsse man sie verbieten.

Sein Parteikollege Mike Gallagher (38) sagte, TikTok sei "digitales Fentanyl, das Amerikaner süchtig macht, Unmengen ihrer Daten sammelt und ihre Nachrichten zensiert". Gallagher weiter: "Wenn man der App erlauben würde, weiterhin in den USA zu operieren, wäre das so, als würde man der UdSSR erlauben, die New York Times, die Washington Post und die großen Rundfunkanstalten während des Kalten Krieges aufzukaufen", sagte der Republikaner.

Der demokratische Abgeordnete Raja Krishnamoorthi (49) stimmte in die Kritik ein. Man dürfe "feindlichen Mächten" nicht erlauben, potenziell soziale Mediennetzwerke zu kontrollieren. Diese könnten "leicht als Waffe gegen uns eingesetzt werden". Der überparteiliche Gesetzentwurf sei ein wichtiger Schritt zum Schutz der Nation vor der "digitalen Überwachung und Einflussnahme totalitärer Regime".

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Schon Trump wollte TikTok verbieten

Die Idee eines TikTok-Verbots ist nicht neu. Bereits der ehemalige US-Präsident Donald Trump (76) hatte Ende Juli 2020 einen solchen Schritt angekündigt, allerdings nicht umsetzen können. Schon damals stand die Videoplattform des in China ansässigen Unternehmens ByteDance wegen angeblicher Weitergabe von Nutzerdaten an die chinesische Regierung in der Kritik. Die Firma wies die Anschuldigung damals zurück.

Laut Schätzungen nutzen rund 90 Millionen AmerikanerInnen die App, in der Nutzer Kurzvideos aufnehmen und mit musikalischer Untermalung veröffentlichen können. Weltweit soll die App rund eine Milliarde NutzerInnen zählen. Indien hatte die 2017 entstandene Videoplattform bereits im Juni 2020 verboten.

Problematische Inhalte für Jugendliche

US-amerikanische ForscherInnen haben Sorge wegen des Algorithmus auf der App. "HuffPost" zufolge haben die ForscherInnen neue Profile für fiktionale TeenagerInnen aus den USA, Kanada, Australien und Großbritannien angelegt, um zu sehen, inwiefern der Algorithmus geeignete Videos an Kinder und Jugendliche ausgibt. Dabei fanden sich erschreckend leicht Videos, in denen Essstörungen und gar selbstverletzendes Verhalten (SVV) thematisiert und teilweise auch verherrlicht werden.

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Wie es sich für den Algorithmus gehört, wurden den Fake-TeenagerInnen prompt mehr Videos zu diesen kritischen Themen ausgespielt. Sofort gab es Abnehm-Tipps, "ideale" Körpertypen oder auch Rasierklingen zu sehen. Viele dieser Videos tragen die Botschaft: "Du bist nicht gut genug", oder auch "Person XY ist besser als du, weil XY" und versuchen uns einzureden, dass wir eine Veränderung brauchen. Die Effekte von ständiger Reizüberflutung sehe ich an mir selbst und meinen FreundInnen in unseren 20ern, schwierig vorzustellen, wie sich TeenagerInnen dabei fühlen dürften.

Milliarden von Aufrufen für schädliche Trends

Obwohl sich ByteDance, die Firma hinter TikTok, eigener Aussage zufolge bemüht diese Art von Inhalten zu entfernen, sind Videos in denen selbstverletzendes Verhalten und Essstörungen verherrlicht werden keine zwei Suchen entfernt. Soziale Medien geben Leuten, die unter SVV oder Essstörungen leiden einen Raum zum anonymen Austausch. Das Problem mit TikTok ist kein Trend, es besteht seit vielen Jahren.

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Ob TikTok in den USA verboten wird oder nicht, dieser Fall ist ein Weckruf, ein Weckruf an uns alle. Content auf Social Media sollte immer verantwortungsbewusst konsumiert werden, besonders von Personen mit erhöhter Suggestibilität. In diese spezielle Gruppe gehören auch Kinder und Jugendliche, da sie aufgrund ihres Alters besonders empfindlich für äußere Einflüsse sind.

Wer unter einer Essstörung leidet, sollte sich an vertraute Menschen wenden. Oft hilft bereits ein einzelnes Gespräch. Wer für weitere Hilfsangebote offen ist, kann sich rund um die Uhr kostenlos unter der Rufnummer 142 an die Telefonseelsorge wenden. Sie bietet schnelle erste Hilfe an und vermittelt ÄrztInnen, Beratungsstellen oder Kliniken.

Weitere Hilfsangebote findest du auch hier:

- Notfallpsychologischer Dienst Österreich

- Hotline sowhat

- Psychologische Studienberatung

- Intakt

Wer Selbstmordgedanken hat oder an Depressionen leidet, sollte sich an vertraute Menschen wenden. Oft hilft bereits ein einzelnes Gespräch. Wer für weitere Hilfsangebote offen ist, kann sich rund um die Uhr kostenlos unter der Rufnummer 142 an die Telefonseelsorge wenden. Sie bietet schnelle erste Hilfe an und vermittelt ÄrztInnen, Beratungsstellen oder Kliniken. www.suizid-praevention.gv.at