APA - Austria Presse Agentur

Tourismuslandesrätin: "Jede Schließungswoche tut weh"

Zwei schwierige Jahre liegen hinter den steirischen Wirtschafts- und Tourismusbetrieben und einmal mehr hängt ein Corona-Damoklesschwert namens Omikron-Variante über der Wintersaison. Trotz allem rechnet die steirische Wirtschafts-, Tourismus- und Wissenschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl 2022 mit einem Wachstum, sagte sie im APA-Gespräch zu Weihnachten. Besonders die monatelang geschlossenen Gastro-Betriebe in der Grünen Mark hätten die Zeit für Investitionen genutzt.

"Die Vorzeichen stehen gut, auch für den Frühjahrs- und Sommertourismus. Die Gäste wollen Qualität und das bieten unsere Betriebe", sagte die Landesrätin. Jahrelang war man angesichts immer neuer Rekorde bei Gästeankünften und Nächtigungen verwöhnt, aber "uns ist nicht das quantitative Wachstum wichtig", versicherte Eibinger-Miedl. "Das Jagen von Nächtigungsrekorden ist nicht das Ziel." Man wolle auch keinen "Overtourism" mit lauter Reisebussen: "So etwas kennen wir auch nicht, weil unsere Betriebsstruktur auch anders aufgestellt ist. Wir haben keine Mega-Bettenburgen."

Die Unterschiede will man auch beim Zugang zum Wintertourismus herausstreichen: "Wir sind anders als der Westen mit Ischgl und Co. aufgestellt. Zu uns kommen mehr Inlands- und Stammgäste, wir setzen auf Familienurlaub." Deshalb blicke man auch nicht mit so großer Sorge auf eingeschränkte Après-Ski-Möglichkeiten. Die drei Wochen Lockdown, die Mitte Dezember zu Ende gegangen waren, sieht die Landesrätin aber mit gemischten Gefühlen: "Jede Schließungswoche tut weh, aber es war glücklicherweise nicht am Höhepunkt der Saison." Zudem sei der Lockdown kurz geblieben. Das alles machte ihn "eher erträglicher" als zu einem späteren Zeitpunkt. Ein langer Lockdown wie im Vorjahr von November bis Mai dürfe jedenfalls nicht mehr passieren.

Kaum war die Öffnung Mitte Dezember fix gewesen, seien die Reservierungen für Weihnachten und Neujahr in der Hotellerie in der Grünen Mark eingetrudelt: "Die Buchungslage ist in Ordnung. Die Menschen haben Lust auf Winterurlaub, weil im Vorjahr fiel das ja aus." Die Betriebe hätten bei den Lockdowns jedenfalls viel aushalten müssen: "Schwierig wurde aber auch die Frage nach den Mitarbeitern. Finanzielle Einbußen kann man abgelten. Aber wir verlieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Branche, obwohl es nicht wenige Unternehmer gab, die volles Gehalt weiterbezahlt haben."

Die Menschen wollen aber laut der Landesrätin nicht einfach zu Hause bleiben, sie wollen Beschäftigung. Daher hätten sich viele schon in anderen Branchen umgesehen. Das zeige sich übrigens auch bei den Tourismusschulen wie etwa in Bad Gleichenberg. Dort seien die Schülerzahlen seit Corona zurückgegangen, sagte Eibinger-Miedl. "Die Pandemie spielt da auch hinein."

Die Corona-Pandemie und ihre Folgen hätten aber nicht nur negative Auswirkungen: Es brachte einen Digitalisierungsschub - "im Online-Handel, bei Tele-Work und anderswo - vieles davon wird bleiben", ist die Landesrätin überzeugt. 2021 habe auch ein "wirtschaftliches Comeback" wie selten zuvor beschert. "Wir haben einen starken Rückgang bei den Arbeitslosen, aber das verschärft nicht nur den Fachkräftemangel. Es bringt sogar einen Arbeitskräftemangel." Dass der Aufschwung durch Omikron noch mal gedämpft wird, sei schwierig zu prognostizieren: "Durch unseren starken industriellen Sektor hat sich die Wirtschaft gut erholt. Ich glaube, da wird es kommendes Jahr keine Einschränkungen geben." Im Bereich Gastronomie und Events sei es dagegen weiterhin schwierig. Eibinger-Miedl rechnet 2022 jedenfalls weiterhin mit einem Wirtschaftswachstum.

Mit der Pandemie kamen auch andere Änderungen. Im Tourismus werden die Buchungen immer kurzfristiger: "Die Leute warten ab, aber das Positive daran: Sie bleiben dann auch länger." Die Landesrätin sagte, dass viele ihren Haupturlaub im Sommer nicht im Süden, sondern in der Steiermark verbracht hätten. Bereits 55 Prozent der Nächtigungen in der Grünen Mark werden im Sommer gezählt. Die Steiermark sei zur Ganzjahresdestination geworden. Potenzial sieht Eibinger-Miedl aber noch im Frühjahr und Herbst - "da wollen wir noch mehr bespielen". Der Winterurlaub bleibe aber weiterhin wichtig für den steirischen Tourismus, nur muss man da angesichts des Klimawandels auch neue Angebote abseits des klassischen alpinen Skilaufs anbieten, etwa Langlauf und Schneeschuhwandern. Schwerpunkt bleibe eine "Kombination aus aktivem Urlaub mit Wellness und Kulinarik". Der Nachfrage nach Qualitätsbetten, mehr Camping-Möglichkeiten, Hütten-Feeling und damit mehr Individualität wolle man nachkommen.

Stichwort Klimawandel: Die steigenden Temperaturen könnten einer Attraktion mittelfristig den Garaus machen, nämlich dem Eispalast am Dachsteingletscher. Man habe zwar schon vor Jahren eine Beschränkung bei den Besucherzahlen am Gletscher eingeführt, das ändere aber nichts daran, dass die Gletscher weiter schmelzen. "Der Gletscherrückgang ist dem Klimawandel geschuldet", so Eibinger-Miedl. Für die Zukunft heiße das: "Wir dürfen nur Dinge machen, die auch wirklich verträglich sind. Es hat keinen Sinn mit aller Gewalt eine Attraktion zu erhalten, die die Natur nicht mehr hergibt."

Nicht nur Tourismus-Betriebe ziehen ihre Lehren aus der Pandemie: Digitalisierung und der "Green Deal" der EU seien die Herausforderungen für ein Industrieland, wie es die Steiermark ist. Mit dem "Green Tech Cluster" sehe sie das Bundesland gut aufgestellt, um Chancen zu nützen. Besonders im Bereich Mikroelektronik, den man bisher nach Asien ausgelagert habe. Das räche sich nun in Form von Lieferengpässen, daher würden einige Unternehmen nun wieder vermehrt auf die Produktion in Europa setzen. Das sei auch dringend nötig, ist die Landesrätin überzeugt und sieht da auch für die Steiermark einen Zukunftssektor.

Start-ups sollen ebenfalls in Zukunft mehr mitmischen können: "Für sie haben wir in der Steiermark ein gutes Umfeld geschaffen. Wir fördern auch Spin-offs von Universitäten." Ziel sei es, die Steiermark zum Start-up-Markt zu machen. Einen Beitrag dazu leisten auch die COMET-Kompetenzzentren. Sie können nun neu ab 2022 aus dem regulären Budget des Wissenschaftsressort des Landes Steiermark mitfinanziert werden. Die angekündigten zusätzlichen 15 Mio. Euro für das Ressort sollen daher auch großteils in diese Zentren fließen, sagte Eibinger-Miedl. "Das bringt für sie mehr Planungssicherheit."

(Das Gespräch führte Ingrid Kornberger/APA)